PANKOW HILFT

Flüchtlinge in Prenzlauer Berg

Sie leben unter uns. Flüchtlinge aus den Krisengebieten der Welt, vor allem aus Syrien. Auch der Bezirk Pankow und der Stadtteil Prenzlauer Berg haben im August und September neue Flüchtlinge aufgenommen und dafür weitere Unterkünfte eröffnet. Die Prenzlauer Berger halfen und helfen den Neuankömmlingen und finden sich in UnterstützerInnenkreisen zusammen. Momentaufnahmen.

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin
Sie kommen aus Krieg und Zerstörung: Syrische Flüchtlingskinder malten nach ihrer Ankunft in Prenzlauer Berg diese Bilder.

Sie kamen quasi über Nacht. Etwa 250 Frauen, Kinder und Männer, die einen mehr als 3000 Kilometer langen Fluchtweg aus Syrien über Ungarn und München hinter sich hatten. Geflohen vor Krieg und Verfolgung, eilig untergebracht in einem ehemaligen Bürobau in der Storkower Straße 133. Da waren die Räume des Baus als Schlafräume gerade notdürftig hergerichtet, die Heimleitung des Betreibers noch in den Startlöchern. Sie kamen, um Sicherheit und Schutz zu finden und nach einem langen Fluchtweg zur Ruhe zu kommen.
Sie kommen ins Unfertige. Ausnahmezustand auch in Prenzlauer Berg, in einer Zeit, da sich Deutschland, da sich Berlin einem großen Flüchtlingsstrom gegenüber sah und überfordert war. In den ersten Stunden und Tagen in der neuen Unterkunft, die vom Evangelischen Jugendfürsorgewerk betrieben wird, sorgen unzählige ehrenamtliche Helfer gemeinsam mit dem Betreiber dafür, dass die Räume zum Aufenthalt und Schlafen behaglicher werden, dass das Notwendigste besorgt werden kann – Nahrung, Medikamente, Kleidung. Sie warten nicht, bis sich Politik und Verwaltung um die Grundversorgung kümmern können, sie packen selbst an. Sie besorgen Medikamente und richten eine Arzt-Sprechstunde ein. Sie nehmen Sachspenden entgegen, verteilen sie. Erst nach einigen Tagen wird eine regelmäßige Essenversorgung sicher gestellt. „Die Lage hat sich inzwischen entspannt“, berichtet eine Woche nach der Ankunft Berit Schröder von der Fachstelle „moskito“, die die Pankower ehrenamtlichen Aktivitäten anstößt und begleitet. „Aber dennoch ist zu fragen, was ehrenamtlich leistbar ist und ob Ehrenamtliche sich um die Beschaffung von Antibiotika kümmern sollten. Diese Versorgung muss die Politik leisten“.

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin
Flucht aus dem Krieg, doch im Kopf bleibt er. Bild eines syrischen Flüchtlingskindes.

