LYCHENER STRASSE

Sackgasse der Weltverbessernden

Das nördliche Ende der Lychener Straße, oberhalb der Stargarder, stößt auf die S-Bahngleise der Ringbahn. Hier tummeln sich neben Wohnhäusern auch Vereine, die die Welt ein kleines bisschen besser machen wollen. In Berlin ist ihnen das gelungen.

Sackgassen haben den großen Vorteil, dass, wer sie durchschlendert, irgendwann wieder umkehren muss. So prägt sich gut ein, was sich auf der linken und was sich auf der rechten Straßenseite befindet – links hin, rechts retour. Der letzte Schnipsel Lychener Straße ist so eine einprägsame Sackgasse, der Schnipsel oberhalb der Stargarder Straße. Nicht viel mehr als 150 Meter erstreckt sich hier die Straße, die auf der Danziger beginnt, hin zu ihrem Ende. Danach kommen nur noch die S-Bahngleise der Ringbahn.

 

AUF DEM DACH KLETTERN

Beginnend auf der linken Seite, prangt schon weithin sichtbar das Schild des „Lychi“, ein wenig von Graffiti überlagert. Das SportJugendZentrum Lychi residiert seit 2014 in einer ehemaligen Schule. Die Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtung bietet Sport, Bewegung und Fitness für die Freizeit, für Kinder und Jugendliche. Träger ist die GSJ-Gesellschaft für Sport und Jugendsozialarbeit, eine Initiative der Sportjugend Berlin. Zu den Angeboten zählen Tischtennis, Volleyball, Kampfkünste. Auch Sozialkompetenztraining oder Bandproben sind im Lychi möglich. Räume bietet das Gebäude nicht nur in seinen Fluren, auch der Hof mit Freiflächen und Turnhalle laden ein zu Sport und Turnieren. Besonders stolz ist das Lychi auf seinen Dachseilgarten. Im Dachgeschoss befindet sich eine ganze Indoor-Landschaft, die zu Abenteuer und Erlebnis einlädt. Hier kann individuell geklettert werden, in Gruppenkursen oder bei sozialen Trainings.

SJZ Lychi Berlin Prenzlauer Berg

DIE LEBENSWERTE STADT

Wieder runter geklettert, zurück auf der Lychener Straße, geht der Bummel bis zum Ende, bis zum Gitter zu den S-Bahngleisen. Links und rechts sind die Häuser in leuchtendem Orange – mit gemalten Dschungelpflanzen an den Erdgeschossen. Freundliche Hausverwaltung, die ihren BewohnerInnen in der Sackgasse ein wenig Exotik gönnt.

Ein paar Häuser zurück, rechts, sitzen zwei Weltverbessernde direkt nebeneinander, beide mit einer wundersamen Erfolgsgeschichte. Zunächst Changing Cities, hervorgegangen einst aus dem Netzwerk Lebenswerte Stadt, das vor einigen Jahren erfolgreich den Volksentscheid Fahrrad in Berlin organisierte. Deutschlands erstes Radgesetz trägt die Handschrift von Changing Cities, es wird Berlin in den nächsten Jahren stark verändern. 600 Millionen Euro bis 2030 sollen in den Ausbau der Radinfrastruktur und zur Förderung des Radverkehrs investiert werden. „Changing Cities ist die Plattform für alle, die an eine bessere Stadt glauben und dafür kämpfen möchten.“, so lautet das Selbstverständnis der Engagierten auch nach diesem Erfolg.

Ein weiteres Netzwerk wirkt seit vielen Jahrzehnten für eine kindgerechte, demokratische Stadt und Gesellschaft: Das Netzwerk Spiel/Kultur. Im Erdgeschoss der Lychener Straße 74 sitzt der Verein, der von hier aus in weite Teile Pankows, Berlins und nach ganz Deutschland strahlt. Er betreibt Offene Einrichtungen für Kinder und Jugendliche, Kindergärten, Horte und eine Schule, wie den Abenteuerspielplatz am Kolle oder die Jugendfarm Moritzhof. 

Das Konzept für ein Netzwerk von Spiel- und Lebensorten für Kinder und Jugendliche stammt bereits aus der Zeit vor der deutschen Wiedervereinigung, als mehrere der Gründer des heutigen Vereins als Gruppe Spielwagen Berlin mit Spielaktionen und Bauspielfesten im Stadtgebiet aktiv waren. Die Aktionen fanden seit 1979 auf Straßen, Plätzen, Schulhöfen Berlins und am Kollwitzplatz statt. Sie waren Höhepunkte für Kinder und erwachsene Mitspieler, machten die Stadt zum Spielraum. Der Verein Netzwerk Spiel/Kultur Prenzlauer Berg gründete sich dann 1990 und vernetzt seitdem Kultur-, Freizeit- und Bildungseinrichtungen für Kinder und Jugendliche. Damit die Spiel- und Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen besser werden.

-red-, Jan. 2020