Unbekannte Ecken in Prenzlauer Berg (13)

Der St. Marien- und St. Nikolai-Friedhof II

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin

Der St. Marien- und St. Nikolai-Friedhof II gehört zur Marienkirche, die am Alexanderplatz neben dem Neptunbrunnen, gegenüber vom Roten Rathaus steht und zur Nikolaikirche. Letztere ist die Kirche, die dem „Nikolaiviertel“, der Keimzelle Berlins, mit dem letzten Fitzelchen Berliner Stadtmauer, ihren Namen gab.
Als der erstere der beiden Friedhöfe dieser Kirchengemeinden kurz vor der Akzise-Mauer und dem Prenzlauer Tor angelegt wurde, lag er am Rande der Stadt an den Windmühlenbergen direkt an der Berliner Feldmark. Der erste Teil wurde von den Gemeinden innerhalb der Akzise-Mauer am 27. Juli 1802 eröffnet und 1814 und 1847 jeweils erweitert – auf insgesamt 35.400 qm.
Im Jahre 1858 wurde unweit in der Prenzlauer Allee Nr. 7 ein neues Grundstück gekauft, der Neue bzw. der St. Marien- und St. Nikolai-Friedhof II.
In den letzten Jahren wurde dieser Friedhof aufwendig restauriert. Vor allem die fast geschlossene Ostwand mit Erbbegräbnissen unterschiedlicher Baustile hat sich erhalten. Die Nordwand wurde beim Endkampf um Berlin im II. Weltkrieg zerstört. Nachdem der Friedhof 1970 für Beerdigungen geschlossen worden war, wurde er 1995 dafür wieder geöffnet. Man findet auf ihm ein Feld mit sehr frischen Gräbern. Es ist dies genau der Ort, auf dem ich selbst dereinst einmal meine Ruhestätte finden möchte, hier am Prenzlauer Berg.
Ab etwa 2010 wollte man einen Teil des Friedhofs, an der Heinrich-Roller-Straße gelegen, mit hochpreisigen Wohnhäusern bebauen. Die Anwohner wehrten sich dagegen und hatten an dieser Stelle erst einmal Erfolg. Im Ergebnis wurde ein Drittel der Friedhofsfläche, halt der an der Heinrich-Roller-Straße, zu einem Park umgewandelt und im Mai 2012 eröffnet. Schüler der „Grundschule an der Marie“ und der Schule direkt gegenüber vom Friedhof einigten sich bei der Namensgebung auf Leise-Park. Der Leisepark, der mal mit mal ohne Bindestrich auf unterschiedlichsten Internetportalen geschrieben wird, ist nur am Tage durch eine Gittertür erreichbar und geöffnet.
Der einstige direkte Zugang zum Friedhof, von der Prenzlauer Allee 7 aus (gegenüber der Bötzow-Brauerei) wird wohl nicht mehr geöffnet werden, weil genau in diese Lücke seit ein paar Wochen neues „Betongold“ hineingegossen wird. Ein weiteres Drittel des Friedhofs, vom einstigen mittleren Hauptweg, der parallel zur Prenzlauer Allee verläuft, bis hin zu den Häusern an der Prenzlauer Allee, ist gleichfalls durch hohe Bauzäune abgesperrt. Es sieht so aus, als wolle man dieses Gelände gleichfalls mit hochpreisigen Wohnhäusern bebauen. Warum gibt’s da eigentlich noch keine sich dagegen wehrende Bürgerinitiative, oder ist die auch schon, wie in so viele Fällen, durch den Investor gekauft?
Und so gelangt man auf den winzigen verwilderten Restteil des Friedhofs nur noch über den Georgen-Parochial-Friedhof an der Greifswalder Straße. Aber dieser Teil ist durchaus sehenswert!
Rolf Gänsrich (Jan 2015)