Unbekannte Ecken (25)

Dänenstraße

So ganz und gar unbekannt ist die Dänenstraße ja nun doch nicht, wie mir letztens ein „Ureinwohner“ erklärte. Und was ist mit den anderen „Wahl-Berlinern“, die in den letzten Jahren an den Prenzlauer Berg gezogen sind? Für jene habe wir diese Reihe ins Leben gerufen.

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin
Am Ende der Dänenstraße: M 29, ein "dauerhaft kollektiv selbstverwaltetes Mietshaus"

Einmalig ist die Dänenstraße auf jeden Fall. Sie ist nur einseitig bebaut und führt komplett entlang des Ringbahngrabens, von der Schönhauser Allee bis zur Malmöer Straße. Für Fans der Berliner S-Bahn war eine Wohnung hier schon immer das Sahnehäubchen in ihrem Leben, alle anderen fühlen sich vermutlich genervt. „Aber man gewöhnt sich dran!“, erzählt mir ein Anwohner.

Seit dem 4. Juli 1904 trägt die Straße diesen Namen, davor war es die „Straße Nr.12, Abt. XI des Bebauungsplanes“. Die Autobrücke zur Sonnenburger Straße im Gleimkiez wurde während der letzten Kriegstage durch Panzer zerschossen, um den Vormarsch der Sowjetarmee in die Innenstadt zu behindern. Die einstigen Brückenlager sieht man noch. Wiederaufgebaut wurde sie nach dem Krieg nur für Fußgänger.

Ganz am Ende der Dänenstraße und rein postalisch zur Malmöer Straße gehörend, liegt direkt entlang der Bahn das Wohnprojekt „M 29“. Auf seiner Homepage steht: „Wir sind ein Neubauprojekt, aber keine Baugruppe. Der Unterschied ist: ... wir haben keine Eigentumswohnungen gebaut, sondern ein dauerhaft kollektiv selbstverwaltetes Mietshaus. In diesem Haus gibt es stabile Mieten, Räume für gemeinsames Wohnen jenseits von Vereinzelung sowie Projektflächen für politische und kulturelle Arbeit im Stadtteil.“

Die Straße dominierend ist hingegen die, so Wikipedia „... katholische Kirche St. Augustinus ...“ sie „… ist ein spätexpressionistisches Bauwerk der Architekten Josef Bachem und Heinrich Horvatin aus den Jahren 1927/1928 und steht unter Denkmalschutz. Seit dem Jahr 2003 gehört sie zum Pfarrbezirk Heilige Familie in Prenzlauer Berg ...“

Ab dem 25. Dezember 1952 wurden etwa ab Höhe Driesener Straße die Gütergleise der Bahn mit einer Stromschiene „benagelt“. Dies machte es möglich, dass fort an S-Bahnen von Schönhauser Allee direkt zum Bahnhof Pankow fahren konnten. Vorher war das nicht möglich („Jesundbrunnen! Pankow umsteijen!“, kennt der „Urberliner“ noch als Bahnhofsansage). Allerdings war aufgrund des hohen Güterverkehrs nur ein 40-Minuten-Takt möglich. Erst nach dem Mauerbau wurde die sogenannte „Ulbrichtkurve“ zwischen Pankow und Schönhauser Allee am 10. Dezember 1961 fertiggestellt. In Höhe Dänenstraße / Malmöer Straße tuteten die Züge laut, sie beschleunigten meist auf Höchstgeschwindigkeit und hatten die Strecke mit mindestens 40 km/h zu durchfahren. Die Notbremsen wurden ausgeschaltet. 1984 gelang dennoch jemandem, aus einem Schnellzug, der diese nicht abgestellt hatte, über die Grenzanlagen Richtung Westen zu fliehen. Bis zum Wiederaufbau des Rings konnte man von der Dänenstraße aus noch alte Stellwerksgebäude und Kehranlagen von vor dem Mauerbau sehen, denn der Bahnhof Schönhauser Allee galt bis dahin als „letzte Station im demokratischen Sektor“. Letzteres ist nachzulesen im Buch „Ring über Ostkreuz“ von Erich Wildberger von 1953.

Rolf Gänsrich, Jan. 2016