VERLAGE IN PRENZLAUER BERG (3)
Die Büchermacher – sie sitzen mittendrin in Prenzlauer Berg. Zahlreiche Verlage haben ihren Standort im Bezirk. Politische Entdeckungen, wissenschaftliche Erkenntnisse und kulturelle
Kuriositäten erobern von hier aus die Lese-Welt. Ein innovatives und geistvolles Kapital, das eher im Stillen wirkt. Die „Prenzlberger Ansichten“ stellen die Prenzlberger Büchermacher und
ihre Bücher vor. Heute: „Schwarzkopf & Schwarzkopf“ und „Periplaneta“.
Die beiden Literatur-Unternehmen trennt nahezu eine Verleger-Generation. Ein Wendekind ist das eine, ein Sprössling des 21. Jahrhunderts das andere. Bis Anfang der 90er Jahre zurück reichen die
Wurzeln von „Schwarzkopf & Schwarzkopf“, die damals noch nicht so hießen und erste Bände in Leipzig verlegten. Mit dem Umzug nach Berlin, der Namensgebung und der Herausgabe des ersten
farbigen Graffiti-Bandes in Deutschland beginnt 1994 die Erfolgsgeschichte unter dem Label „Schwarzkopf & Schwarzkopf“. „Zum ersten Mal rannten uns die Buchhändler die Bude ein, weil die
Bücher sich schneller verkauften, als wir sie drucken konnten“, erinnert sich Verleger Oliver Schwarzkopf an jene Zeit, als „Spray City“ erschien.
Die Geschichte seines Verlages ist damit eine dieser deutschen Nachwende-Geschichten: Ambitionierter Intellektueller beginnt in den Freiräumen nach dem Mauerfall mit der Herausgabe von
Büchern, setzt sich durch, etabliert sich, findet seinen Markt und seine Leserschaft. Heute erscheinen bei „Schwarzkopf & Schwarzkopf“ mit Sitz auf der Kastanienallee etwa 100 Bücher
jährlich. Der Verlag beschäftigt 25 Mitarbeiter. Konzernunabhängig ist er geblieben, darauf ist er besonders stolz.
Bei „Schwarzkopf & Schwarzkopf“ erscheinen Sachbücher zu populären Themen in Medien und Politik, Beruf, Alltag und Jugend, auch Biographien und Bildbände. Das Unternehmen hat eine Reihe mit
Literatur für Frauen und eine Reihe mit erotischer Literatur. Einige der „Schwarzkopf“-Bücher schafften es auf die „Spiegel“-Bestseller-Liste, etwa das wunderbare Fotobuch „Die Ärzte“ über
die gleichnamige deutsche Band oder, ganz aktuell, der Titel „Schantal, tu ma die Omma winken“ von Kai Twilfer, eine humorvolle Beschreibung des Alltags einer „Unterschichten-Familie“.
Berlin und Prenzlauer Berg spielen im Verlagsprogramm eine kleinere Rolle. Bereits 2011 erschien etwa der Band „111 Gründe, Berlin zu lieben“. Die beiden Autoren Verena Maria Dittrich und Thomas
Stechert zeigen darin die die unzähligen Facetten Berlins aus einem sehr persönlichen Blickwinkel. In 111 kleinen Geschichten durchstreifen sie die einzelnen Bezirke abseits von
Touristenwegen.
Ein Berlin-Buch ganz anderer Art ist der aktuelle Titel „Auf die Plätze, fertig, Sex!“. Nina Engel erzählt darin authentisch und augenzwinkernd „von einem Pärchen, das auszog, um mehr Spaß im
Bett zu haben“ und schildert 33 Sexperimente zum Nachspielen für alle Paare.
Seit 1996 sitzt „Schwarzkopf & Schwarzkopf“ auf der Kastanienallee und fühlt sich mittendrin in Prenzlauer Berg pudelwohl, wie Pressefrau Ulrike Bauer berichtet: „Der Standort ist urban und
zentral. Viele Trends kann man direkt vor der Haustür entdecken.“ Kurz sind die Wege für die Mitarbeiter, kurz die Wege der Autoren in den Verlag. Denn viele derer, die für „Schwarzkopf &
Schwarzkopf“ schreiben, wohnen direkt um die Ecke.
Ein Stück weiter draußen, auf der Bornholmer Straße, hat sich 2007 der „Periplaneta“-Verlag angesiedelt. Auch für die beiden Gründer Marion Alexa Müller und Thomas Manegold war und ist der
Standort entscheidend: „Der Prenzlauer Berg war, als Periplaneta gegründet wurde, noch das kreative Zentrum dieser Stadt. Wir haben damals wohl einen der wenigen Plätze gefunden, wo so etwas
heute noch erwünscht ist. Einfach mal Glück gehabt.“, so Thomas Manegold. Der Verlag ist ein Kind des Berlins im neuen Jahrtausend: Crossmedial, alternativ und selbstbewusst, mit Lesebühne und
Poetry Slam und dem starken Willen, sich dem Mainstream entgegenzustellen. Dazu braucht es neben dem Selbstbewusstsein auch viel Idealismus. „Periplaneta“ und seine Mediengruppe unterhalten ein
Literaturcafe zum Selberlesen und Zuhören, veranstalten stadtweit Lesebühnen und Konzerte und betreiben ein Studio. Das „Silbenstreif“ hat sich auf die Produktion von Hörbüchern
spezialisiert.
Im Verlagsprogramm erscheinen verschiedene Editionen mit Romanen und Erzählungen, mit Fantasy und Märchen, mit Lesebühnentexten und jungen Formaten. Ganz neu ist eine Sachbuchreihe. Bekannte
Berliner Lesebühnenautoren und -autorinnen schreiben für „Periplaneta“, für den Berlin auch inhaltlich ein Thema ist. Etwa in Lea Streisands zweitem Band „Berlin ist eine Dorfkneipe“. Das Buch
mit Audio-CD vereint Geschichten aus dem sogenannten Großstadtalltag: Ironisch und philosophisch, klug und hintersinnig. Ganz anders thematisiert Robert Rescue die Hauptstadt. In seinem aktuellen
Buch „Der Intimitätendieb“ schickt er Hexen und andere magisch-ironische Wesen durch die Weddinger Nächte.
✒ -al- (Jan 2014)
Zum Weiterstöbern: www.schwarzkopf-verlag.net, www.periplaneta.com