GLEIMSTRASSE 56

Vorkauf schützt BewohnerInnen

Erstmals übt der Bezirk Pankow sein Vorkaufsrecht aus. Das Haus in der Gleimstraße 56 soll für die GESOBAU erworben und damit milieugeschützt werden. Der Käufer hatte eine entsprechende sozialverträgliche Vereinbarung abgelehnt. Bestandsschutz haben damit auch die MieterInnen.

 

Protest lohnt sich. Mehrere Wochen lang hatten die Mieterinnen und Mieter des Hauses in der Gleimstraße 56 öffentlich auf sich aufmerksam gemacht. Mit Protestspaziergängen und Hausöffnungen wehrten sie sich gegen eine drohende Verdrängung nach dem Verkauf des Gebäudes. Ihr Anliegen schaffte es bis in die Bezirksverordnetenversammlung. Und jetzt erreichten die Gleimstraßen-Leute zum ersten Mal das Eingreifen der Politik, die ihr Vorkaufsrecht in Anspruch nimmt.

Das Haus Gleimstraße 56 liegt im Milieuschutzgebiet Falkplatz. Es ist eines der letzten unsanierten Häuser; die BewohnerInnen entstammen unterschiedlichen Milieus. Künstler leben dort, junge Menschen, alte Menschen, Alleinerziehende. Eine der Bewohnerinnen wurde vor Jahrzehnten in diesem Haus geboren und lebt noch in der gleichen Wohnung. Im Erdgeschoss liegen eine deutsch-spanische Kita mit 22 Plätzen und ein Architekturbüro. Die Mieten für die 30 Wohnungen sind entsprechend günstig: Im Durchschnitt zahlen die BewohnerInnen sieben Euro kalt pro Quadratmeter. Viele Wohnungen haben sie selbst modernisiert, teilweise heizen sie noch mit Ofenheizung. 

Vorkaufsrecht Gleimstraße Berlin Prenzlauer Berg
Erfolgreicher Protest: Der Bezirk übt erstmals sein Vorkaufsrecht für das Haus in der Gleimstraße aus. Foto: BVGV

„Der Bezirk Pankow wendet die vorhandenen Steuerungselemente des Sozialen Erhaltungsrechts konsequent an.“, verkündet das Bezirksamt im Verwaltungssprech den erstmaligen Vorgang, sein Vorverkaufsrecht auszuüben. Er will das Haus für rund acht Millionen Euro für das landeseigene Unternehmen GESOBAU kaufen. Der Berliner Senat gibt Gelder dazu. 

Bezirksstadtrat Vollrad Kuhn erklärt dazu: „Dem Käufer der Gleimstraße 56 wurde der Abschluss einer Abwendungsvereinbarung vorgeschlagen.“ Ein solcher Vertrag verpflichtet Käufer zu sozialverträglichen Mieten. Kuhn: „Der Käufer hat jedoch die enthaltenen Kernforderungen abgelehnt und auch keine ausreichende Verhandlungsbereitschaft gezeigt. Aus diesem Grund haben wir uns für den Vorkauf entschieden.“

Das Vorkaufsrecht, das Pankow nun zum ersten Mal ausübt, ist das einzige politische Instrumentarium, damit MieterInnen vor Verdrängung geschützt werden. Bei rund 40 Hausverkäufen hat der Bezirk dieses Recht im Jahr 2018 geprüft; im Vorjahr waren es 31 Prüfungen. Sechsmal konnten Abwendungsvereinbarungen abgeschlossen werden.

„Ich freue mich sehr, dass wir den MieterInnen und zwei Gewerbeeinheiten nun besseren Schutz vor Verdrängung bieten können.“, so Vollrad Kuhn. Die GESOBAU habe sich zu weitgehenden Zusagen in dieser Hinsicht verpflichtet. Dass eine Sanierung bzw. Modernisierung des Gründerzeithauses ansteht, ist anzunehmen. Es ist nun an der GESOBAU, das Haus und sein MieterInnen-Milieu zu schützen.

-red-, Okt 2018