BÜRGERINITIATIVE MALMÖER STRASSE

„Kleine Erfolge gibt es schon“

Zeitung Prenzlauer Berg magazin
Die Bösebrücke komplett autofrei: Hier bei der Demonstration gegen die Umleitung des Verkehrs durch das Nordische Viertel. Fotos (2): Anke Peters

Die Bösebrücke soll saniert werden, der Umleitungsverkehr bedroht die Anwohner im Nordischen Viertel. Die Bürgerinitiative Malmöer Straße protestiert dagegen – mit einer witzigen Demonstration im Mai, zu der rund 150 Menschen kamen, und mit konkreten Alternativ-Vorschlägen. Über Strategien und Erfolge des Protestes gibt Stefan Zimmermann im Gespräch mit den „Prenzlberger Ansichten“ Auskunft.

Herr Zimmermann, die Planungen sehen eine ca. zweijährige Bauzeit der Bösebrücke mit West-Ost-Umleitung des Verkehrs über Jülicher Straße, Behm- und Malmöer Straße vor. Welche Konsequenzen hat diese Umleitung für die Anwohner?
Über die Bösebrücke fahren täglich etwa 30.000 Autos. Wir gehen von rund 10.000 Autos aus, die durch unser Viertel umgeleitet werden. 10.000 Autos täglich mehr als sonst. Weil auch mit Schwerlastverkehr zu rechnen ist, bedeutet das für das Wohnviertel eine Lärm- und Schadstoff-Belastung, die die zulässigen Grenzwerte überschreitet. Das haben selbst Gutachter der Senatsverwaltung bestätigt. Wir wissen, dass die Sanierung der Bösebrücke notwendig ist und sind auch bereit, damit zu leben, dass es hier zwei Jahre ungemütlich wird. Aber die Umleitung kann nicht auf Kosten unserer Gesundheit gehen.

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Schlafen im Durchgangsverkehr: Anwohner protestieren gegen die drohende Verkehrs-Belastung des Nordischen Viertels infolge der Sperrung und Sanierung der Böse-Brücke.

Anfang Mai haben Sie mit rund 150 Teilnehmenden auf der Bösebrücke demonstriert, Ihre Initiative hat jetzt rund 200 Mitwirkende. Bewegt sich was in Sachen Planung bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt?
Es gibt kleine Erfolge, ja. Wir sind in Kontakt mit dem zuständigen Bearbeiter der Senatsverwaltung. In Kürze wird es eine Vor-Ort-Begehung mit uns geben, wo wir auf die neuralgischen Punkte der Umleitung hinweisen. Manches scheint die Verwaltung auch nicht zu wissen, weil sie teilweise mit veralteten Plänen gearbeitet hat. Dass es hier im Viertel zum Beispiel eine neue Turnhalle gibt, die auch Rollstuhlfahrer nutzen und dass auch diese künftig ungefährdet über die Straße kommen müssen bzw. Parkbuchten brauchen, war noch nicht bekannt.
Ein weiterer kleiner Erfolg ist, dass die Polizei verstärkt Radarkontrollen durchführen soll, um die Einhaltung von Tempo 30-Zonen zu überwachen. Letzlich ist es auch unserer Initiative zu verdanken, dass die Anwohner überhaupt erst umfassend über das Vorhaben informiert wurden. Es gibt jetzt eine Homepage der Senatsverwaltung, auf der Umleitung und Bauzeit verzeichnet sind. Es gibt Info-Flyer.

Ursprünglich sollte im Mai bereits mit der Umleitung begonnen werden, doch das wurde verschoben.
Zunächst einmal ist der Beginn der Umleitung auf Ende Juni, Anfang Juli verschoben. Das hat auch interne Gründe, ist nun aber auch die Gelegenheit, um nachzubessern.

Wie geht es nun weiter, welche konkreten Alternativ-Vorschläge hat Ihre Initiative?
Wir halten an unserer Forderung nach einem intelligenten, für Umwelt, Anwohner und Autofahrer gleichermaßen verträglichen Konzept fest. Das bedeutet eine weiträumigere Umleitung, so dass der Verkehr auf weitere Straßen verteilt wird. Wir fordern auch eine intelligente Ampelschaltung, die Fußgänger schützt und nicht den Verkehrsstrom noch stärker in die ruhigen Seitenstraßen lenkt. Derzeit steht hier zum Beispiel eine Ampel hinter einer Kreuzung, so dass absehbar ist, dass die Fahrzeuge vorher abbiegen und sich ihren Weg durch die Wohnstraßen suchen, um dem Stau zu entgehen. Man könnte bei diesem umfangreichen Projekt auch mal genauer darüber nachdenken, welche Rolle der öffentliche Nahverkehr spielen kann.

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Welche Rolle könnte er spielen?
Man könnte ganz konkret Anreize schaffen, die es Pendlern erleichtern, auf den öffentlichen Nahverkehr umzusteigen, mit Vergünstigungen der Tickets. Das wäre mal ein gutes Modell und beispielgebend für andere solche Maßnahmen.

Wird es weitere Demonstrationen geben?
Wir sind zuversichtlich, dass wir in den Gesprächen mit der Verwaltung ein gutes Stück vorankommen und akzeptable Lösungen finden. Wichtig ist uns dabei unter anderem auch, dass noch einmal genauer über den Schwerlast-Verkehr nachgedacht wird, der ja die viel Gefährdung mit sich bringt. Er soll zwar weiträumig umgeleitet werden, doch ein ausdrückliches Verbot, über unsere Straßen zu fahren, ist nicht vorgesehen. Das muss nachgebessert werden, sonst rollen die Lkws hier doch lang.
Wir sind zuversichtlich, doch wir haben auch bewiesen, dass wir Betroffene mobilisieren können und dass viele Menschen gegen die jetzigen Planungen sind. Wenn sich nichts bewegt, dann können wir gern noch einmal mit unserem Protest auf die Straße gehen.

Das Gespräch führte Katharina Fial
Mehr Infos zur Bürgerinitiative auf:www.malmoeerkiez.wordpress.com
Angaben zum Bauvorhaben gibt es auf:www.stadtentwicklung.berlin.de/bauen/strassenbau/boesebruecke/


Das Bauvorhaben in Kürze:
Die Bösebrücke wird für einen Zeitraum von ca. zwei Jahren mit etwa 3,5 Millionen Euro umfassend instandgesetzt, weil sie auf Dauer nicht mehr tragfähig genug ist. Während dieser Zeit bleibt sie für den Verkehr einseitig in Ost-West-Richtung befahrbar. Auch Fußgänger und Radfahrer können sie weiter nutzen.
Der Pkw-Verkehr in West-Ost-Richtung soll über Jülicher Straße, Behm- und Malmöer Straße umgeleitet werden, der Lkw-Verkehr über Badstraße, Brunnenstraße, Eberswalder und Schönhauser Allee. Für den Straßenbahnverkehr über die Brücke ist eine mehrwöchige Sperrung 2016 und der Umstieg auf Schienenersatzverkehr vorgesehen, der ebenfalls über die Pkw-Route umgeleitet wird.
Geplanter Beginn des Vorhabens ist derzeit Ende Juni/Anfang Juli 2015.