TOURISMUS

Wieder öffentlich leben

Die Gäste sind wieder da. Tourist:innen aus ganz Deutschland, auch international, übernachten wieder in Prenzlauer Berg. Für diese und auch für uns Einwohner:innen gibt es in diesem Sommer einen ganz unbekannten Reichtum des Bezirks zu entdecken, erstellt vom Tourist Information Center. 

 

Udo Lindenberg hat ein Bild gemalt für Pankow. Nahezu 40 Jahre nach seinem Song „Sonderzug nach Pankow“, der den Bezirk bekannt machte, gibt es nun auch ein Bild, auf dem der vor kurzem 75 Jahre alt gewordene Sänger dem heutigen Pankow „No Panic“ wünscht. Ein Selbstporträt, gewohnt betont lässig und selbstironisch. „No Panic“ - ein schöner Wunsch im wieder auflebenden Nordosten Berlins. Wieder auflebend, weil das öffentliche Leben auch wieder stattfinden kann. Wieder auflebend, weil auch die Gäste kommen. Die Tourist:innen. Zunächst, mit Sommerbeginn, Menschen aus ganz Deutschland. Der Trend, aus neuem Sicherheitsbedürfnis heraus Urlaub im eigenen Land zu machen, setzt sich auch in diesem Jahr fort. Doch zunehmend kommen auch wieder internationale Tourist:innen, sagt Sandra Vogt, die Leiterin des Tourist Information Centers (TIC).

 

WE ARE STILL OPEN 

Das öffentliche Leben ist wieder losgegangen. Alles also wieder auf Anfang und bald wieder Gemecker über die Rollkoffer-Tourist:innen, die in den Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen wohnen? Eher nicht, sagt Sandra Vogt. Eher wird in diesem Sommer die Freude vorherrschen, dass wir uns wieder begegnen können, genießen und erleben können. Dass der öffentliche Raum für uns alle wieder öffentlich ist.

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Lässiger Gruß nach Pankow von Udo Lindenberg zum neuen Audiowalk. Bild/U.L. Repro: TIC

In der Hotel- und Gastrobranche, die viele Monate geschlossen oder im Notbetrieb war, ist die Freude ohnehin groß. „Rezeption von 6 bis 22 Uhr geöffnet, spätere Anreise möglich.“, titelt etwa der traditionsreiche Kastanienhof. „We are still open for you“ heißt es bei Myers Hotel. Hinter den Unternehmen liegt eine Ausnahmezeit, die viele mit Hilfe flexibler Lösungen überstanden haben: Sie boten ihre Räume für HomeOffice oder als Zimmer auf Zeit, manche öffneten im Winter für Obdachlose. „Über Wasser gehalten“, so Vogt, hat die Unternehmen auch das Kurzarbeitergeld. Eine Pleitewelle sei dank dieser Flexibilität und der Kurzarbeiter-Lösung bisher glücklicherweise ausgeblieben, so Vogt. 

Wie es weiter geht, werden die nächsten Monate zeigen. Wer tatsächlich überleben kann. Dann wird sich auch ein ganz anderes Problem stärker zeigen: Das Personalproblem. Viele Angestellte oder Saisonkräfte haben sich während der Schließungen andere Jobs gesucht. So fehlen den Restaurants und Hotels Fachleute für den Zimmerservice, Barkeeper:innen, Köch:innen. Wie diese Schwierigkeit überbrücken? Die Berliner Wirtschaftsförderung hat jüngst eine Umfrage zur Situation der Branche gestartet – und wertet die Ergebnisse derzeit aus.

 

MIT SPRINGSTEEN IM CAFE ECKSTEIN

Und Udo Lindenberg? Hat ein Bild gemalt, weil er mit seinem „Sonderzug nach Pankow“ und anlässlich seines Geburtstages der Ideengeber für eine neue Route durch Pankow ist. Es ist ein Audiowalk zur Musikgeschichte des Bezirks, via App erlauf- oder erfahrbar. Entlang von 15 Stationen führt dieser Audioguide und macht die Szene in Geschichte und Gegenwart erlebbar. Dabei erzählen die musikalischen Protagonist:innen über Orte, die für sie und ihre Karriere bedeutend sind. Mit dabei sind zum Beispiel Rammstein und Deichkind, Boss Hoss und die 17 Hippies, auch weniger bekannte lokale Musiker:innen. Der Audiowalk führt auf diese Weise an Konzert- und Veranstaltungsorte wie das Velodrom, die Max-Schmeling-Halle und die Kulturbrauerei, deren Verbleib wegen Mietschwierigkeiten derzeit gefährdet ist. Die Route führt auch an musikalisch ungewöhnliche Orte. Einer davon ist das heutige Cafe Butter, das frühere Cafe Eckstein in der Pappelallee. Bruce Springsteen drehte hier einst mit BAP ein Video, dazu wurde Publikum egeladen. BAP-Frontman Wolfgang Niedecken erzählt im Audioguide, wie aus dem einen geplanten Song für das Video schnell ein ganzes Konzert wurde – weil die Musiker dem Publikum nicht immer nur denselben Song vorspielen wollten.

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Die gebürtige Pankowerin Sandra Vogt hat im August 2020 die Leitung des Tourist Information Centers (TIC) für Pankow übernommen. Foto: TIC

NEUE KUNSTROUTE

Sandra Vogt und der Tourismusverein Pankow wollen mit diesem neuen Audioguide gleich zweierlei: Den musikalischen Reichtum Pankows zeigen. Zugleich auf die Musik- und Veranstaltungsbranche verweisen, die unter den Corona-Beschränkungen stark gelitten hat – und teilweise immer noch nicht wieder arbeiten kann. 

Wie reich ist der Bezirk noch an Kunst und Kultur? Eine zweite thematische Route soll noch in diesem Sommer veröffentlich werden: Eine Kunstroute zu Skulpturen und Gemälden im öffentlichen Raum. Auf zweisprachigen Flyern lässt sich eine QR-Code scannen – dieser führt direkt zu den Audiobeiträgen. Auch hier berichten Künstler:innen von ihren Werken und ihren Erlebnissen in Prenzlauer Berg und ganz Pankow. Beide Audio-Touren sind für wissbegierige Pankower:innen ebenso wie für Tourist:innen, die die Branche und der Bezirk nun wieder willkommen heißen können. Und Udo Lindenberg, der ewige Hotelbewohner? Hat für den musikalischen Audioguide auch das Entree gesprochen. 

-al-, Juli 2021