KIEZFÜHRER

25 inklusive Lieblingsorte

Orte für alle. Orte ohne Barrieren jeglicher Art oder mit Barrieren, die überwindbar sind. Der Kiezführer „Lieblingsorte Prenzlauer Berg“ listet 25 inklusive Orte auf. Erstellt von Menschen mit unterschiedlichen Handicaps, lädt er zum Mit-Bummeln und Neu-Entdecken.

 

Das ist eine schöne Vision: Ganz Prenzlauer Berg ein Lieblingsort für alle, die hier leben oder zeitweilig hierher kommen: Ob jung oder alt, sehend oder blind, mobilitätsbeeinträchtigt oder fremdsprachig. Ein Ort, der keine Barrieren braucht – keine räumlichen, sprachlichen oder kulturellen. Möglicherweise ist der Kiezführer „Lieblingsorte in Prenzlauer Berg“ ein erster Schritt hin zu dieser Vision. Wenn es einfach keine Rolle spielt, wie jemand lebt, wie er die Welt wahrnimmt oder wie er sich darin bewegt.  

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Erstellten einen inklusiven Kiezführer: Das Team von „LieblingsOrte Prenzlauer Berg“. Foto: Christian Peth

Kieze neu entdecken

Der Kiezführer lenkt den Blick auf Orte, die wir fast alle kennen und jetzt neu entdecken können. „Was macht den Prenzlauer Berg so besonders?“, lautet eine Frage im Vorwort des Kiezführers. Die Menschen, die den Kiezführer erstellt haben, haben dazu ihre Antworten geschrieben. „Hier wohnen viele tolerante Menschen“ lautet eine von ihnen. „Alle Orte sind gut zu erreichen“, eine andere. 25 Lieblingsorte verzeichnet dieser Band, zum Einkaufen und Bummeln, für Sport und Kultur in der Freizeit; Restaurants und Cafés, die grünen Oasen und Geheimtipps. Beim ersten Durchblättern lassen sich die Highlights finden: Mauerpark und Kulturbrauerei, Konnopkes Imbiss und Prater. Beim zweiten, vertiefenden Blättern fallen die Beschreibungen der Orte auf. „Es gibt Rampen und ein rollstuhlgerechtes WC“, heißt es über den Prater. „Der Markt ist manchmal sehr voll“, heißt es über den Wochenmarkt am Kollwitzplatz. Und über den Spätkauf in der Choriner Straße: „Der Ort ist nicht barrierefrei. Es gibt jedoch einen Haltegriff an der Treppe und nette Menschen, die einem helfen.“

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25 Lieblingsorte und drei Spaziergänge zu Geheimtipps listet der Kiezführer auf.

Zwölf Menschen unterschiedlicher Beeinträchtigung haben sich ein Jahr lang für diesen Kiezführer ehrenamtlich engagiert. Sie haben ihre Lieblingsorte aufgelistet, besucht, mit Inhabern und Betreibern gesprochen und aus den Orten kurze Porträts gemacht – in Text und Bildern. Sie haben sich über dieses gemeinsame Entdecken auch untereinander kennengelernt – und das Thema Inklusion in die Mitte des Prenzlauer Berg gebracht, sagt Anne Lemberg, die Leiterin des Stadtteilzentrums am Teutoburger Platz. Das Zentrum war Ausgangspunkt des Projektes und gleichzeitig Partner, im Verbund mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband und dem Bezirksamt. „Der Weg war das Ziel“, sagt Christian Peth, Bezirksbeauftragter beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Berlin. Der Verband hat bereits vor einigen Jahren ähnliche Kiezführer in Pankow und Weißensee initiiert und finanziell gefördert. „Den Lebensraum entdecken und daran teilhaben“, sei ein wichtiges Anliegen für die Beteiligten des Projekts. Das ist inzwischen zum deutschlandweiten Modell für Teilhabe und Sichtbarkeit geworden: Auch Einrichtungen aus anderen Bundesländern interessieren sich für inklusive Arbeitsgruppen und deren Kiezführer.

 

Inklusion sichtbar machen

Das Thema Inklusion in die Mitte des Prenzlauer Berg bringen. Wer lebt hier? Menschen im Rollstuhl oder Menschen mit anderen Beeinträchtigungen sind auf den Straßen selten zu sehen. In Wohnprojekten sozialer Verbände leben unter anderem Menschen mit geistiger Beeinträchtigung. Im Dunkelrestaurant arbeiten Menschen, deren Sehfähigkeit gemindert oder die blind sind. Im Theater RambaZamba spielen Menschen mit Trisomie 21. Aufzählen ließe sich weiter, offenbart die Aufzählung indes auch die Breite des Themas Inklusion: Menschen unterschiedlichster Beeinträchtigungen haben unterschiedliche Bedarfe: Sei es eine leichte Sprache, sei es Blindenschrift, eine Rampe statt der Treppe oder einen Audioguide, der sie begleitet. 

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Gehört zu den 25 Lieblingsorten: Der Prater. Fotos (2): al

Anne Lemberg hat das Projekt auch deswegen an ihr Stadtteilzentrum geholt, weil ihr vor einigen Jahren auffiel, dass kaum Menschen mit Beeinträchtigungen in dieses offene Haus für alle kommen. Sie wollte wissen, warum, und wie sich das ändern lässt. Räumliche Barrieren und geringe Erkennbarkeit dessen, was im Zentrum so gemacht werde – waren die Antworten der Menschen, die sie fragte. Stück für Stück änderte sich dies: Inzwischen gibt es den Newsletter auch in leichter Sprache, gab es einen Gestaltungskurs und einen Tanzworkshop, an denen auch Menschen mit Handicap teilnahmen.

 

Wie es weitergehen kann

Für den Kiezführer „Lieblingsorte Prenzlauer Berg“ trafen sich die Teilnehmenden einmal monatlich im Stadtteilzentrum. Sie leben bzw. arbeiten sonst u.a. in Einrichtungen der Lebenshilfe Berlin, der Berliner Starthilfe und der ZOAR-Gemeinde. Von hier aus starteten sie ihre Erkundungstouren zu den Orten in Prenzlauer Berg. Ein großer Wunsch der Teilnehmenden: dass sie sich auch nach Ende des Projektes weiter im Stadtteilzentrum treffen können.  Und dass sie weiter machen wollen. Zum Beispiel, indem sie auf Spaziergängen durch den Kiez führen und die besonderen Orte neu entdecken lassen. Wie einen speziellen Späti – mit gutem Essen und herzlicher Atmosphäre. Oder ein Kino, das allen offen steht. 

Zur feierlichen Präsentation des Kiezführers übergaben die Teilnehmenden dem Bezirksamt drei Aufträge: Weitere Orte in Prenzlauer Berg barrierefrei zu gestalten; darunter auch die Kulturbrauerei. Und: Ihr Treffen und ihre Arbeit auf verlässlichen finanziellen Boden stellen.

-al-, Jan 2018

Der Band „LieblingsOrte Prenzlauer Berg“ ist u.a. im Stadtteilzentrum Teutoburger Platz, beim Paritätischen Wohlfahrtsverband LV Berlin und im Bezirksamt Pankow erhältlich.

Die digitale Variante gibt’s auf:  www.paritaet-berlin.de