PROJEKTGRUPPE FÜR MEDIEN-MÄZEN

Lebendiges Erinnern an Rudolf Mosse

Eine Projektgruppe aus LokalhistorikerInnen, AnwohnerInnen und Fußballfans will auf lebendige Weise an den Medienmogul und -mäzen Rudolf Mosse erinnern. Anlass ist der Jahrestag seiner – inzwischen verschwundenen – Straße.

In der Gründerzeit war Rudolf Mosse nicht nur der bedeutendste Presse-Unternehmer, sondern auch einer der wichtigsten Mäzene der Reichshauptstadt. Geboren 1843 in Posen, hatte er mit 24 Jahren in Berlin eine Werbeagentur gegründet. Seit 1872 gab er das Flaggschiff des preußischen Liberalismus, das Berliner Tageblatt, heraus und in den folgenden Jahren zahlreiche weitere Zeitungen. 

Rudolf Mosses Konzept revolutionierte den Medienmarkt mit ähnlichen Folgen wie heute die sozialen Netzwerke das Internet, sagt der Schriftsteller Holger Siemann. Er stieß bei seinen Buch-Recherchen vor einiger Zeit auch auf die Geschichte, die den Prenzlauer Berg mit Rudolf Mosse verbindet. Rudolf Mosse stiftete im Laufe seines Lebens Millionenbeträge für soziale Einrichtungen, vor allem für die Kinder- und Jugendfürsorge. Vermutlich gehörten dazu auch Spiel- und Sportstätten auf dem ehemaligen Exerziergelände an der Einsamen Pappel – dem heutigen Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark. Dieses Exerziergelände war es, das der Magistrat von Berlin auswählte, um eine Straße nach dem „großzügigen Stifter und Mäzen“ zu benennen. Seit dem 31. Mai 1920 hieß die Verbindung zwischen Gaudy- und Eberswalder Straße „Rudolf-Mosse-Straße“.

Rudolf Mosse Berlin Prenzlauer Berg
Spuren der Mosse-Straße, um deren Jubiläum sich eine Projektgruppe kümmert: Kanaldecke unweit der Max-Schmeling-Halle. Foto: Siemann

Allerdings nur 15 Jahre lang. Die Nationalsozialisten tilgten 1935 jüdische Namen aus den Straßenplänen, darunter auch die Mosse-Straße. Sie ermordeten und zwangen Mitglieder der Familie in die Emigration und vereinnahmten das Unternehmen. Eine Rückbenennung der Straße fand auch nach dem Krieg nicht statt. Der bürgerlich-liberale Millionär Mosse galt im sowjetischen Sektor als Klassenfeind, die Straße verschwand unter Trümmerschutt und den 1950 erbauten Sportanlagen. Einige Spuren des Straßenverlaufs der Rudolf-Mosse-Straße hat Holger Siemann wieder entdeckt – alte Rudimente der Kanalisation und Bordsteine beispielsweise. Inzwischen begeisterten sich weitere Fußballfans, NachbarInnen und LokalhistorikerInnen für den Medienkönig des 19. Jahrhundert und gründeten die Projektgruppe „Mosse erinnern“. Seit dem vergangenen Jahr erarbeiten sie die Geschichte des Geländes auf dem heutigen Jahn-Sportpark, forschen zum jüdischen Mäzenatentum und zur Familie Mosse und möchten am 100. Jahrestag der Straßenbenennung an Rudolf Mosse und seine Frau Emilie erinnern.

Am 31. Mai 2020 soll es beispielsweise eine Ausstellung entlang der ehemaligen Rudolf-Mosse-Straße geben. Stadtführungen, ein Audio-Podcast und eine Mosse-Zeitung werden über den historischen Ort informieren. Zwei Wochen später findet erstmalig ein Fußballturnier um den Mosse-Pokal statt. Weniger ein Denkmal für den Medien-Mäzen, dafür ein lebendiges Erinnern für viele Menschen sind der Projektgruppe mit diesen Aktionen wichtig.

-red-, Okt. 2019

Mehr auf: www.mossestrasse.de