Unbekannte Ecken (28)

Kolmarer Straße

Tolle Bilder haben wir hier gemacht, oder? Die Kolmarer verläuft von der Belforter Straße bis zur Knaackstraße wie eine Rinne in einem Tal, mit dem Wasserturm auf der einen und dem Museum Pankow auf der anderen Seite. Ihren Namen bekam sie 1895 nach der Stadt Kolmar (französisch „Colmar“). Kolmar ist die Hauptstadt des französischen Departements Haut-Rhin im oberen Elsass und gehörte zwischen dem deutsch-französischen und dem Ende des Ersten Weltkriegs zum „Deutschen Reich“.

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin
Kolmarer Straße in Prenzlauer Berg

Severin Höhmann ist Bewohner der Straße. Er erzählt mir: „Das Haus Kolmarer Str. 4 / Mühlhauser Str. 1 wurde 2001 bis 2002 von der >Selbstbau e.G.< übernommen und dann saniert.“

Die >Selbstbau e.G.< ist eine Mietergenossenschaft, zu der mittlerweile zahlreiche Gebäude in ganz Berlin, die meisten allerdings in Prenzlauer Berg, gehören.

Auffällig ist das Eckhaus Kolmarer Straße / Knaackstraße, das seit ca. anderthalb Jahren eingerüstet ist. Auf meiner Kollwitzkiezführung komme ich daran regelmäßig vorbei und habe mitbekommen, auf welch „seltsamen Wegen“ die einstigen Mieter das Haus verlassen mussten, dass es danach komplett entkernt wurde und nun alle nicht tragenden Wände erst wieder eingezogen werden. Severin Höhmann dazu: „Dieses Eckhaus … ist ja schon seit ewigen Zeiten eingerüstet und tatsächlich radikal entmietet worden. Die Eigentumswohnungen kosten dort zum Beispiel ca. 750 000 €. Für eine knapp 100 Quadratmeter große Dachgeschosswohnung – stolze Preise. Der Bauherr / Eigentümer ist der gleiche, der es mit dem „Horrorhaus“ in der Schöneberger Grunewaldstraße in die Schlagzeilen gebracht hat und der auch versucht, das Eckhaus Saarbrücker Straße / Kollwitzstraße zu entmieten und in Eigentumswohnungen umzuwandeln.“

Wichtig und deshalb mehr, als nur erwähnenswert, ist die ehemalige „Gemeinde Doppelschule“ von Ludwig Hoffmann, nach dessen Plänen sie 1902 bis 1904 gebaut wurde. „Gemeinde Doppelschule“ hieß: Hier gab es nach Geschlechtern getrennten Unterricht. Ein ehemaliger Schüler erzählte mir jüngst: „Der Aufgang an der Prenzlauer Allee war für die Mädchen, der an der Kolmarer Straße für die Jungs. Zwischen beiden Gebäudeteilen gab es sogenannte >Zaubertüren< durch die das Lehrpersonal wechselte. Die Aula im obersten Stock und die winzige Turnhalle wurden von beiden genutzt. … Bis einschließlich zum Schuljahr 1953/54 hielt sich die Geschlechtertrennung. Erst von da an gab es gemischte Klassen. Auf der kleinen, hinteren Ecke des Schulgeländes an der Kolmarer Straße war die Raucherecke des Lehrpersonals.“

Rolf Gänsrich, April 2016