ECOMOBILITY-FESTIVAL

Frei von Abgasen

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin
Welch eine schöne Vision. Ein Quartier, das vor allem Fahrrädern, e-bikes und Fußgängern gehört: So könnte sich das Ecomobility-Festival gestalten.

Also doch. Jetzt kann es doch ein Ecomobility-Festival geben und Prenzlauer Berg hat, endlich einmal wieder, die Chance, sich weltweit als Modell zu präsentieren. Als Modell, wie Ökologie und Mobilität im urbanen Raum zusammengehen können. Wenn die Bewohner mitmachen.


Die Idee des Ecomobility-Festivals: Einen Monat lang, voraussichtlich im Mai 2015, neue Formen von ökologischer Mobilität auszuprobieren. Also: Ein Verkehr mit Elektroautos statt Benzinern samt Abgasen, mit Fahrrädern, E-Bikes und öffentlichen Nahverkehrsmitteln. Oder eben einfach zu Fuß. In einem ausgesuchten Kiez, dessen Bewohnern die ökologischen Fahrzeuge zur Verfügung gestellt werden –  konventionelle Fahrzeuge werden während der Öko-Zeit, so das Vorhaben, an den Rand auf bewachten Sammelparkplätzen abgestellt. Sie sind via Ökomobil erreichbar.
Eine schöne Idee, und, man sollte meinen, nirgendwo besser aufgehoben als in Prenzlauer Berg. Dessen Bewohner sind schließlich ökologische Trendsetter, auch in Sachen Fahrzeuge: Die Quartiere rund um Kollwitzplatz und Helmholtzplatz, an der Bornholmer und der Hufelandstraße, haben deutschlandweit die niedrigste Autodichte (280 Fahrzeuge pro 1000 Einwohner, im Bundesdurchschnitt sind es 517), sie haben  zudem die höchste Fahrrad-Dichte. Und wenn schon Autos, dann teilen die Prenzlauer Berger sie gern: Nirgendwo sonst gibt es soviele Car-Sharer wie hier.

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So schön kann ökologische Mobilität sein: Mit dem Kicktrike ließe sich mühelos ein Ecomobility-Kiez erkunden. Foto: minimove

Doch als das Vorhaben vor wenigen Wochen im auserwählten Helmholtz-Kiez publik wurde, stieß es auf unerwarteten Gegenwind. Die Bewohner fühlten sich übergangen, hatten den Eindruck, ihnen würde ein Fremdkonzept übergestülpt, fix und fertig und ohne Mitspracherecht. Und auch Pankows Bezirksbürgermeister Matthias Köhne (SPD) wollte bei den Planungen mitreden.
Diese Gelegenheit gibt es jetzt. Auf Antrag der Grünen beschloss das Bezirksparlament in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause, das Festival stattfinden zu lassen – auf freiwilliger Basis und mit einem entsprechenden Beteiligungsverfahren. O-Ton der Antragsteller: „...dass wir um die aktive Beteiligung der Anwohnerinnen und Anwohner werben wollen und diese auch benötigen, damit das Festival ein großer Erfolg werden kann. Die Beteiligung entscheidet, in welcher Form das Festival stattfinden wird.“
Es ist somit ein zweiter Anlauf, den der Veranstalter, die Ecomobility Festival GmbH Berlin, nun startet. Das Parlament erwartet ein entsprechendes Konzept, wie sich Bürgerbeteiligung und Organisation gestalten sollen. Es erwartet Antworten auf viele offene Fragen: Was ist mit dem Lieferverkehr? Wo und wie können die Öko-Autos aufgeladen werden? Wie und wo werden die individuellen Benziner, auf die die Beteiligten in ihrem Kiez verzichten, geparkt und gesichert?
Denn aus der Idee soll nicht nur eine einmonatige Vision werden, sie soll Zukunftsträchtiges ausstrahlen. Das Parlament wünscht sich auch, „das Festival als Impuls zu nutzen, um die Infrastruktur für eine ökologische Mobilität auszubauen.“ Geld hingegen wird es vom Bezirk keines geben.

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Der kleine smarte Berliner, der elektrisch fährt. Solche Ecomobile stünden den Festivalnutzern zur Verfügung. Foto: D. Lässig

Wie kann sich solch ein Festival gestalten, welche Impulse kann es tatsächlich geben? Der Veranstalter ist für direkte Anfragen nicht erreichbar. So bleibt die Homepage. Dort, auf www.ecomobilityfestival.de, zeigen Bilder und Konzepte ein autofreies Quartier im südkoreanischen Suwan. Die Stadt hatte im September 2013 das weltweit erste Ecomobility-Festival durchgeführt, auf Initiative des Städtenetzwerkes ICLEI bei den Vereinten Nationen. Die südkoreanischen Impressionen könnten auch in Prenzlauer Berg Wirklichkeit werden. Ein Quartier, das nicht nur abgasfrei wird, es wird auch leiser und geräumiger. Keine Ein- und Ausparkgeräusche von Benzinern, keine zugeparkten Straßenränder. Es ginge ja auch generell um die Vermeidung von Verkehr und die alternative Nutzung des öffentlichen Raums, sagt Baustadtrat Jens-Holger Kirchner (GRÜNE), der das Vorhaben sehr prononciert. Wo weniger parkende Autos, da mehr freie Fläche, wo mehr Fahrräder, da auch mehr Möglichkeiten, künftig Radwege anzulegen.
Unmengen von Start Ups, Forschungseinrichtungen und Unternehmen der Branche beschäftigen sich seit Jahren mit Varianten ökologischen Verkehrs, etwa durch Elektromobile, e-bikes, Lastenfahrräder. Das Festival könnte auch all diese Ansätze bündeln und in der Praxis ausprobieren. So wünscht sich das Pankower Parlament auch, dass die eMo, die Berliner Agentur für Elektromobilität, einen festen Ort der Elektromobilität dauerhaft in Prenzlauer Berg einrichtet. Die Tochteragentur des Berliner Senats bündelt und vermarktet schon jetzt alle Innovationen ökologischen Verkehrs. Im Prenzlauer Berger Ecomobility-Quartier können sie einen berlinweiten Informationsort, Treffpunkt und Organisationsbüro haben, um Projekte im Bezirk anzustoßen und voranzutreiben. Wenn denn die Bewohner mitmachen, im Helmholtz-Kiez oder andernorts im Öko-Quartier Prenzlauer Berg.
-al- (Aug 2015)

Das Ecomobility-Festival
Das Ecomobility-Festival geht auf eine Initiative des Städtenetzwerkes ICLEI bei den Vereinten Nationen zurück. Seine Erstauflage erlebte es im September 2013 im südkoreanischen Suwon. Dort agierte einen Monat lang ein ganzer Stadtbezirk komplett abgasfrei. Die Menschen stiegen auf Fahrräder und Elektromobile um.
In Berlin-Prenzlauer Berg soll das weltweit zweite Ecomobility-Festival im Mai 2015 im Helmholtz-Kiez stattfinden.
Veranstalter wird die Eco Mobility Festival Berlin gGmbH sein, die derzeit in Gründung ist und ihr Büro in der Schliemannstraße 34 hat.
Mehr Infos auf: www.ecomobilityfestival.de