Das Netzwerk „Pankow hilft“ vereint die ehrenamtlichen HelferInnen im gesamten Stadtbezirk. Sie haben sich in UnterstützerInnenkreisen für die inzwischen zehn Unterkünfte Pankows zusammengefunden und sorgen sich um rund 2.200 Flüchtlinge, 800 davon in Prenzlauer Berg – Stand Ende September 2015. Neben den bereits länger existierenden Einrichtungen in der Straßburger Straße und der Storkower Straße 139c gehören dazu auch die im September neu geschaffenen Unterkünfte in der Storkower Straße 133 und in einer Turnhalle in der Wichertstraße. In diesem Notquartier sind rund 100 Menschen untergebracht. Die Ehrenamtlichen stoßen auf eine breite Hilfswelle: „Weil die Zahl der Anfragen und Spenden so groß ist, haben die UnterstützerInnen-Kreise Bedarfslisten erstellt, die regelmäßig aktualisiert werden“, berichtet Berit Schröder und empfiehlt allen, die helfen wollen, einen gezielten Vorab-Kontakt mit dem Netzwerk, auf pankow-hilft.de.
Das Netzwerk greift auch für die neuen Unterkünfte. Kurzfristig hat der Kreis der Ehrenamtlichen, der sich seit Mai 2015 um die Flüchtlings-Unterkunft in der Storkower Straße 139c kümmert, seine Hilfe auf das neue Quartier in unmittelbarer Nähe ausgeweitet. „Dank vieler engagierter Berlinerinnen und Berliner haben sich bereits Arbeitskreise in der Storkower Straße gegründet, die nun für beide Häuser aktiv sind. In diesen Gruppen werden die verschiedenen Hilfsangebote gesteuert und die ehrenamtlichen Unterstützer koordiniert.“ melden die Aktiven.
Neben der Koordination von Geld- und Sachspenden gehören auch weiterführende konkrete Leistungen dazu: Das so wichtige Organisieren bzw. Führen von Deutschkursen, die Unterstützung bei Behördengängen, die Organisation von Begegnungsfesten und Begegnungs-Cafes. Gern werden Mitmachende gesucht, u.a. Menschen, die Flüchtlinge als Paten längerfristig in ihrem neuen Alltag begleiten. Denn nach der Ankunft geht es ja auch um das Danach, das Leben und mittel- oder langfristige Bleiben, sobald die Flüchtlinge den Asylstatus erreicht haben. Damit steht auch die drängende Frage nach Wohnraum an. „Ich kenne eine Familie, die jetzt in einem Obdachlosenheim lebt, weil sie in der Erstaufnahme nicht mehr wohnen kann und keine Wohnung findet.“, berichtet Berit Schröder über diese prekären Verhältnisse. Wer bei der Wohnungssuche helfen kann, ist jederzeit willkommen. Gefordert sind hier indes auch, so macht es Frau Schröder deutlich, Politik und Wohnungsgenossenschaften.

-al- (Oktober 2015)

Zeitung Berlin Prenzlauer Berg Magazin
Im Netzwerk „Pankow hilft“ haben sich die ehrenamtlichen UnterstützerInnen der Prenzlauer Berger Flüchtlingsheime zusammengefunden. Fotos (3): al

Wer helfen will:
Hier gibt es aktuelle Informationen über alle Unterkünfte in Prenzlauer Berg bzw. Pankow, über Bedarf an Sachspenden und Möglichkeiten des ehrenamtlichen Mitmachens. Alle UnterstützerInnen-Kreise bitten ausdrücklich darum, sich vorab über eventuell benötigte Sachspenden bzw. andere Möglichkeiten der Hilfe zu informieren, damit die Unterstützung sinnvoll ist und koordiniert werden kann: www.pankow-hilft.de
So können die UnterstützerInnenkreise in Prenzlauer Berg erreicht werden:
Für die Unterkünfte Storkower Straße: storkower@pankow-hilft.de;
Für die Unterkunft Straßburger Straße: u_strassburger@posteo.de.
Weitere AnsprechpartnerInnen für die Unterstützung der Notunterkunft Wichertstraße auf www.pankow-hilft.de
Allgemeine Informationen, Koordination: [moskito] Fach- und Netzwerkstelle gegen Rechtsextremismus, für Demokratie und Vielfalt, Fehrbelliner Str. 92, moskito@pfefferwerk.de. Hier gibt es auch ein Spendenkonto für Geldspenden, die ausschließlich Flüchtlingen zugute kommen.
Allgemeine Informationen und Neuigkeiten des Bezirksamtes: www.berlin.de/ba-pankow

Veranstaltungen:
Aktive aus dem UnterstützerInnenkreis Straßburger Straße organisieren am 3. Oktober ein Fußballturnier für Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 15 Jahren aus der Nachbarschaft und der Flüchtlings-Unterkunft im SJC am Kollwitzplatz.
Am 15. Oktober gibt es einen Fachtag für alle ehrenamtlichen UnterstützerInnen, auf dem aktuelle Probleme, Fragestellungen und Schulungsmöglichkeiten thematisiert werden.

Infos unter: moskito@pfefferwerk.de