DIE BEZIRKSGRENZE (7)

Zwischen Lehder- und Roelkestraße

Wie bereits in den letzten Ausgaben berichtet, „hangel“ ich mich in dieser kleinen Reihe an den Grenzen des Prenzlauer Berg entlang. Zwischen der Goethestraße und Hosemannstraße nimmt der Grenzverlauf fast schon unwirkliche Züge an.

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin
In der Goethe Straße kann man sich genau auf die Stadtteilgrenze stellen, das Wohnhaus ist Prenzlauer Berg, die Fabrik bereits Weißensee

Wieder liegt er quer im Block, hier parallel zur Lehder- und Paul-Grasse-Straße. Während die Goethestraße an der Ostseestraße quasi mitten am Prenzlauer Berg beginnt und tief nach Weißensee bis zur Charlottenburger Straße hinein reicht, endet die Gubitzstraße, von der Grellstraße kommend, als Sackgasse hinter der Paul-Grasse-Straße direkt an der Wand, die das Ende des Prenzlauer Berg ist. Kurios ist dann auch das Schild der nächsten zur Gubitzstraße parallel laufenden Straße: Der Wechsel zwischen Hosemann- und Roelkestraße ist nicht etwa logisch an irgendeiner Straßenkreuzung – sondern wie bereits in dieser Serie beschrieben, beim Stadteinwärtswechsel von der Berliner Straße zur Schönhauser Allee – genau wie dort, mitten im Straßenverlauf. Die Hosemannstraße selbst kann, wenn man sie immer weiter geradeaus fährt, sehr weit reichen. Sie heißt ab, wie beschrieben, Weißensee nun Roelkestraße. Ab dort, wo der 255er-Bus am Schwarzelfenweg endet, heißt sie Darßer Straße. Diese wird hinter der Kreuzung Hansastraße / Falkenberger Chaussee zum Malchower Weg. Ab Dorfkern Hohenschönhausen heißt sie erst Wartenberger Straße, dann Rhinstraße. Ab Tunnel Alt-Friedrichsfelde läuft sie unter „Am Tierpark“ und wird hinter der Einmündung der Sewanstraße zur Treskowallee. Hier kann man sich entscheiden. Läuft man gerade aus weiter, gelangt man über die Waldowallee zur Wuhlheide und dann weiter bis zum Schlossplatz in Alt-Köpenick, wo dieser Strang endet. Folgt man hingegen der Treskowallee nach rechts weiter, kommt man zum Bahnhof Karlshorst. Hinter den ehemaligen russischen Kasernen wird sie fortgesetzt als Edisonstraße und Brückenstraße. Dieser Zweig endet am Bahnhof Schöneweide.

Die Straße, auf der ich mich für die Recherche zu diesem Artikel bewegt habe, ist die Paul-Grasse-Straße. Sie wurde erst Anfang der 50er-Jahre angelegt und bebaut und hat ihren Namen seit dem 5. Oktober 1953. Vorher waren hier, wie fast überall im Weichbild des Prenzlauer Berg noch um 1920 herum, Kleingärten. Paul Grasse, geboren am 23.12.1883, war Mitglied der KPD und musste 1933 nach Frankreich emigrieren, wo er weiterhin gegen die NS-Diktatur in Deutschland kämpfte. Ende 1943 wurde er in Frankreich verhaftet, an die Gestapo verraten und ins KZ Buchenwald eingeliefert, wo er 1945 an der Selbstbefreiung der Häftlinge teilnahm. 1946 starb er an den Folgen der Haft.

Rolf Gänsrich, Jan. 2017