AUF DEN GRENZEN DES STADTBEZIRKS (TEIL 54)

bis zur Grüntaler Straße …

In dieser Folge der Serie, die wir in diesem Jahr wohl beenden werden, gehen wir auf der Verlängerung der Norweger Straße weiter, unter der Bösebrücke hindurch. Schuhe hängen heute unter der Brücke genau da, wo einst Stacheldraht auch an ungewöhnlichen Orten den Weg nach Westen versperrte. 

 

Das hier unten ist das eigentliche, das normale Geländeniveau. Mit Pferdekarren, kleinen, schmalspurigen Feldbahnen und dampfbetriebenen Kettenbaggern war der Anstieg zur Brücke einst auf beiden Seiten der Bahn aufgeschüttet worden, viel Handarbeit mit Schaufeln dabei. 

Mit Beginn der Grenzsicherung am 13. August 1961 wurde die Kleingartenanlage Bornholm ab der Björnsonstraße zum nicht öffentlichen Sperrgebiet. Ich bin mir nicht sicher, ob man als Normalbürger die Kleingartenanlage von der Straßenbahnschlaufe Björnsonstraße zur Esplanade hin überhaupt queren durfte. Sicher ist, dass westlich dieses Weges nur noch Zutritt hatte, wessen Datsche dort stand. Die Norweger Straße ist entlang der Bahn auf Plänen bis zur Esplanade hoch gekennzeichnet. Vermutlich war sie bis zum Mauerbau nur ein weiter Weg innerhalb der Gartenkolonie und wurde dann zum Postenweg für die Grenzer. Die Gärten zwischen dem Postenweg und der Bahn verschwanden völlig. Auf der Ostseite verschwand die komplette erste Reihe der Gärten neben ihm. 

#prenzlauerberg
Der Fotograf R.G. steht in der Grünthaler Straße im Wedding, das Verkehrsschild "Verbot für Fahrzeuge aller Art" markiert den Beginn des Bezirks Pankow, die Brücke im Vordergrund gehört zur Nordbahn, die rechte Brückenstützmauer zu Prenzlauer Berg.

Deutsche und Japaner haben ja seit langem ein recht inniges Verhältnis zu einander. Weil wir nie im Krieg miteinander standen? Weil uns ein ähnliches und zeitgleiches Schicksal im 20. Jahrhundert miteinander verbindet? Entlang des gesamten ehemaligen Postenweges rund um Berlin stehen heute japanische Kirschbäume, gespendet von japanischen Mitmenschen. Die Aktion geht auf den TV-Sender TV Asahi zurück. Er rief 1990 zu einer großen Spendenaktion in Japan auf, nachdem dort Mauerfall und deutsche Einheit große Begeisterung verursacht haben. Rund 20.000 Japaner spendeten umgerechnet rund eine Million Euro. Letztendlich wurden mehr Bäume gespendet, als am Streifen gepflanzt werden konnten und so landeten einige davon unter anderem im Thälmannpark. 

Der Prenzlauer Berg geht bis zur Südseite der Esplanade. Folgt man ihrem Verlauf ab der Dolomitenstraße weiter Richtung Westen, trifft sie als Weg zuerst auf die Verlängerung der Norweger Straße, führt dann unter den gesamten Bahnanlagen hindurch und wird auf Weddinger Seite durch die Grüntaler Straße fortgesetzt. Bis über die Bahnanlagen hinweg und genau zu jenem Punkt, wo aus der Esplanade die Grüntaler Straße wird, reicht das Gebiet des Prenzlauer Berg.

Nördlich dieses Gebietes, hinter der Trennung von Nord- und Stettiner Bahn, gibt es eine gewollte Brache, einst Grenzgebiet, als Grünfläche, die als „Nasses Dreieck“ bekannt ist. Auf Westberliner Stadtplänen von 1956 ist eine Eisenbahntrasse vom Güterbahnhof Pankow zur Wollankstraße eingezeichnet, die auf Ostberliner Stadtplänen aus demselben Jahr nicht mehr eingezeichnet ist, die aber die Erklärung für den Namen der Brache ist.

Rolf Gänsrich, Juni 2021