FIRMENGESCHICHTE PRENZLAUER BERG (3)

Das Gleislager in der Kniprodestraße

Der Prenzlauer Berg ist Straßenbahnland mit den meisten Linien im Berliner Netz.

 

Laut Roland Schröder, u.a. Leiter des AK Stadtentwicklung der SPD Pankow und erklärtem Straßenbahnfan, war bereits mal vor vielen Jahren die Schließung des Gleislagers in der Kniprodestraße im Gespräch, aber „... die BVG wusste nicht, wohin dann mit ihrem Lager.“ Und so ist dessen Existenz weiterhin gesichert.

Das Gleislager schließt sich an die Gleisschleife von der Kniprodestraße, John-Schehr- und Hans-Otto-Straße an und ist ein ehemaliger Betriebshof der „Straßenbahnen der Stadt Berlin“, der von 1908 bis 1923 bestand. Wegen Linienzusammenlegungen im Rahmen der Vereinigung der Berliner Straßenbahnbetriebe wurde er 1923 zum Gleisbauhof der „Berliner Straßenbahn“ und blieb es auch nach Vereinigung zur BVG 1929.

Storkower Prenzlauer Berg
Nicht nur Gleise lagern auf dem Gleislager. Hinter dem Netto in der Conrad-Blenkle-Strasse finden befinden sich sehr, sehr viele Haltestellen

Durch den Krieg wurde das Gelände teilweise beschädigt, eine umfassende Sanierung blieb danach jedoch aus. Heute dient das Gelände, wie gesagt, als Gleislager sowie als Depot für die von dort eingesetzten Arbeitstriebwagen.

 

Einrichtungsfahrzeuge

Die genannte Gleisschleife entstand erst nach dem Krieg, als man aus der Not heraus (chronischem Ersatzteilmangel) aus „Zweirichtungsfahrzeugen“ „Einrichtungsfahrzeuge“ machte. Diese haben Türen nur auf einer Fahrzeugseite und jeder Triebwagen nur einen Führerstand. Sie benötigen eine Wendeschleife, müssen aber dafür an den Endstellen nicht „umgekuppelt“ werden (Triebwagen am einen Ende des Zuges kuppelt ab, fährt über ein zweites Gleis ans andere Ende des Beiwagens und kuppelt wieder an – bei der Woltersdorfer Straßenbahn kann man dies an der Endhaltestelle „Schleuse“ noch beobachten). Die heutigen modernen Zweirichtungsfahrzeuge vom Typ GT6N-ZR oder die neuen „Flexity“ sind ja wie S-Bahnen in sich geschlossene Triebeinheiten.

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin
Die Einfahrt für die Arbeitswagen ist in der Kniprodestraße, die für Lkws ist in der Conrad-Blenkle-Str.

Es muss auch noch bis nach 1968 eine Straßenbahnstrecke von der Kniprodestraße über Am Friedrichshain bis zum Königstor gegeben haben. In historischen Stadtplänen aus jenem Jahr ist diese Strecke für die Linie 74 (Richtung Leipziger Platz) noch verzeichnet.

Richtig unklar ist die Art der Straßenbahn-Gleisanlagen auf dem ehemaligen Schlachthofgelände. Diese Anlagen hatten einen Anschluss in der Scheffelstraße etwa zwischen der heutigen Hermann-Blankenstein-Straße und der Ringbahn. Ich kann mich entsinnen, dort bis etwa 1993 diese Gleisschleifwagen auf so einer Art Betriebshof gesehen zu haben, sowie im Winter Arbeitswagen mit Streusandanhängern. Aber diese gesamte Straßenbahnstrecke Eldenaer Straße – Scheffelstraße scheint ein Mysterium. Wann diese gebaut wurde, lässt sich trotz sehr umfangreicher Recherchen nicht in Erfahrung bringen. Wann auf ihr der Linienverkehr eingestellt und sie zur reinen Betriebsstrecke am Rande des Prenzlauer Berg umfunktioniert wurde, kann man nur ahnen. Vermutlich nach der Einstellung des O-Bus-Betriebes und der damit verbundenen Neuausrichtung der Buslinie 30, die unter anderen über Eberty, Eldenaer und Scheffelstraße fuhr.

 

Seit 1993 Liniendienst

Erst seit 1993 fährt die Straßenbahn wieder im Liniendienst auf der einst stillgelegten Strecke. Was diesen von mir erwähnten Hof betrifft, will ich nicht ausschließen, dass es sich dabei ursprünglich auch um ein reines Straßenbahn-GüterAnschlussgleis gehandelt haben kann, das den ehemaligen Magerviehhof in Friedrichsfelde mit dem Seuchenhof auf dem Zentralviehhof verband. 

An Arbeitswagen der Tram sieht man heute allgemein, gefühlt, kaum noch welche im Netz. Das kann damit zusammenhängen, dass es keinen Güterverkehr mit ihr selbst mehr gibt. Auch die Ausstattung der Mittelinselhaltestellen mit Streusand erfolgte in Herbst und Winter in früheren Zeiten per an Arbeitswagen angehängter Loren mitten am Tage vom Gleislager in der Kniprodestraße aus. Dass man Arbeitswagen tagsüber nicht mehr sieht, kann aber auch schlicht daran liegen, dass sie nur noch nachts unterwegs sind.

Rolf Gänsrich, Februar 2017