HELMHOLTZ-KIEZ

Blick zurück nach vorn

Mit Leerstand und Hausbesetzungen fing es an, mit vermutlichen Brandstiftungen, Mieterhöhungen, Demonstrationen ging es weiter. Die Zeitenwende am Helmholtzplatz seit Anfang der 90er Jahre dokumentiert die Schau „Blick zurück nach vorn“. Der Blick auf den Kiezladen Zusammenhalt ist auch ein Blick darauf, wie rasant Zeiten vergessen werden können.

 

Vor mehr als 25 Jahren, bereits unmittelbar nach dem Mauerfall, gründeten Anwohner und Engagierte vom Helmholtzplatz ein Bürgerkomitee. Als Gremium für die Anwohner hatte es viele Ansprüche: den anstehenden Wandel zu begleiten; Ansprechpartner für die Sorgen und Nöte zu sein, die Interessen der Menschen zu vertreten. Der Kiez damals: lebendig, kreativ und oppositionell wie der gesamte Prenzlauer Berg; die Häuser heruntergekommen, zahlreicher Leerstand. Noch 1994 initierte das Komitee, nun schon eine Betroffenenvertretung, mehrere Aktionen gegen Wohnungsleerstand. Parallel dazu gab es Aktionen gegen Mieterhöhung und Mietervertreibung.

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin
Zeugnis der jüngsten Vergangenheit: Die Kiezzeitung „prenzlig“ berichtete vom Helmholtzplatz.

1993 bereits wird der Helmholtzplatz zum Sanierungsgebiet erklärt – eine der größten Sanierungsvorhaben Europas beginnt, unter bestimmten Auflagen, mit allen erdenklichen und bekannten Schwierigkeiten und dem heute sichtbaren Quartier-Leben. Im gleichen Jahr eröffnet der Kiezladen Zusammenhalt in der Dunckerstraße 14. Hier, am Sitz der Betroffenenvertretung, bündeln sich Beratung, Kultur und soziale Angebote für die Bewohner. Von hier aus werden politische Aktionen vorbereitet; Feste auf dem Platz gesteuert, Bedürftigen Hilfe angeboten. 

Die Ausstellung „Blick zurück nach vorn. 25 Jahre Kiezladen Zusammenhalt“ im Kulturzentrum Sebastian Haffner zeigt in Text-Bild-Tafeln diesen zurückliegenden Wandlungsprozess. Eine Chronologie der Ereignisse dokumentiert den zum Teil durch heftige Auseinandersetzungen begleiteten Prozess der Sanierung und die Auswirkungen für die Anwohner, darunter Mieter, Hausbesetzer, Hausbesitzer und Neuzugezogene. Eine Fotoserie illustriert eindrücklich den äußerlichen Wandlungsprozess dieses Wohnquartiers. Gestaltet hat die Schau der Kiezladen Zusammenhalt.

Der Laden als Sitz der Betroffenenvertretung ist auch Redaktionsbüro von „prenzlig“, der Kiezzeitung von unten. Monatlich berichtete das kostenfreie Blatt seit 1991 über die Geschehnisse rund um den Helmholtzplatz und über globale Ereignisse. So sind Hausbesetzungen, Ausstellungen und Proteste gegen den Irak-Krieg darin zu finden. Und die Dokumentation der eigenen Geschichte. Mit dem Ende des Sanierungsgebietes steht auch der Laden auf dem Spiel. Eine Vereinsgründung macht den Weiterbetrieb möglich. 

Der Kiezladen Zusammenhalt e.V. ist weiterhin Treffpunkt und Ort sozialer Aktivitäten für die Nachbarschaft rund um den Helmholtzplatz. Seine Angebote reichen von einer Kleiderkammer mit Kaffeestube bis zu kostenloser Mietrechts- und Sozialberatung. Er ist Ort für Ausstellungen, Lesungen, den Dunckerchor und vieles andere mehr.

Die Sonderausstellung „Blick zurück nach vorn“ ist bis zum 2. April im Museum Pankow im Kulturzentrum Sebastian Haffner, Prenzlauer Allee 227/228 zu sehen. 

-al-, Febr. 2017