Mehr als ein Vierteljahrhundert Abenteuer

Der Abenteuerliche Bauspielplatz Kolle 37 ist ein sympathisches Unikum. Hier können Kinder selbstbestimmt toben, gärtnern, handwerkern. Sie backen Brot, sie zimmern Hütten. Sie stürzen sich ins Abenteuer von Wildnis, Historie und eigener Freiheit. Jetzt feierte der Platz mitten im Kollwitz-Kiez Geburtstag.

 

Ein Schmied empfängt vor dem Tor. Rußgeschwärztes Gesicht, kräftige Oberarme, Turnschuhe. Neben ihm glüht Kohle, ein Junge schiebt die rauchenden Stücke hin und her. Der Schmied plaudert mit einer jungen Frau. Schmiedepause. Nur die Glut arbeitet, schickt das Aroma des Rauches auf die Kollwitzstraße. 

Drinnen, hinter dem Tor, riecht es nach Zuckerwatte und frischen Kräutern, nach Kaffee und Holz. Kinder und Eltern, Großeltern und Touristen spielen und entspannen. Sie feiern Geburtstag, eine Party der Generationen für einen 26jährigen. Seit 26 Jahren ist dieser Platz ein Ort von Wildnis und Freiheit. Ein Vierteljahrhundert lang hat der Abenteuerliche Bauspielplatz Kolle 37 Generationen von Kindern Raum für Erleben und Entdecken geboten. Beim Hüttenbauen, das jedes Jahr aufs Neue startet und im Lauf des Sommers ein ganzes Hüttendorf entstehen lässt. Beim Pflanzen von Gemüse und Kräutern in eigenen Beeten, die gemeinsam geerntet und zubereitet werden. Beim Imkern, beim Töpfern, beim Korbflechten und beim Schmieden. Bei all den vielen täglichen Angeboten, die die erwachsenen Betreuerinnen und Betreuer des Platzes gemeinsam mit ihren jungen Besuchern bestimmen und gestalten. Als offener Ort kann dieser Platz von allen Kindern genutzt werden.

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin
Auf ins Abenteuer: Der schmiederne Drache wacht über den Kolle 37.

Der Kolle 37 ist ein sympathisches ökologisches Imperium für 6- bis 16jährige, die hier an den Nachmittagen im unterschiedlichsten Tun und Spielen einfach sie selbst sein können. 

Das Konzept für den Bauspielplatz stammt bereits aus der Zeit vor 1989, als zwei der Gründer des Platzes mit der Gruppe „Spielwagen Berlin“ mit Spielaktionen und Bauspielfesten im Stadtgebiet aktiv waren. Solche Spielwagen gab es in mehreren Städten der DDR. Die Berliner Gruppe hatte ihren Ursprung im Jahr 1979. Die Mitglieder stammten aus verschiedenen Berufen. Sie waren aufmerksame, engagierte und spielbegeisterte Mitbürger, die die eingeschränkten Spiel- und Gestaltungsmöglichkeiten von Kindern in der Großstadt erkannt hatten und in ihrer Freizeit etwas dagegen setzen wollten. 

Die Aktionen fanden auf Straßen, Plätzen, Schulhöfen Berlins und zum Ende der 80er Jahre oft am Kollwitzplatz statt. Sie waren Höhepunkte für Kinder und erwachsene Mitspieler, aber sie waren auf wenige Stunden begrenzt. Das Spiel-Zeug musste danach immer wieder eingepackt werden, Bauwerke wie zum Beispiel die Sommerspielplätze aus Holz und Lehm gingen bald kaputt, weil sich niemand mehr darum kümmerte. Schon Mitte der 80er Jahre wurde deshalb die Idee zum betreuten Bauspielplatz geboren. Der Vorschlag stieß jedoch erst nach dem Ende der DDR auf Interesse von Behörden und Geldgebern. 

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Platzgeburtstag! Der Kolle 37 feierte im Mai sein 26. Jubiläum. Fotos (2): al

Als Anfang 1990 diese engagierten Spielleute das Netzwerk Spiel/Kultur Prenzlauer Berg gründeten, war eines der zentralen und ersten Projekte der Abenteuerliche Bauspielplatz Kolle 37. Von Beginn an setzte der erste derartige Platz im Ostteil Berlins auf die Selbstbestimmtheit der Kinder und das partnerschaftliche Miteinander von Kindern und Erwachsenen. Im Laufe der Jahre wuchs dieses Selbstverständnis mit den Angeboten des Platzes. Stück für Stück kamen neben den Varianten des Handwerkens neue Facetten von Abenteuer hinzu. Die Beete zum Pflanzen, die Nistkästen, in denen Vögel wohnen; eine Fahrradwerkstatt und ein Fahrradverleih; das gemeinsame Kochen und schließlich das Platzhaus. Der behagliche farbige Bau bietet nicht nur größeren Kindern ein Dach für ihre vielfältigen Aktionen, er ist auch Veranstaltungsraum für erwachsene Bewohner des Kiezes. Sie können hier Versammlungen abhalten oder Geburtstage feiern. Im Probenraum können Bands proben, beim Kickern entspannen sich größere und kleinere Kinder.

Beliebt ist ebenso das Angebot des Platzes für Schulklassen oder -Gruppen, sich auf abenteuerliche Reise in die Vergangenheit zu begeben. An Steinzeit-Tagen lernen sie den Alltag unserer Vor-Vorfahren kennen – ihre Arbeit, ihre Freizeit, ihre Nahrung.

Beliebt ist auch das Hüttendorf, das - wie die urwüchsige Natur des Kolle 37 - jedes Jahr neu entsteht und wieder vergeht. Jedes Kind kann mitmachen und sich gemeinsam mit anderen ganz individuelle Räume aus Holz zimmern. Am Ende der Saison werden die Hütten wieder in ihre Einzelteile zerlegt. Das schafft Platz für das nächste Hüttendorf im nächsten Jahr.

Eltern sind, außer zu Veranstaltungen am Abend, auf dem Kolle 37 eher selten zu sehen. Der Ort ist ein Platz der Kinder, die in den Pädagogen von Netzwerk/Spielkultur ihre Partner haben. Für Eltern gibt es eine extra Elternecke, die offenen Familien-Samstage und eben die Feste wie den jährlichen Platzgeburtstag. Auch auf dem Nachbarplatz, dem Wasserspielplatz für kleinere Kinder, sind Eltern erlaubt. Hier betreibt eine Schülerfirma zudem ein Cafe für alle kleinen und großen Gäste. Und auch hier tummelten sich zum 26. Platzgeburtstag Ende Mai Neugierige und Stammgäste.

-al- Juni 2016

Abenteuerlicher Bauspielplatz Kolle 37, Kollwitzstraße 35

Öffnungszeiten: Mai bis Oktober Montag bis Freitag 12 bis 19 Uhr; Samstag; 13 bis 18 Uhr. Oktober bis Mai: Montag bis Freitag 11.30 bis 18 Uhr; Samstag 13-18 Uhr.

Infos: www.kolle37.de