BREMER HÖHE

Sozial, ökologisch, genossenschaftlich

In der Bremer Höhe ist einiges anders als in anderen Quartieren des Prenzlauer Berges. Die Mieter sind Genossenschaftler, teilen Gebäude, Freizeit und einen Konsens-Gedanken miteinander. Ein Modell, das vielfach Anerkennung findet.

 

Es ist schon beinahe 20 Jahre her, am 27. Januar 2000, da gründeten 43 Bewohnerinnen und Bewohner des Ensembles zwischen Gneist- und Buchholzer Straße in Prenzlauer Berg und acht Unterstützer die Wohnungsbaugenossenschaft „Bremer Höhe” eG. Sie wollten den Verkauf der 49 Häuser an einen Investor verhindern und den Mietern ihr Wohnraum sichern. Ein politischer Akt in einer Zeit, die später als Gentrifizierung bezeichnet werden sollte. Den Gründungsmitgliedern besonders wichtig: Dass sie bei der anstehenden Sanierung der Gebäude ein Mitspracherecht haben und ihr Miteinander selbst gestalten können. Das Wohnen und Leben in gewohnter Umgebung, die Gestaltung des Umfelds, soziale Sicherheit durch bezahlbare Mieten und die Beibehaltung der gewachsenen Mieterstruktur waren ihre primären Ziele. Ein Verantwortungsgefühl für die unter Denkmalschutz stehende Bausubstanz war ebenso Motivation für den gewagten Schritt. Die Anlage stammt aus den 1850er Jahren.

Bremer Höhe, Berlin Prenzlauer Berg
Außen Baudenkmal, innen Genossenschaft: Die Bremer Höhe. Foto: A. Bachmann

Expandierendes Erfolgsmodell

Mit Mut, eigenem finanziellen Aufwand, öffentlicher Unterstützung und großem Engagement der Mitglieder der jungen Genossenschaft wurden die 521 Wohnungen im Frühjahr 2000 gekauft und in den Jahren 2001 bis 2003 umfangreich saniert. Viele, damals leerstehende, Wohnungen wurden zusammengelegt, um mehr Platz zum Wohnen zu schaffen. Jetzt gibt es in der Bremer Höhe 460 Wohnungen, die kleinste ist 29 Quadratmeter groß, die größte 160 Quadratmeter. 

Seit diesem Start im Jahr 2000 ist die Genossenschaft mit ihrem erfolgreichen Modell expandiert. Sie hat je ein Haus in Friedrichshain, Kreuzberg und Schöneberg, eine Wohnanlage in Lichtenberg und eine Wagenburg erworben. Als jüngste Mitglieder kamen die Wohnhäuser des ehemaligen Stadtguts Hobrechtsfelde am nördlichen Stadtrand von Berlin dazu. Alle wurden gemeinsam mit den Bewohnern saniert, um ihr Ziel, guten und vor allem bezahlbaren Wohnraum langfristig zu sichern, auch mit anderen Mietern umzusetzen. Die WBG Bremer Höhe eG hat derzeit rund 700 Mitglieder und einen Bestand von 700 Wohnungen und Gewerbeeinheiten. Alle Wohnungen wurden umfassend instandgesetzt und zeitgemäß auf hohem ökologischen Niveau modernisiert.

Zahlreiche Wünsche der Bewohner in Hinblick auf individuelle Gestaltung und Ausstattung konnten dabei verwirklicht werden. Die kalkulierten Gesamt- und Baukosten wurden stets eingehalten. Mit fast allen Bewohnern konnte die Sanierung auf dem Vereinbarungswege umgesetzt werden. Der auf Konsens beruhende genossenschaftliche Ansatz hat sich bewährt; das soziale Ziel des Erhalts der gewachsenen Nachbarschaften wurde erreicht. 

Bremer Höhe, Berlin Prenzlauer Berg
Außen Baudenkmal, innen Genossenschaft: Die Bremer Höhe. Foto: A. Bachmann

Zusammenleben von Jung und Alt

Nicht nur sozial, auch ökologisch können sich Bremer Höhe und Co. sehen lassen. Strom und Wärme werden in den großen Wohnanlagen ökologisch vor Ort mit Blockheizkraftwerken erzeugt. Die Anlagen werden von der Berliner Energieagentur betrieben. Den Bewohnern entstehen durch dieses Betreibermodell keine Mehr- sondern Minderkosten. Die durchschnittlichen Kosten für Heizung und Warmwasser liegen deutlich unter denen vergleichbarer Gebäude. 

Um auch den älteren Bewohnern der Bremer Höhe, von denen einige seit über 70 Jahren hier wohnen, angemessene Wohnbedingungen zu bieten, hat die Genossenschaft 22 altengerechte und behindertenfreundliche Wohnungen saniert und zwei weitere errichtet. Mehr als ein Drittel des gesamten Wohnungsbestandes ist für Familien gedacht – mit mindestens drei bis zu sechs Wohnräumen.

 

Hohe Nachfrage

Die Nachfrage nach Wohnungen in der Bremer Höhe ist groß - trotz oder vielleicht auch gerade weil die neuen Mieter der Wohnungen Mitglieder der Genossenschaft werden müssen. Sie zahlen dafür Kapital ein, das garantiert ihnen nicht nur günstige Mieten und ein Mitspracherecht, das auf Konsens beruht. Das genossenschaftliche Leben stärkt die Bindung der Bewohner an ihr Quartier und erhöht die Verantwortung für das soziale und städtebauliche Umfeld. 

Die Bremer Höhe hat ein lebendiges soziales Leben. Regelmäßig wird im Info-Blatt über alle wichtigen Ereignisse und Fakten berichtet. Die Wohnhöfe wurden unter Einbeziehung der Bewohner geplant und gestaltet. In jedem Jahr gibt es ein gut besuchtes Sommerfest. In der „Tauschbörse Bremer Höhe” bieten Bewohner ihre persönlichen Güter anderen Haushalten zur Mitnutzung an. Dies hilft Geld sparen und bietet Gelegenheit des gegenseitigen Kennenlernens. Eine Geschichtswerkstatt, eine Arbeitsgemeinschaft zur Verkehrsberuhigung und andere Initiativen tragen zum Zusammenhalt in der Genossenschaft bei.

Soviel soziales und ökologisches Miteinander ist preisverdächtig. Die Genossenschaft erhielt für ihr Engagement in diesem Sommer den Freiheitspreis des Domstifts Brandenburg/Havel. Und nicht zuletzt: Das Modell der Bremer Höhe kann ein gutes Beispiel dafür sein, wie zukunftsfähiges Leben und Wohnen in der Großstadt Berlin aussehen kann.

-red-, Dez. 2018