DIE BEZIRKSGRENZE (31)

Das Frauengefängnis Barnimstraße

In dieser Folge gehen wir von der Otto-Braun-Straße etwa zweihundert Meter in die Barnimstraße hinein. Ein blauer, etwa 30 Zentimeter breiter Streifen auf dem in Laufrichtung rechten Fußweg führt uns zum Standort des ehemaligen Berliner Frauengefängnisses. Dort, wo die Barnimstraße einen Bogen nach rechts über Parkplätze einschlägt, trifft man links auf ein abgezäuntes Areal und die Weinstraße, die hier nur als reiner Geh- und Radweg existiert. Direkt an diesem Zaun ist eine Gedenktafel. Man folgt weiter dem blauen Band nach links in die Weinstraße.

Genau so weit ist es von der Friedenstraße aus. Hier geht man in die Weinstraße hinein und folgt dem blauen Band im Fußweg. Dabei kommt man an einem privat betriebenen DDR-Museum und an einer „original DDR-Speisegaststätte“ vorbei. Vor dem Haupteingang der „Schule am Königstor“, einer Sekundarschule, treffen sich diese beiden Bänder. Auf der einen Seite der Weinstraße ist der Haupteingang zur Schule, auf der anderen der Haupteingang zu einem Übungsplatz der Jugendverkehrsschulen.

Frauengefängnis Berlin Prenzlauer Berg
Die ehemalige Frauengefängnis existierte bis 1974. Foto: rg

Makaber: genau an der Stelle, an der heute der Zugang zum Übungsplatz ist, befand sich früher der Haupteingang zum Berliner Frauengefängnis. Beim Platzwart im „Geräteschuppen“ kann man sich einen Audioguide holen und das Gelände erkunden.

Das Frauengefängnis war von 1864 bis 1974 eine Haftanstalt in der Berliner Königsstadt, die 1920 mit der Gründung Groß-Berlins auf die Bezirke Mitte, Friedrichshain und Prenzlauer Berg aufgeteilt wurde. Es ist ursprünglich als „Schuldgefängnis“ gebaut, also für Leute, die ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen waren. Nach der Abschaffung der „Schuldhaft“ in Preußen wurde es 1868 zum „Königlich-Preußischen Weiber-Gefängnis“ umgebaut und erweitert. Dazu wurden eine Entbindungs- und eine Mutter-und-Kind-Station eingerichtet. Mit einem von 1910 bis 1913 errichteten Erweiterungsbau war es das modernste Gefängnis der Stadt und bot Platz für 210 Insassen. Für erkrankte Häftlinge gab es darüber hinaus ein Lazarett.

Wegen der Arbeitsmöglichkeiten in der ehemaligen Spindlerschen Großwäscherei wurde 1974 in Berlin-Köpenick eine komplett neue Frauenhaftanstalt gebaut. Diese Großwäscherei wurde 1871 von Wilhelm Spindler auf 50 Hektar Köpenicker Feldmark errichtet und bekam sogar einen eigenen Bahnanschluss für Personen- und Güterverkehr. „Spindlersfeld“ war die erste industrielle chemische Großreinigung in Deutschland. Die Familie Spindler liegt auf dem St. Nicolai- St. Marienfriedhof am Prenzlauer Tor. Spindlers wurden 1946 enteignet, der Betrieb aber von staatlicher Seite weiter geführt. Die Wäscherei firmierte 1961 als VEB Vereinigte Wäschereien Berlin Rewatex (abgeleitet von „reinigt und wäscht Textilien“) und wurde weiter ausgebaut.

Das Gefängnis in der Barnimstraße wurde ab 1974 abgerissen. Auf dem Gelände wurde zunächst ein Sportplatz mit Turnhalle, Betonboden und Sprunggrube und in den 1990er-Jahren ein Verkehrsgarten eingerichtet. Zu den prominentesten Gefangenen gehörte sicher Rosa Luxemburg. In der Nazidiktatur wurden hier viele „Politische“ inhaftiert, deren Namen heute Straßen tragen wie unter anderen Olga Benario-Prestes, Anna Ebermann, Judith Auer, Elli Voigt oder Liselotte Herrmann.

Rolf Gänsrich, April 2019

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