DIE BEZIRKSGRENZE (40)

an der Gormannstraße

Schon im letzten Monat war ich im Eingangssatz kurz auf die für mich unlogische Bezirksgrenzziehung an der Gormannstraße eingegangen.

Schauen wir mal kurz komplett auf unseren Stadtteil und lassen wir den Gedanken freien Lauf. Was wäre geschehen, wenn auf der Konferenz in Jalta, im Januar 1945, also vor 75 Jahren, als die Aufteilung Deutschlands in Sektoren beschlossen wurde, der Prenzlauer Berg den westlichen Alliierten und Neukölln statt dessen der Sowjetunion zugeschlagen worden wäre. Der Zentralviehhof wäre ummauert gewesen, Weißensee vom Stadtzentrum abgeschnitten und die wundervolle Altbausubstanz bei uns im Stadtteil wäre vermutlich dem Baufilz des alten Westberlin zum Opfer gefallen. Warum endete die Sektorenaufteilung Berlins nicht genau so geräuschlos wie die Wiens und Österreichs, das ja ebenfalls aufgeteilt war? 

Auch nach mehrtägiger Recherche habe ich keine Erklärung dafür, warum die Grenze des Prenzlauer Berg mitten in der Torstraße abzweigt und in Richtung Norden plötzlich entlang der Gormannstraße verläuft.

Am 25. April 1920, also vor ziemlich genau 100 Jahren, wurde das „Groß-Berlin-Gesetz“ in der „Preußischen Landesversammlung“ beschlossen und trat am 1. Oktober 1920 in Kraft. Dabei wurde aus 8 Stadtgemeinden, 59 Landgemeinden und 27 Gutsbezirken ein Berlin mit 20 Bezirken, das sich fortan und juristisch bis heute „Groß-Berlin“ nennt.

Gormannstraße Berlin  Prenzlauer Berg
Die Gormannstraßemit Blick zur Torstraße. Foto: rg

Auch das ehemalige quasi Kerngebiet der preußischen Hauptstadt Berlin (der Name „Reichshauptstadt“ wurde erst ab 1933 verwendet) wurde strukturell von der Verwaltung her neu geordnet. Aus Teilen der „Königsstadt“, die in wiederum selbst in mehrere kleinere Verwaltungsgebiete aufgeteilt war und Teilen der Rosenthaler Vorstadt, sowie einigen Teilen, die noch gar nicht verwaltet wurden, weil sie schlicht noch nicht bebaut waren (außerhalb der Ringbahn), wurde mit dem Groß-Berlin-Gesetz der Bezirk „Prenzlauer Tor“, der bereits ein Jahr später in „Prenzlauer Berg“ umbenannt wurde.

Aber auch wenn man nach alten Verwaltungskarten von vor 1920 geht, ist die Grenzziehung an der Gormannstraße nicht nachvollziehbar. Gut möglich, dass es sich um alte Postzustellungsgrenzen, Polizeiverwaltungs- oder um Diözesegrenzen handelt. Eine andere Erklärung hab nicht.

Übrigens hatte Berlins Stadtwappen bis 1926 eine rote Mauerkrone, ab 1926 eine gülden verzierte, ähnlich der heutigen, eine schmucklose rote Mauerkrone ab 1934, die Ost-Berlin bis 1990 beibehielt (zu sehen ist dieses Wappen heute noch an einem Geschäft in der Schönhauser Allee, ein paar Häuser neben der Kulturbrauerei), die heutige goldene Mauerkrone wurde 1954 in West-Berlin eingeführt und 1990 auf die ganze Stadt übertragen. Der Bär war immer schwarz, hatte eine rote Zunge und rote Krallen. Das rot geht auf das rot-weiß der alten Provinz Brandenburg zurück, der schwarze Bär auf weißem Grund geht auf die schwarz-weiße Kriegsflagge Preußens zurück, auf die auch die Farben Deutschlands im Sport zurückzuführen sind. Die Berliner Bezirke haben in ihren eigenen Wappen den Berliner Bären in einer roten Mauerkrone.

Rolf Gänsrich, Jan. 2020

www.rolfgänsrich.wordpress.com