IM SPIEGEL DER ANDEREN

Das Jubiläum und das Wohnen

Ja, stimmt. Für uns, die „Prenzlberger Ansichten“, ist der Prenzlauer Berg der Nabel unserer Kiezzeitungs-Welt. Logisch. Deswegen betreiben wir an dieser Stelle nun häufiger eine Nabelschau und blicken dabei über den eigenen Zeitungsrand: Was berichten die Anderen über den Prenzlauer Berg? Was steht im „Tagesspiegel“ oder „Spiegel“? Heute u.a.: Das Jubiläum. 

 

Der Berliner „Tagesspiegel“ blickt in einem Interview mit Pankows Bürgermeister Sören Benn auf das vor uns liegende Jubiläumsjahr. „Legendäre Demos, berauschende Gefühle – aber auch Desillusionierung und Enttäuschung“ überschreibt der Journalist Robert Ide das Gespräch mit dem Politiker – und dessen ganz persönliche Erinnerungen an die Wende-Zeit und den Mauerfall vor 30 Jahren. Wir zitieren das Gefühl von Sören Benn zu 1989: „Unbändige Freude – mit feuchten, leuchtenden Augen. Es ist noch heute überwältigend, sich daran zu erinnern, wie die Menschen damals aus der Angst ausgestiegen sind, wie wir uns gemeinsam aufgerichtet haben zu einem selbstbestimmten Leben.“  

NEUE ERZÄHLFOREN

Eine schöne, ermutigende Aussage, wie wir finden. Aus diesem Geist heraus sollten die Jubiläums-Feierlichkeiten im Herbst 2019 begangen werden. Wie jedes Jahr, so wird diese Zeit auch diesmal eine Zeit der ganz persönlichen Erinnerungen – egal, auf welcher Seite der Mauer wir damals lebten: Ob wir in der Menschenmenge vor dem Grenzübergang auf der Bornholmer Brücke standen und auf Durchlass warteten. Oder auf der anderen Seite und die Ostdeutschen mit Sekt und Hupkonzerten empfingen. Folgerichtig auch die Frage von Robert Ide: „Wo ist das berauschende Gefühl von damals geblieben?“. Erst einmal sei alles möglich gewesen, antwortet Sören Benn: „Nach dem Mauerfall bin ich gleich nach Berlin; wir sind in leerstehende Wohnungen eingezogen, ich konnte als 21-Jähriger machen, was ich will.“ Nach der Freiheit folgte auch bei ihm die Ernüchterung: „…der Sieg der „Allianz für Deutschland“ bei den ersten freien Wahlen und der schnell darauffolgenden, vom Westen bestimmten Einheit. Ich hatte von einer Konföderation geträumt – zugegeben, damit war ich in der Minderheit. Aber mich beschlich damals das Gefühl: Wir lassen uns die Revolution abkaufen.“

So weit der Bezirksbürgermeister. Hingewiesen sei an dieser Stelle noch darauf, dass das Bezirksamt einen Erinnerungswettbewerb gestartet hat. In „Erzählforen“ sollen all jene zu Wort kommen, die etwas über die Zeit der Wende und die Zeit danach zu sagen haben.

Kiezzeitung Berlin Prenzlauer Berg
Was schreiben die anderen Medien über Prenzlauer Berg? Politisch Bewegendes und künstlerisch Herausragendes. Foto: pixabay

IM MÜLLERHAUS

Von der großen, weltbewegenden Politik zur nicht minder bewegenden Kunst, hier: Architektur. Die Online-Ausgabe des Hamburger „Spiegel“ rezensiert in einer ihrer jüngeren Ausgaben den Architektur-Bildband „Homes for our time“ des renommierten Branchen-Experten Philip Jodidio. Der hat auch schon weltweit Baumhäuser beschrieben, nun porträtiert er neues Wohnen in alten Gemäuern. Auf die Liste stilprägender internationaler Wohnarchitektur hat es auch das „Müllerhaus“ in der Metzer Straße geschafft. 

Das ehemalige Wohnhaus eines Müllers aus dem Jahr 1844 verbirgt sich im Hinterhof an der Bötzow-Brauerei. Hier wohnt nach der Sanierung eine vierköpfige Familie – und sie wohnt offen und weltoffen auf der begrenzten denkmalgeschützten Fläche. „Spiegel-Online“-Autorin Isabel Metzger: „Von draußen: ein schlichter, rechteckiger Steinbau mit Ziegeldach und Sprossenfenstern. Die steinernen Außenwände blieben. Drinnen steht heute im Erdgeschoss nur noch eine große Innenwand, an deren Flanke eine Holztreppe zu den Schlafzimmern ins erste Stockwerk führt. An der glatten, weißen Fläche spiegelt sich das Tageslicht. Dadurch wirkt die Wohnung trotz begrenzter Fensterfläche hell und weit.“ 

Und die Architekten, das Büro ASDFG, das u.a. an der Elbphilharmonie mitwirkte, schreibt: „Durch das Zusammenspiel von Vergangenheit und Gegenwart entsteht ein lebendiger Ort.“

 

JETZT MIT „RADIO EINS“

Zum Schluss sei noch auf ein mediales Ereignis der besonderen Art hingewiesen: „Radio Eins“, der öffentlich-rechtliche rbb-Sender, ist in Prenzlauer Berg nicht nur via Radio zu empfangen, sondern jetzt auch häufiger live zu erleben. Zumindest seine legendäre „Schöne Party“, die Tanz-Party. Im Januar zog das Event von der Kalkscheune in Mitte in den Frannz-Klub der Kulturbrauerei, einen „der letzten Bastionen unbeschwerter innerstädtischer Clubkultur“, wie der Sender schreibt. Bewohner, die sich von der Partymusik gestört fühlten, und eine Großbaustelle hatten den Umzug aus der Kalkscheune notwendig gemacht. Schauspieler Lars Eidinger legte als Gast-DJ zur Prenzlauer Berger Premiere auf. Künftig gibt es die „Schöne Party“ nun alle zwei Wochen an der Schönhauser Allee – nur für Erwachsene.

-al-,  Feb. 2019