Brauereien in Prenzlauer Berg (1/12)

Die Brauerei Königstadt AG

Die „Brauerei Königstadt AG“ wurde 1849 als „Wagner‘s Bairisch-Bier-Brauerei“ ab 1849 auf einem der ehemaligen „Windmühlenberge“ am Rande Berlins gegründet und durch „d‘Heureus & Busse“ 1861 übernommen. Schon 1871, nach dem Deutsch-Französischen-Krieg, wurde diese Brauerei in eine Aktiengesellschaft überführt. Sie produzierte zwischen 1851 und 1921 Bier. Der Andrang auf diese Aktien war so groß, dass deren Ausgabe auf nur drei Tage beschränkt war.
Erstaunlicherweise war Berlin bis 1740 vor allem ein Weinanbaugebiet. Im Berliner Urstromtal mit Spree und Havel herrschten mildere Temperaturen als anderswo in der norddeutschen Tiefebene, und die Hügel gerade des heutigen Prenzlauer Berg, mit ihren Hängen in Richtung Südwest, wurden von der Sonne relativ intensiv beschienen. Noch heute erinnern Namen wie „Weinbergsweg“, „Weinmeisterstraße“, „Weinstraße“ an diese Weintradition. Im genannten Jahr kam es zu einem sehr, sehr harten Winter, und die wenigen Weinstöcke, die diesen überlebt hatten, fielen schließlich in den zwei darauf folgenden Jahren hintereinander einer parasitären Krankheit zum Opfer. Nur so kam es zum anschließenden Bierboom in Berlin.

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin

Die Brauerei Königstadt AG prosperierte ab 1871 und wurde zu einer der größten Brauereien Berlins. Ihr Name leitete sich von den Bezeichnungen „Königsstadt“ bzw. „Königstor“ für weite Teile des heutigen Prenzlauer Berg ab, nachdem der erste preußische König Friedrich I. nach seiner Krönung in Königsberg 1701 durch diese Vorstadt und das „Königstor“, gelegen an der Ecke Greifswalder Straße / Prenzlauer Berg, in seine Berliner Residenz eingezogen war.
Im Jahre 1903 wurden ein Restaurationslokal, ein Saalbau, eine Ladenpassage, weitere Restaurants, Kegelbahnen und ein Musikpavillon errichtet und die Brauerei C. Habel (in einem der nächsten Teile werden wir auch über diese berichten) wurde 1906 von der Brauerei Königstadt AG eingegliedert.
Nach der Übernahme durch die „Kindl-Brauerei“ 1921 wurde in der Saarbrücker Straße der Brauereibetrieb stillgelegt. „Warum?“, werde ich immer bei meinen Sonntagsstadtführungen, die genau an dieser Ecke Saarbrücker Straße / Schönhauser Allee enden, gefragt. Na, so entledigte sich Kindl, nicht nur in diesem Falle, auf simple Art und Weise seiner Konkurrenz.
Das Grundstück und einige der Gebäude verblieben jedoch, und das unterstreicht die „Theorie von der Entledigung der Konkurrenz“, vorerst im Besitz der Königstadtbrauerei. 1927 wurden allerdings gut fünfzig Prozent des Grundbesitzes verkauft.
Der große Saal wurde ab 1925 zum „UFA-Lichtspieltheater Königstadt“ umgebaut und angeblich mit Fritz Langs „Metropolis“ eröffnet. Wobei sich hier meine historischen Quellen widersprechen, denn „Metropolis“ erschien erst 1927, sodass mir die Eröffnung mit Fritz Langs „Die Nibelungen 1 + 2“ von 1924 wahrscheinlicher erscheint.
Auf das ehemalige Brauergelände zog in der Folge „Kleingewerbe“ ein. Kleingewerbe, das hieß: kleine Handwerksbetriebe wie Hufschmiede, Autowerkstätten, Klempner, Glaser, Schreinereien, Schreibstuben usw.
In den 1950er-Jahren wurde ein neues Verwaltungsgebäude errichtet. Der Abriss des kriegsgeschädigten Saalgebäudes erfolgte in den 60er-Jahren.
Das Gelände unterliegt noch heute einer sogenannten „Mischnutzung“. Nur weniges fiel der Abrissbirne zum Opfer, weil ein Großteil der Gebäude unter Denkmalschutz steht. Die Mälzerei, die Schankhalle, die Darre, ein Lagerhaus, das Kesselhaus, der Flaschenkeller und das Eismaschinenhaus existieren noch.
Viele Medienfirmen sind heute auf dem Gelände. In der „Kulturkantine“ soll das Essen, meinte mal ein Tourteilnehmer zu mir, hervorragend sein. Der „Roadrunners Paradise Club“ ist Stadt bekannt. Auch ein Jugendhaus, ein Club, existiert noch.
Insgesamt gibt es Arbeitsräume für ca. vierhundert Menschen auf dem einstigen Brauereigelände.
Das Areal ist bereits seit den 50ern zwei geteilt, lediglich große Stahltore, die eigentlich immer verschlossen sind, ermöglichen theoretisch den direkten Weg. Dem entsprechend hat man auch zwei separate Eingänge von der Saarbrücker Straße aus. Von der Straßburger Straße aus existiert eine Einfahrt zu einer in einstigen Lagerkellern eingerichteten Tiefgarage, die aber leider nur für dort ansässige Gewerbetreibende zugelassen ist. Die seit vielen Jahren andauernde Sanierung der Königstadtbrauerei ist noch immer nicht abgeschlossen. An den Gebäuden an der Ecke Saarbrücker / Straßburger Straße kleben noch immer Baugerüste und -planen.
Rolf Gänsrich (Aug 2014)