GLEIMSTRASSE 56

Vorkaufsfest zum guten Abschluss

Es ist vollbracht – und die BewohnerInnen feierten es mit einem Vorkaufsfest. Seit dem Vormonat ist endgültig sicher, dass das Haus Gleimstraße 56 kommunales Eigentum wird. Das erste bezirkliche Vorkaufsrecht nahm alle gesetzlichen Hürden. Die MieterInnen können bleiben.

Tanja Kapp vom Mieterverein Gleimstraße 56 erinnert sich an den langen Weg bis zum Haus-Erhalt: „Vor ungefähr einem Jahr befand sich die Hausgemeinschaft Gleim 56 noch mitten im Häuserkampf. Am 9. September 2018 fand unser sechster und letzter Kiezspaziergang unter dem Motto Kann denn Mieten Sünde sein? statt.“ 

Dieser Häuserkampf hatte viele Wochen zuvor begonnen, als bekannt wurde, dass die TSC Berlin Pi GmbH das Gebäude – eines der letzten unsanierten in Prenzlauer Berg – kaufen wollte. Mit unzähligen öffentlichen Aktionen wie den erwähnten Protest-Spaziergängen oder Hausöffnungen machte die Mietergemeinschaft darauf aufmerksam. Ihre nicht unbegründete Befürchtung: Dass sie nach dem Eigentumswechsel durch Sanierung und Mieterhöhung aus ihren Wohnungen vertrieben wird.

Gleimstrasse 56 Berlin Prenzlauer Berg
Lange protestierten die MieterInnen der Gleimstraße 56, nun feierten sie den erfolgreichen kommunalen Kauf ihres Hauses. Foto: Gleim56

Der Gleim-56-Protest schaffte es bis in die Bezirksverordnetenversammlung. Die Bezirkspolitik nahm erstmals in Pankow ihr Vorkaufsrecht in Anspruch. Das steht ihr zu, wenn sich Kaufinteressenten nicht zum Erhalt des angestammten MieterInnen-Milieus verpflichten. Dann folgten viele Monate der Unklarheit, ob und wie die Kaufinteressentin gegen diese Recht Widerspruch oder gar Klage einreichen würde. Vor wenigen Wochen zog nun das Bezirksamt einen Schlussstrich: Pankow kauft, mit Unterstützung des Senats, das Haus in kommunales Eigentum zurück. Rund acht Millionen Euro ist die Gleimstraße 56 wert. Die landeseigene GESOBAU soll künftig Eigentümerin der Gleimstraße 56 sein. 

Für die MieterInnen ein Grund, das gute Ende des Häuserkampfs zu feiern. Mit einem Umtrunk für alle UnterstützerInnen würdigten sie den Sieg. Es sei an der Zeit, „dies gebührend zu feiern und darauf anzustoßen“, so Tanja Kapp.

Das erste praktizierte Vorkaufsrecht des Bezirks setzt damit einen kleinen historischen Meilenstein in der Pankower Debatte, wer künftig zu welchen Preisen in Berlins bevölkerungsreichsten Stadtbezirk wohnen wird. Das Haus Gleimstraße 56 liegt im Milieuschutzgebiet Falkplatz. Seine BewohnerInnen entstammen unterschiedlichen Milieus. KünstlerInnen leben dort, junge Menschen, alte Menschen, Alleinerziehende. Eine der Bewohnerinnen wurde vor Jahrzehnten in diesem Haus geboren und lebt noch in der gleichen Wohnung. Im Erdgeschoss liegen eine deutsch-spanische Kita mit 22 Plätzen und ein Architekturbüro. Die Mieten für die 30 Wohnungen sind entsprechend günstig: Im Durchschnitt zahlen die BewohnerInnen sieben Euro kalt pro Quadratmeter. Viele Wohnungen haben sie selbst modernisiert. 

„Ich freue mich sehr, dass wir den MieterInnen und zwei Gewerbeeinheiten nun besseren Schutz vor Verdrängung bieten können.“, so der zuständige Bezirksstadtrat Vollrad Kuhn. Die GESOBAU habe sich zu weitgehenden Zusagen in dieser Hinsicht verpflichtet. 

Das Land Berlin stellt derweil die Weichen für weitere solcher Schritte zum Milieuschutz. Es legte kürzlich ein Vorkaufsrecht für das sogenannte Untersuchungsgebiet Langhansstraße in Pankow fest. 

-red-, Okt. 2019