HELMHOLTZPLATZ

„Sozialen Frieden stiften“

Steigende Kriminalität, zunehmende Unsicherheit der Bewohner und ein beginnender Dialog zwischen Anwohnern, Nutzern und der Bezirkspolitik. Die Frage nach einer Zukunft von Platz und Kiez wird neu diskutiert. Am Helmholtzplatz wirken die sozialen Veränderungen des vergangenen Jahrzehnts nach, sagt Harald Steinhausen vom Förderverein Helmholtzplatz. Es sei an der Zeit, Nachbarschaft neu zu organisieren.


Herr Steinhausen, wie ist aus Ihrer Sicht die Situation am Helmholtzplatz?
Hier gibt es ein Trauma, das rührt aus den großen Veränderungen der vergangenen zehn Jahre. 70 Prozent der Bevölkerung wurden verdrängt oder sind weggezogen. Es hat sich ein besonderer Widerstand formiert. Ich erinnere mich an Zeiten, da es Tote und Vergewaltigung am Helmholtzplatz gab. Das ist ein sozialer Krieg gewesen. Jetzt ist es an der Zeit, dass man sozialen Frieden schließt, einen Interessenausgleich findet.

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin

Welche Rolle kann der Förderverein dabei spielen?
Der Förderverein möchte die Nachbarschaft organisieren, alle Interessen zusammenbringen. Unser Ziel ist es, eine Vorstellung des öffentlichen Raums zu entwickeln, in dem alle zusammenleben. Insofern begrüßen wir auch die Initiative des Bezirks, mit einem regelmäßigen sogenannten Ratschlag eine Diskussion in Gang zu bringen.
Unsere Rolle ist zunächst die Rolle der Kommunikation. Wir wollen wieder Kontakt bekommen zu den unterschiedlichsten Leuten. Welche Nutzungsinteressen gibt es hier? Wir haben ja im Dezember eine Umfrage gestartet, in der wir erkunden, wer hier jetzt eigentlich wohnt und wie die Leute sich hier fühlen. Es gibt Stimmen von Menschen, die sich wohlfühlen, es gibt Menschen, die der Alkoholkonsum auf dem Platz, der Müll, der Lärm stört.
Wie lange gibt es den Förderverein bereits?
Das Konzept des Fördervereins und seines Platzhauses stammt aus den Jahren 2001 bis 2004, aus der Zeit des sozialen Wandels. Viele Vereinsmitglieder waren damals selbst Vereine, hatten Stellen über den zweiten Arbeitsmarkt, die konnten ihre Arbeitszeit mit den Menschen hier auf dem Platz verbringen. Heute geschieht alles, was hier passiert, auf freiwilliger Basis, von Leuten, die anderweitig berufstätig sind.
Sie sprechen vom sozialen Frieden, der zu stiften ist. Das sind große Worte.
Es gibt Probleme, die muss man ernst nehmen. Wenn jemand sagt, er hat Angst vorm Helmholtzplatz, weil seine Kinder vor den Obdachlosen Angst haben, dann muss man das ernst nehmen. Die Obdachlosen, die hier tagsüber ihre Zeit verbringen, sind eine Reminiszenz an eine frühere Zeit und haben ihre Berechtigung. Ihre Vertreibung würde keines der Probleme lösen.
Die Polizei spricht davon, dass sich andere Szenen hier ansiedeln, die teilweise auch harte Drogen konsumieren und dealen.
Dem ist wohl so. Ich selbst weiß es aus eigenem Augenschein nicht. Ich sehe die verstärkte Polizei-Präsenz, die Funkwagen, die um den Platz kreisen. Ich sehe das Beschneiden der Büsche, damit sich dort niemand verstecken kann.
Wie lässt sich sozialer Frieden stiften?
Das vorgeschlagene Programm des Bezirks ist ein gangbarer Weg. Es ist gut, wenn es wieder aufsuchende Sozialarbeit auf dem Platz gibt. Es ist gut, Menschen in Arbeitsgruppen zu organisieren und an Themen arbeiten zu lassen, dass die Menschen Perspektiven selbst entwickeln. Ich hoffe, der Bezirk sieht diese Chance, die im Engagement und der Eigenverantwortung der Anwohner steckt.
Das Gespräch führte Katharina Fial (März 2015)

Den nächsten Ratschlag Helmholtzplatz gibt’s am Dienstag, 3. März, ab 18 Uhr in der Aula der Grund- und Musikschule Eliashof, Senefelderstraße 6.