KNAACKSTRASSE

Mieter setzen sich gegen GEWOBAG durch

Erfolgreicher Mieterprotest gegen ein kommunales Wohnungsunternehmen: Die Bewohner der Knaackstraße 60-68 haben den Streit um die energetische Sanierung ihrer Häuser gewonnen. Die Fassade bleibt ungedämmt, die Miete bezahlbar.

Der Schock kommt Anfang des Jahres, per Brief. Darin kündigt die GEWOBAG den Mietern der Knaackstraße 60-68 an, ihre Häuser umfassend und energetisch modernisieren zu wollen. Der Wohnkomplex aus den 50er Jahren benötigt dringend eine Sanierung – teilweise besitzen die Wohnungen noch Ofenheizung, an der Fassade fehlen große Teile Putz. Jetzt sollten u.a. eine Zentralheizung eingebaut, Badezimmer und sanitäre Anlagen erneuert werden. Die geplante Sanierung sollte gleichzeitig zur Energieeinsparung der Häuser beitragen – wie sie vom Gesetz gefordert wird. 

Knaackstraße Prenzlauer Berg
Wärmedämmung mit Kostenexplosion: Gegen die überteuerte energetische Sanierung protestieren die Mieter der Knaackstraße 60-68 mit Erfolg. Foto: al

Der Haken: Die auf die Miete umgelegten Kosten der Wärmedämmung– bis zu elf Prozent dürfen es laut Gesetz sein. Die Mieten wären damit insgesamt explodiert – von rund 5 Euro pro Quadratmeter auf etwa 10 Euro. Und das in einem kommunalen Wohnbau, dessen Eigentümerin sich sozialen Mieten verschrieben hat. In den Altneubauten leben vor allem sogenannte Einkommensschwache: Rentner, Künstler, Studenten. Es ist einer der letzten Wohnkomplexe im Kollwitz-Kiez mit geringen Mieten. Rund die Hälfte ihrer monatlichen Einkünfte hätten beispielweise einige Rentner für die neuen Mieten aufbringen müssen. Deswegen legten die Mieter Widerspruch gegen die Dämmung der Fassade ein: Die Wirtschaftlichkeit dieser Maßnahme sei nicht erwiesen. „Ich zahle zwei Euro mehr, um einen Euro einzusparen“, sagt etwa Mieterin Ulrike Düregger. Rentieren würde sich das Ganze erst sehr, sehr langfristig.

So schließen sich die Mieter zusammen, suchen das Gespräch mit der GEWOBAG, wenden sich an die Bezirksverordneten, gehen schließlich mit ihrem Protest in die Öffentlichkeit. Mit einem großen Frühstück vor einigen Wochen machen sie vor ihren Häusern auf die drohende Mietensteigerung aufmerksam: „Das ist unser Haus“ ist auf den Transparenten zu lesen, oder: „Wir lassen uns nicht verdämmen!“ Dazu gibt es Musik, Brötchen und Schmalzstullen, sogar eine Mieter-Polonaise. Und jede Menge öffentliche Aufmerksamkeit: auch die rbb-Abendschau berichtet. 

Einen Großteil der Bezirksverordneten – SPD, Grüne, Linke – haben die Mieter zu diesem Zeitpunkt längst auf ihrer Seite. Mehrmals ist die energetische Sanierung der Knaackstraße 60-68 Thema der Bezirksverordnetenversammlungen. 

Schließlich, nach all den langen Gesprächen,Verhandlungen, Protesten kommt Mitte Juli die Erfolgsnachricht: Die GEWOBAG lenkt ein, es wird keine wärmegedämmte Fassade geben. Die Kosten der übrigen Modernisierung bleiben bezahlbar. „Das haben allein die Mieter erreicht“, freut sich Bezirksverordneter Michael Nelken mit den Bewohnern.

Es ist jedoch kein grundsätzlicher Erfolg. Die nächste Wärmedämmung in unmittelbarer Nachbarschaft steht an. Am Helmholtzplatz will die GEWOBAG die Fassade eines Gebäudes im Hinterhof energetisch dämmen – auch hier sollen die Kosten auf die Mieter umgelegt werden. Die haben schon angekündigt, sich zusammenzuschließen und zu protestieren. Wie dies erfolgreich geht, beweisen ja die Mieter der Knaackstraße.

-al-, Juli 2016