DIE BEZIRKSGRENZE (14)

Hohenschönhauser Straße

In dieser Folge der Reihe entlang der Grenzen des Prenzlauer Berg nehmen wir mal kurzzeitig einen kleinen Perspektivwechsel vor.

Der Volkspark Prenzlauer Berg besteht aus zwei "Bergen" … für Alpinisten sind es Hügel. Der Vordere direkt an der Hohenschönhauser Straße ist der höhere und mit 90,9 m.ü.NHN (Meter über Normalhöhennull = über dem durchschnittlichen Meeresspiegel) der höchste Punkt im Stadtteil. Der höchste Punkt im Bezirk Pankow sind die Arkenberge mit 122 m.ü.NHN, die damit gleichzeitig der höchste Punkt Berlins sind (der Teufelsberg ist 120 m hoch). Der tiefste Punkt Berlins mit 28,1 m ist übrigens der Spektesee in Spandau. Ist dies denn nun der Berg des Prenzlauer Berg? Nein, denn dessen Bezeichnung geht auf den Anstieg über die gleichnamige Straße zurück, die vom Königs- zum Prenzlauer Tor verläuft. 

Erklimmt man die 90,9 m, was bei meinen rund 120 kg Lebendgewicht schon eine echte Herausforderung ist, hat man plötzlich eine unglaubliche Weite vor sich! Es ist wie in einer anderen Welt! 

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin
Hohes Plateau. Höchster Punkt in Prenzlauer Berg. Foto: rg

Der Straßenlärm der Stadt brummt in weiter Entfernung, viel näher sind summende Insekten und zwitschernde Vögel. Die vielen Jogger, … Achtung Wortspiel! … verlaufen sich im Park und die Grüntöne der Pflanzen variieren in verschiedensten Nuancen. Von ebener Erde aus sieht man den Horizont in etwa 6 km Entfernung, zum Beispiel wenn man aufs Meer sieht. Vom Hügel im Volkspark könnte man rein theoretisch rund 34 km ins Land sehen und damit fast bis nach Eberswalde. 

Im Gegensatz zum Friedrichshain, wo die Trümmerberge noch einen „Kern“ aus Flakhochbunkern haben, ist der Volkspark eine reine Aufschüttung. Ursprünglich waren beidseitig der Hohenschönhauser Straße Kleingärten. In der Kleingartenanlage „Dreieinigkeit“ (abgerissen ab 1974), gegenüber des späteren Volksparks, versteckte sich vom 27. März 1943 an bis zum dortigen Kriegsende am 25. April 1945 Hans Rosenthal. Nach Räumung der Kleingärten auf „unserer“ Seite begann ab 1963 die Aufschüttung mit Hilfe von Lkw und Güterstraßenbahnen. Die ehemaligen Aufstiegstrassen für die Schutttransporte sind die heutigen Parkwege. Allerdings handelte es sich bei dem Bauschutt nur in geringem Teil um Kriegsschutt. Vielmehr waren es Trümmer von Abrisshäusern unter anderem aus der Bernauer Straße oder aus der Innenstadt, wo man im Zuge der Umgestaltung des Alexanderplatzes großräumig ganze Häuserblocks in der Leipziger Straße abriss oder gar den Verlauf der Landsberger Allee komplett änderte. Der Spielfilm „Die Legende von Paul und Paula“ (siehe auch Text: „Drehorte“ auf der letzten Seite) von 1973 eröffnet mit so einer Abriss-Sequenz. 

Ende 1982 war man mit der Aufschüttung fertig. Bereits ab 1967 wurden erste Bäume gepflanzt. Der Baumbestand im 21. Jahrhundert sind Pappeln, Eschen, Ahorn, Robinien, Weiden. Ich erinnere mich sehr lebhaft daran, dass ich bis zu deren Abriss im Sommer 1982 an der Ecke zur Maiglöckchenstraße eine allerletzte, etwas festere Gartenlaube stehen sah, aus deren Schornstein es im Frühjahr qualmte und in deren Garten man immer wieder ein „altes, hutzliges, runzliges Weiblein“ sah, das sich an seinen Beeten und Sträuchern zu schaffen machte. 

Eine Bebauung des Areals des Volksparks kam übrigens nie infrage, weil man bis heute nachträgliche Absenkungen auf dem Gelände befürchtet.    

Nächsten Monat mehr!

Rolf Gänsrich, August 2017