KOLLWITZ-KIEZ

Kulturbrauerei als Kulturstandort

Die Kulturbrauerei verbringt einen weiteren kontaktarmen Winter. Das ändert nichts an der Bedeutung des Areals für Kunst, Kultur, Wirtschaft – für eine berlinweite Ausstrahlung und darüber hinaus. Wie steht es derzeit um die Zukunft des einzigartigen Ensembles?

Das Ramba-Zamba-Theater feiert Winter-Premieren; im Kino in der Kulturbrauerei läuft der neue Diana-Film „Spencer“ – und noch immer der aktuelle „James Bond“, in Originalsprache. Und im Museum der Geschichte sind Fotografien aus der „Zwischenzeit“ der 90er Jahre Ost-Berlins zu sehen. Winterliche Einblicke ins Repertoire der Kulturbrauerei, ein paar zumindest. Mit Literaturwerkstatt und Verlagen, mit Soda-Klub und Kesselhaus, dem frannz-Sommergarten oder den Streetfood-Markets ist der 8.500 Quadratmeter große Standort seit über 30 Jahren ein einzigartiges Kulturensemble. Das nun auch de jure als Kulturstandort festgeschrieben werden soll. 

BEBAUUNGSPLAN ALS SICHERHEIT

Zumindest das hat sich getan. Nach rund fünf Monaten liegt im Bezirksamt ein Papier, das den Kulturstandort Kulturbrauerei sichern kann. Es ist ein Bebauungsplan, der die Umwandlung von Kultur- in Büroräume an diesem Ort verbietet. Damit will der Bezirk verhindern, dass das Areal zu kulturfremden Zwecken genutzt oder verkauft werden kann. 

„Wir stehen jetzt an einer Weggabelung: Ein besonderer historischer Moment für die Kulturbrauerei“, hatte die Mieter:innen-Gemeinschaft des Ensembles im Sommer 2021 Alarm geschlagen, angesichts von  Verkaufsplänen der Eigentümerin TLG an eine Investorenfirma. Die Gemeinschaft warnte vor einer „profit- und renditeorientierten Verwertung der Flächenquadratmeter für ein Unternehmen, das nicht aus Berlin kommt und die kulturellen und kulturwirtschaftlichen Interessen Berlins nicht im Blick hat.“

Davon aufgeschreckt, forderten die Pankower Bezirksverordneten im September 2021 zunächst, dass das Land Berlin das Areal kauft. Weil dies aufgrund der hohen Summe von rund 150 Millionen Euro eher unrealistisch scheint, rückten der Kultur-Bebauungsplan und ein Eintrag ins Grundbuch in den Vordergrund. Das Vorhaben eines ausdrücklichen Ortes für Kunst und Kultur gab es bereits vor Jahren, wurde indes nicht konsequent verfolgt. Der Bebauungsplan mit Datum 2022 kann nun die erwünschte Stabilität schaffen. Berlins Kultursenator Klaus Lederer hatte dieses Papier in der aufgeregten Debatte um die Zukunft der Brauerei angeregt. Wohl auch, weil Berlin das Geld für einen Ankauf nicht hat. 

#prenzlauerberg
Scheint nun de jure als Kulturstandort festgeschrieben: Die Kulturbrauerei. Foto: al

FRAGEN DES MIETVERTRAGS

Der Bebauungsplan ist ein wesentlicher verwaltungstechnischer Schritt für eine Zukunft der Kulturbrauerei. Ein weiterer betrifft den Mietvertrag. Dieser Vertrag zwischen dem Land Berlin und der TLG läuft noch bis zum 31. Dezember 2026; der Senat will sich nun auch dafür einsetzen, ihn zu verlängern. Nach Wunsch der Pankower Bezirksverordneten sollte der Zeitraum mindestens zehn Jahre betragen, mit einer Verlängerungsoption für die Mieter:innen um weitere fünf Jahre. Mieterhöhungen, so das Plädoyer des Pankower Parlaments, sollten maximal der Inflationsrate folgen. 

Und trotz geringer Erfolgsaussichten plädierten die Politiker:innen dafür, „sich beim Senat für den Erwerb der Immobilie durch das Land Berlin einzusetzen, um die kulturelle Nutzung dauerhaft sicher zu stellen und kontinuierlich auszuweiten.“

„HISTORISCHER WENDEPUNKT“

Vom Brauereibetrieb zur Kulturbrauerei. Über die wundersame Geschichte des Standorts wurde viel geschrieben, gefilmt und veröffentlicht, zuletzt vom Sender rbb, mit Musik der 17 Hippies, die ebenfalls in den alten Backsteingemäuern beheimatet sind. Per App und Audioguide lassen sich Geschichte und Gegenwart auch auf dem Gelände selbst erkunden. 

Ein „historischer Wendepunkt“, wie es die Mieter:innen-Gemeinschaft für 2021 angesichts des Verkaufs verkündete, war auch die Eroberung der Brauerei für die Kultur in den Jahren 1990 und 1991. Künstlerinnen und Künstler nahmen das Gelände kurz nach dem Mauerfall in Besitz und gestalteten es zu ihrem Ort, mit finanziellen Mitteln von Bund und Land. Die Freiheit und Aufbruchsstimmung dieser Wende-Jahre machte aus der Brache einen einzigartigen Ort der Begegnung, Künste, des Erlebens. 

Wechselvoll ist indes die Geschichte der Eigentümerin. Die TLG-Treuhandliegenschaftsgesellschaft verwaltete Gebäude und Freiflächen zunächst, wurde von der Bundesregierung 2012 dann an einen US-Investor verkauft. Zwischenzeitlich in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, fusionierte sie anschließend mit dem internationalen Immobilienkonzern Aroundtown.

-red-, Febr. 2022