DIE BEZIRKSGRENZE (19)

Im Ringbahngraben

In dieser Folge über die Grenzen des Prenzlauer Berg tasten wir uns entlang der Ringbahn. Kurz vor dem S-Bahnhof Storkower Straße kreuzen auf zwei genieteten, uralten Stahlbrücken die S-Bahngleise die der sehr tief liegenden Fernbahn- und Gütergleise.

 

Direkt über den S-Bahnhof führt der traurige Rest des „Langen Jammer“, der einst rund 435 Meter langen Fußgängerbrücke aus dem Jahre 1937. Die eigentliche, ursprüngliche Konstruktion lief vom S-Bahnhof über den gesamten Zentralviehhof und endete hinter dem Personaleingang des Viehhofs direkt an der Eldenaer Straße. Dieser alte Teil ist genietet. Die neuen rund fünfundachtzig Meter vom Bahnhof über die Ringbahn bis zum „Storkower Bogen“, der auf Lichtenberger Seite liegt, wurden 1977, zeitgleich mit der Umbenennung des Bahnhofs von „Zentralviehhof“ in „Storkower Straße“ eröffnet. Dieser Teil ist geschweißt und aus etwas leichterem Stahl. An den ursprünglichen Abgang zur Franz-Jacob-Straße hin wurde im Zuge des Baus des „Storkower Bogens“ in den 90er-Jahren ein direkter Übergang zu den dortigen Bürogebäuden geschaffen, über den man, wenn man will, trockenen Fußes bis zu den Endhaltestellen der dort endenden Buslinien 156 und 240 gelangt. Auffallend ist das sogenannte „Gustavo-Haus“. Es ist ein saniertes Platten-Hochhaus, auf dessen vier Fassadenseiten 1998/1999 eine Darstellung mit Figuren des spanischen Künstlers Gustavo mit Computerhilfe aufgebracht wurde. „Das 18- bzw. 21-geschossige Doppelhochhaus … ist ein DDR-Typen-Doppelhochhaus und wurde Anfang der 1980er-Jahre beim Bau des Wohnviertels Lichtenberg Nord errichtet.“, so Wikipedia. Aber hier irrt das Online-Lexikon, denn als ich am 1. Juli 1981 meine Arbeit als „1. Fachverkäufer Obst-Gemüse“ in der daneben stehenden „HO-Kaufhalle“ begann, stand besagtes Hochhaus bereits seit einigen Jahren. Ich vermute, es wurde bereits 1976 /77 errichtet. Der Investor in den 90er-Jahren hat für die Sanierung samt Kunstaktion insgesamt 23 Millionen DM gezahlt. Das Haus mit seinen 296 Wohnungen ist gut vermietet. Das Kunstwerk wurde am 6. Oktober 1999 feierlich eingeweiht.

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin
Die genietete Stahlbrücke der S-Bahn über die Gütergleise am Bf Storkower Straße – an dieser Stelle wechseln die Personengleise innerhalb des Rings von innen nach außen. Foto: rg

Der gesamte Ringbahngraben gehört weiterhin zum Prenzlauer Berg. Zwischen den Gebäuden der Werkstätten der „Integral Bürgerinitiative für Menschen mit Behinderungen e. V.“ in der Hermann-Blankenstein-Straße und der Ringbahn steht der einzige Hochspannungsmast am Prenzlauer Berg. Weil hier der Ringbahngraben so sehr tief in das Gelände eingeschnitten ist, entschlossen sich die Energiebetriebe in Berlin, damals die BEWAG, die Hochspannungskabel an dieser Stelle nicht unterirdisch zu verlegen, sondern den billigeren oberirdischen Weg zu nehmen. Danach folgt an der Ecke Hermann-Blankenstein-Straße / Eldenaer Straße ein derzeit noch unbebautes Grundstück auf dem bis in die frühen 90er-Jahre Gleisschleifwagen der BVG, der ehemaligen sogenannten „Flachbahn“ stationiert waren. Der Prenzlauer Berg endet am nördlichen Bürgersteig der Eldenaer Straße, die Straße selbst ist bereits Friedrichshain. Auch der Ringbahngraben gehört noch bis zum Übergang der Eldenaer in die Scheffelstraße noch zum Stadtbezirk. Ab der Scheffelstraße ist man bereits in Lichtenberg. Unter der Brücke sind S-Bahn- und Gütergleise recht auffallend getrennt. Bis vor wenigen Jahren befanden sich in dieser Trennung Kleingärten, die an (ehemalige) Reichsbahner verpachtet waren.

Rolf Gänsrich, Jan 2018

www.rolfgänsrich.wordpress.com