PRO QUOTE BÜHNE

Die andere Hälfte des Theaters

Dem Theater fehlen die Frauen an der Spitze. In Berlin gibt es eine einzige Intendantin, deutschlandweit lediglich 22 Prozent. Die Initiative Pro Quote Bühne fordert jetzt: Wir wollen die Hälfte, in allen Positionen und Rollen.  

 

Männer entscheiden, Frauen arbeiten und und flüstern zu. Prägnant formuliert Amina Gusner, auch in Prenzlauer Berg bekannte renommierte Regisseurin, die Situation in der deutschen Theaterlandschaft. Fast 80 Prozent Intendanten, die entscheiden. Rund 80 Prozent Souffleurinnen, die zuflüstern. 78 Prozent Regisseure, die auf den großen Bühnen inszenieren, 75 Prozent Theaterstücke von Autoren. Der Verdienstunterschied von Theaterfrauen zu -männern liegt bei 34 Prozent und ist damit besonders hoch. Deutschlandweit verdienen Frauen im Schnitt 21 Prozent weniger als Männer.

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin
Fordern die Hälfte der Führungspositionen an Theatern für Frauen: Die Initiatorinnen von Pro Quote Bühne. Foto: PQB

Karriere-Knick in weiblich

Amina Gusner, Angelika Zacek, France-Elena Damian, Eva Jankowski, Onimar Ame, Beatrix Schwarzbach und Ivana Sajevic berufen sich bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt als Pro Quote Bühne auf die Studie „Frauen in Kultur und Medien“, die Kulturstaatssekretärin Monika Grütters beauftragt hatte. Sie dokumentierte 2016 das Gender-Missverhältnis in der deutschen Theaterlandschaft. Die Regisseurinnen bzw. Schau- und Puppenspielerinnen, sämtlichst hervorragend ausgebildet und mit eindrucksvollen Theater-Viten, sprechen indes auch aus eigener Erfahrung. Etwa Angelika Zacek: „Ich habe Talent, ich habe an der renommierten Ernst-Busch-Hochschule studiert.“ Irgendwann, nach einigen Regie-Aufträgen, geht die Karriere nicht weiter. Sie erhält weniger Aufträge. Ihre erste Analyse sei gewesen: „Es liegt an mir.“ Trotz Karriere-Coaching ändert sich die Situation nicht. Während ihre einstigen Mitstudenten weiter Jobs bekommen, geht es den Mitstudentinnen von einst ähnlich wie ihr. Ein Blick in die Spielpläne und Ensemble-Listen der deutschen Theaterlandschaft offenbart: Die Frauen fehlen in Führungspositionen. Sie dürfen sich vor allem mit kleinen Bühnen oder mit Kinder- und Jugendtheater begnügen. Oder sie arbeiten in der freien Szene. Schlecht bezahlt, das eigentliche Talent quer finanziert durch einen Nebenjob.

 

Anrecht auf Vielfalt

Pro Quote Bühne will das jetzt ändern. Per Manifest fordern die Frauen: 50 Prozent Führungsjobs, gleiche Bezahlung für Frauen und Männer. Neben der politischen sei dies auch eine künstlerische Selbstverständlichkeit: „Das Publikum hat ein Recht auf Qualität und Vielfalt“, sagt Amina Gusner. Im Publikum sitzen vor allem Frauen, zumindest als Abonnentinnen und regelmäßige Theatergängerinnen. 

Mit der Chefdramaturgin des Deutschen Theaters Berlin, Sonja Anders, und ihrem Intendanten Ulrich Khuon haben die Pro-Quote-Frauen starke Unterstützung. Seit ihrem Amtsantritt streitet Anders für bessere Bezahlung der Schauspielerinnen und für mehr Regisseurinnen am Haus. Ihre Überzeugung: Die Frauen-Frage braucht eine politische Diskussion. Sie braucht Monitoring und Mentoring: Das Transparentmachen, wie und für wen öffentliche Gelder an Theatern verwendet werden. Und die frühzeitige Förderung von Frauen in Theaterberufen.

Der Kreis der Unterstützerinnen und Unterstützer der fordernden Frauen umfasst auch Prominente wie Katja Riemann oder Sebastian Nübling. Mit den Frauen von Pro Quote Regie in der Filmbranche und anderen Initiativen knüpfen die Künstlerinnen ein Netzwerk, das weiter wachsen wird.

Bewusst machen, Transparenz und Gleichberechtigung einfordern. Ihre Jobs für die Quote machen die Frauen ehrenamtlich. Auch ein Festival, das weibliche Theaterhandschriften präsentiert, ist für die Pro-Quote-Frauen denkbar. „Wir sind ja in erster Linie Künstlerinnen und drücken uns und unsere Überzeugung auf der Bühne aus.“ sagt Amina Gusner.

-al-, November 2017

Mehr auf: www.proquote-buehne.de