DIE BEZIRKSGRENZE (6)

Die Weißenseer Spitze

In dieser Folge unserer kleinen Reihe über die historischen Grenzen des Prenzlauer Berg sind wir heute an der Weißenseer Spitze. Bereits im letzten Monat erklärte ich an dieser Stelle, woher diese Namensgebung im Volksmund stammt, von dem hier spitz auf die anderen beiden Stadtteile zulaufenden heutigen Stadtteil Weißensee. 

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin
Das ehemalige Stummfilmkino Delphi, von außen bröckelt noch die marode Fassade, innen brummt hingegen schon wieder das Leben

Die Prenzlauer Promenade ist die Grenze zwischen Weißensee und Pankow. Eine Randinfo sei gegeben: Wer den Verlauf der Prenzlauer Promenade in gerader gedachter Linie in Richtung Süden verlängert, und nicht dem abknickenden Verlauf der Prenzlauer Allee folgt, stößt direkt auf die Naugarder Straße, die 1910 als Ausfallstraße für die Prenzlauer Allee angelegt wurde.

Der Caligariplatz trägt seinen Namen erst seit dem 17. Juni 2002 und ist benannt nach dem von der Weißenseer Decla-Filmgesellschaft 1919 gedrehten Film "Das Cabinet des Dr. Caligari", einem Klassiker der Stummfilmzeit. Am vorher unbenannten Platz, dessen jetziger Name an die einstige Filmstadt Weißensee erinnern soll, liegt das Kunst- und Kulturzentrum Brotfabrik. Von diesem Platz aus ist die weitere Grenze des Prenzlauer Berg bis zur Greifswalder Straße relativ schwer nachzuzeichnen. Bis zur Goethestraße ist sie noch halbwegs nachvollziehbar. Unmittelbar an der Ecke Ostseestraße / Prenzlauer Promenade, etwa in Höhe der Abzweigung der Gustav-Adolf-Straße beginnt diese Grenze. Auf Luftbildaufnahmen (z. B. bei google) kann man aus der Vogelperspektive deutlich die Altbauten aus der Kaiserzeit erkennen, die zu Weißensee gehören und das erst in den letzten ca. zwanzig Jahren entstandene Gewerbegebiet an der Ostseestraße, das zum Prenzlauer Berg gehört. Die Grenze verläuft also zwischen der Lehderstraße und der Ostseestraße. Autohäuser, Super- und Drogeriemärkte sind angelegt und ein gewaltiger und sich im Sommer „wunderbar“ aufheizender Parkplatz dominiert dieses Bauensemble.

Das zwischen Prenzlauer Promenade und Lehderstraße liegende, ehemalige Delphi-Stummfilmkino, harrt seines Wachküssens, hat man als Außenstehender oder Vorbeireisender den Eindruck. Das Kino wurde erst 1929 als letztes Berliner Stummfilmkino eröffnet. In den darauf folgenden Jahren immer mal wieder saniert und mit vor allem neuer Tonfilmtechnik ausgestattet, wurde es erst 1959 geschlossen. 2006 erwarb Andreas Jahn das Gebäude, führte dringend notwendige Sicherungsmaßnahmen durch und bewahrte das Haus vor dem sicheren Verfall. 2013 übernahm das Künstlerpaar Brina Stinehelfer und Nikolaus Schneider das Haus mit einem auf 20 Jahre ausgelegten Mietvertrag.

Rolf Gänsrich, November 2016