Unbekannte Ecken in Prenzlauer Berg (7)

Storkower Straße, T. I

Magazin Prenzlauer Berg Zeitung
Abriß an der Ecke Landsberger

Die Storkower Straße ist nun nicht wirklich „die große Unbekannte“ im Stadtteil. Zehntausende verbinden mit ihr vor allem Ärger und Angst mit dem Jobcenter in der Hausnummer 133.
Die Straße verlief ursprünglich als „Straße Nr. 12, Abt. XII/1“ des Hobrechtschen Bebauungsplanes nur zwischen Greifswalder und Kniprodestraße. Verlängert wurde sie ab 9. August 1929 bis zur Landsberger Allee und weitergeführt bis zur Möllendorffstraße gar erst ab 2. April 1975.
Sie galt seinerzeit als die „Rennstrecke“ für abgehalfterte Gäule aus Mariendorf, die die Fleischergesellen vor ihre Lieferwagen auf dem Weg von und zum Schlachthofgelände spannten.
Bis ende der 60er-Jahre hinein gab es sehr, sehr ausgedehnte Kleingartenkolonien zwischen der Storkower Straße und dem „Blumenviertel“. Diese dienten vor allem der direkten Versorgung der Bevölkerung mit frischem Obst, Gemüse, Vitamine und Kleinvieh. Erst ab Mitte der 60er-Jahre wurde das Gewerbegebiet errichtet. Kam man von der damaligen Leninallee heute Landsberger Allee und lief in die Storkower in Richtung Greifswalder, bot sich noch ende der 80er Jahre folgendes Bild.
Links gleich vorn an war eine große Freifläche mit Skulpturen des „sozialistischen Realismus“. Dahinter eine große öffentliche Kantine für die umliegenden Firmen und auch für die Kaufhalle „Am Steuerhaus“, die Kübelessen bekam. Das Bürohaus hinter dieser Kantine beherbergte einst den „Militärverlag“, bei dem die Materialien für die politischen Schulungen der Soldaten im Grundwehrdienst, als auch Publikationen wie „die Fliegerrevue“ oder die „Armeerundschau“ mit ihren „Pin-up-Girls“ erschienen. Dann der zweite Zugang zum S-Bahnhof, der erst, wie man noch heute an der Architektur erkennen kann, in den 60ern gebaut wurde und da, wo jetzt die große Baugrube ist, stand das Werksgebäude für TT-Bahnen, in dem über achthundert Mitarbeiter werkelten. Das waren Modelleisenbahnen im Maßstab 1:120 und einer der größten Exportschlager der DDR-Wirtschaft ins westliche Ausland. Dahinter dann der Dampferzeugerbau mit eigener Kantine. Bis zur Kniprodestraße dann weitere Büros und Firmen.
Rolf Gänsrich (Mai 2014)