Bolzen auf dem Exerzierplatz der Preußen

Fußballer Denkmal auf dem Exer
Fußballer Denkmal auf dem Exer

An einem trüben Herbsttag, „schön“ grau, mit nicht enden wollendem Hochnebel, kann man sich auch am Falkplatz nicht erfreuen. Man merkt bei solcher Stimmung noch deutlicher, dass viele ambitionierte Projekte unter akutem Geldmangel leiden. Der Wildwasseranlage an der Ecke Gleimstraße / Schwedter Straße, mit Sonnenkollektoren als Energielieferanten für den Strom der Wasser­pumpen, ist der Verfall am deutlichsten anzusehen. Hier plätschert schon lange nichts mehr.

Der Falkplatz heißt im Volksmund „Exer“, weil es sich bei ihm um einen ehemaligen Exerzierplatz der preußischen, später der deutschen kaiserlichen Armee handelte.
In historischen Filmauf­nahmen der Wochenschau, an dieser Stelle gedreht, absolvierten nach Beginn des I. Weltkrieges am 1. August 1914 Freiwillige ihre ersten Schritte in der soldatischen Grundausbildung. Zu diesem Zeitpunkt wurde der Platz offiziell seit Langem nicht mehr zum Exerzieren genutzt, aber aufgrund der Kriegsbe­geis­terung in der Bevölkerung und der vielen Freiwilligen wurde dann doch nochmals an der Ecke Gleimstraße / Am Falkplatz trainiert. In den historischen Filmaufnahmen sieht man die Schule an der Ystader Straße (Architekt Ludwig Hoffmann) noch nicht ganz hochgezogen – sie wurde von 1913 bis 1916 gebaut.
Bereits 1892 wurde auf dem Falkplatz der Fuß­ballverein „Hertha BSC“, damals noch als „BFC Hertha 1892“ gegründet und der Sportplatz ab 1904 zur ersten Spielstätte. Unmittelbar nach dem II. Weltkrieg wurde der Platz zum Acker für Gemüse umgepflügt und im Hunger-Winter 1945/46 weitgehend abgeholzt. In der DDR erweiterte man die bestehenden Sportanlagen, die sich bis zur Eberswalder Straße hin ziehen, und baute 1951 das „Friedrich-Ludwig-Jahn-Stadion“. 2008/09 nutzte der „1. FC Union“ während des Umbaus seines Stadions, das Areal an der Cantianstraße. Seit dem ist es Heimstätte anderer Vereine.
Die Max-Schmeling-Halle wurde dagegen erst am 14. Dezember 1996 in Anwesenheit des Namen gebenden Ausnahmesportlers eröffnet. Die erste große Veran­staltung in der Halle war ein Boxkampf von Henry Maske. Einer der Radio-Kommentatoren war der ehemalige Chef-Sport-Reporter der DDR, Heinz-Florian Oertel. Der Kampf war mäßig, der Hörfunk-Kommentar aber ein echter Genuss!
Das ganze Areal rund um das Stadion und den Mauerpark ist heute ein beliebtes „Hintergrund­objekt“ für etliche Werbespots im Fernsehen.

Umspannwerk Kopenhagener Straße
Umspannwerk Kopenhagener Straße

Liegewiesen und eine Plansche wurden nach dem Mauerbau am 13. August `61 direkt und unmittelbar an der Hinterlandmauer an der Gleimstraße / Am Falkplatz eingerichtet. Man sieht anhand der Größe der Bäume in der Gleimstraße, bis wohin der Grenz­streifen mit der Hinterlandmauer einst ging. Die Wohnhäuser in der Schwedter Straße lagen bereits im Grenzbereich und konnten nur über die Hinterhöfe begangen werden. Man gelangte über die Korsörer Straße dort hin – die Baulücken für diese Zugänge sind noch vorhanden.
Joseph Weißenberg war ursprünglich Maurer, der recht bald Stein und Kelle beiseitelegte und allein durch Handauflegen die Menschen heilte. Geboren wurde er am 24. August 1855 in Fehebeutel im Landkreis Schweidnitz in Schlesien. Nach Militärdienst und Jahren der Wanderschaft ließ er sich 1882 als Schankwirt im heutigen Ortsteil Prenzlauer Berg nieder. Schon seit 1870 heilte er nebenbei, im Jahr 1903 folgte er dann seiner inneren Berufung, Menschen zu helfen und behandelte hauptberuflich ca. fünfzig Patienten pro Tag in seiner Praxis in der Gleimstr. 42. Am 26. März 1926 verließ er die evangelische Kirche und nannte am 15. April 1926 seinen bisherigen Verein in „Johannische Kirche“ um. Diese wurde am 17. Januar 1935 als staatsfeindlich verboten.
Seine Siedlung „Friedensstadt“ in den Glauer Bergen bei Trebbin, südlich Berlins gelegen und ab 1920 erbaut, wurde auf Geheiß der Gestapo in die Zwangs­liquidation getrieben und 1941 ans Deutsche Reich verkauft. Von 1942 bis Januar 1945 befand sich in der Siedlung eine Außenstelle des KZ Sachsen­hausen. Nach Ende des II. Weltkrieges erwirkte Weißenbergs Tochter Frieda Müller 1946 die Aufhe­bung des Kirchenverbots. Die Siedlung war von 1945 bis 1994 durch die sowjetische Armee besetzt und wurde der „Johannischen Kirche” am 14. Juni 1994 wieder rück­übertragen.
Joseph Weißenberg verstarb am 6. März 1941 in Ber­nigk bei Breslau im Beisein seiner Tochter.
An der Ecke Sonnenburger Straße / Kopen­hagener Straße, geraten bei meinen Füh­rungen viele „aus dem Häuschen“. An dieser Stelle steht das ehemalige Abspannwerk, das von 1924 bis 26 nach Entwürfen von Hans-Heinrich Müller in dunkelrotem Backstein erbaut wurde. Es war nur bis 1993 in Betrieb und wurde danach nicht mehr benötigt. In ursächlich-technischem Zusammenhang mit diesem Komplex gibt es ein kleines Gebäude im gleichen Baustil aus den gleichen Materialien errichtet, das auf der anderen Seite der Ringbahn auf dem Arnimplatz steht.
Nach vielen Zwischennutzungen wurde das Abspann­werk 2007 durch Vattenfall verkauft. Heute befinden sich in dem Gebäudekomplex ausschließlich Büros und ein bekannter Internetversandhändler, der 2008 in Berlin gegründet wurde ...
Rolf Gänsrich (Dez 2012)