Nachruf zum Tod von Achim Mentzel und Ekki Göpels

Als ich mal von Nina träumte

Bei ihrem Konzert im Rahmen des Kurt-Weill-Festes 2016 treffe ich die im Prenzlauer Berg aufgewachsene NINA HAGEN. Nach der beeindruckenden Musik Weills bitte ich Nina Hagen, mit der ich seit vielen Jahren freundschaftlich verbunden bin, mir ein wenig über ihre kürzlich gestorbenen Freunde & Kollegen Achim Mentzel, Ekki Göpelt und David Bowie zu erzählen: „Oh Mann, mein alter lieber Genosse aus der Winsstraße, Du weißt doch, dass ich nach der Zeit bei meiner ersten Band „Automobil“ zu „Fritzens Dampferband“ – einer „Spaßband“ gekommen bin. Da habe ich den Achim zum ersten Mal getroffen. (Du weißt doch, dass ich als Kind regelmäßig von der Stargarder Straße mit meinen flotten Rollschuhen zum Papa in die Winsstraße gelaufen bin – vorher hatte ich ein wenig die Kaffeekasse meiner Mutter, Eva Maria Hagen, geplündert, weil Papa Hans-Oliva Hagen nicht immer 'nen richtigen Job hatte).

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Achim Mentzel, † 4.1.2016

Achim Mentzel, * 15. Juli 1946, ebenfalls in Prenzlauer Berg aufgewachsen, absolvierte

nach der Schule eine Ausbildung als Polsterer und Dekorateur und spielte bei „Vorwärts Berlin“ Fußball. Seine erste Band gründete er 1963 das „Diana Show Quartett“; die Westrock spielende Musikgruppe erhielt im Territorium der DDR 1965 Auftrittsverbot. Mentzel musste zur „Fahne“, um danach wieder in seinem erlernten Beruf zu arbeiten. Im Sommer 1973 setzte er sich anlässlich einer Konzertreise im Saarland ab und verdiente sich seine Brötchen tags als Schweißer, nachts als Musiker ...

Sein „Westbesuch“ dauerte nur wenige Monate; zurück in der DDR erwartete ihn die Bestrafung: 10 Monate Gefängnis, ausgesetzt für 2 Jahre zur Bewährung. Er wechselte mehrfach die Musikgruppen, um dann ab 1975 zusammen mit der Hagen (damals 20!) für mehrere Jahre in „Fritzens Dampferband“ Musik zu machen. Das war der Start einer einzigartigen Karriere als Musiker, TV-Moderator, Schauspieler und rastlos reisender Unterhaltungskünstler – im Westen wurde Mentzel später als das „zottelige Zonenmonster“ verspottet. Er ist am 4. Januar 2016 im Alter von 69 Jahren in Cottbus an einem Herzinfarkt gestorben.

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Nina Hagen und Achim Mentzel spielten in Fritzens Dampferband

Nina Hagen:

„Die gemeinsame Zeit in Fritzens Dampferband bescherte uns unsere ersten nachhaltigen Erfolge: Die von Achim gesungene Hymne für den 1. FC Union „Stimmung in der Alten Försterei“ (1979) und mir „mein“ Lied: „Du hast den Farbfilm vergessen ...“ (1974).

Meine Traurigkeit über den frühen Tod vom Achim wiegt ebenso schwer wie der plötzliche, unvorhersehbare Tod vom Ekki:

Seine Liebe zu Schlagern prägte sein Leben: Ekki Göpelt. * 1. Januar 1945 in Nerchau/Sachsen, † 25. Februar 2016 in Berlin.

Die große Bühne war seine Sehnsucht von Kindesbeinen an; Vater Göpelt – Lehrer, Kantor, Tanzmusiker zu seinem Sohn: „Mach' was Du willst, aber zuerst wird ein richtiger Beruf gelernt!“ Deutsch- und Musiklehrer wurde Göpelt und seine Schüler – unter ihnen der bekannte Schauspieler Ulrich Mühe – waren angetan von der Begeisterungsfähigkeit ihres Lehrers. Bei der Mutter von Frank Schöbel, Erna Bringmann, nimmt er nach 7 Lehrerjahren Gesangsunterricht. Vor dem Weg zum Schlagersänger steht erst mal das „Studio für Unterhaltungskunst“ in Berlin.

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Ekki Göpelt, † 25.2.2016

Dort trifft der 28-jährige Ekki auf die blutjunge, 18-jährige Nina Hagen. Die beiden Künstler freunden sich an, vertrauen einander. Ekki fühlt sich jedoch in der Hauptstadt der DDR nicht so richtig wohl – er ist schwul. Die Ablehnung als Homosexueller durch Kollegen und Konzertveranstalter spürt er tagtäglich: Auftritte und Konzerte werden ihm versteckt verwehrt.

In langen Gesprächen erzählt er Nina von seinen ersten Kontakten zum weiblichen Geschlecht, bei denen er merkte, dass seine Gefühle eine andere Orientierung haben:

„Nina nahm mir damals  meine Hemmungen!“ Sie sagte zu mir: „Du bist ja verrückt; ich kenne hier viele Schwule. Komm mit; wir ziehen durch ein paar Kneipen, die Du noch nicht kennst!“

Ekki Göpelt: „Nina hat mir durch ihre Offenheit und Klarheit geholfen, selbstsicher zu werden und zu meinen Gefühlen zu stehen – wir sind gute Freunde geworden.“

Seine Radiomoderationen beim rbb machen den Künstler, der nie einen Hit gelandet hat, zu einer Institution, der sein lebendiges Lebenszentrum im Gleimkiez des Prenzlauer Berges hat. An den Folgen einer Operation stirbt er im Beisein seines langjährigen Lebenspartners Michael Niekammer.

Nina Hagen:

„Dieses Jahr hat für mich schlimm begonnen: Nach David Bowie sterben viel zu früh zwei liebe Freunde, Kollegen, Weggenossen. Nur mein unerschütterlicher Glaube an unseren Bruder und Herrn Jesus Christus lässt mich nicht verzweifeln. Ich bete für Achim, David und Ekki, denke an sie und freue mich, dass sich unsere Wege gekreuzt haben.“

Christian Robbe – Karsamstag 2016