MEHR ALS WILLKOMMEN

Neue Nachbarschaften mal sechs

Wie formt sich Nachbarschaft aus Menschen unterschiedlicher Kulturen? In vielen kleinen Projekten und Initiativen in Prenzlauer Berg. „Mehr als Willkommen“ unterstützt diese Initiativen und lädt zum ersten Zukunftskongress. Ein Mosaik des Alltags in Prenzlauer Berg.

 

Nachbarschaft entsteht zum Beispiel durch gemeinsames Musizieren im Wohnzimmer. Nachbarschaft entsteht durch gemeinsames Gärtnern oder auf dem Sportplatz. Beim Tanzen, beim Kochen. Die Initiative „Mehr als Willkommen“ des Stadtteilzentrum Teutoburger Platz hat vor einiger Zeit Menschen aus Prenzlauer Berg aufgerufen, ihre Ideen und Projekte der Begegnung und des Zusammenlebens in einem Wettbewerb zu präsentieren. Migrantinnen, Migranten und angestammte Bewohner drehten Videos, in denen sie für sich und ihr Projekt warben. Sechs der Vorhaben wurden per Online- und Offline-Abstimmung ausgewählt. Die Macherinnen und Macher erhalten nun finanzielle Zuschüsse aus einem Projektfonds, damit sie ihre Ideen auch realisieren können. Das Mosaik der Nachbarschaften gibt ein eindrückliches Bild davon, wie sich Zusammenleben gestalten kann.

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin
Zahlreiche Initiativen schaffen eine Willkommenskultur in Prenzlauer Berg. Sechs Projekte erhielten dafür jetzt Zuschüsse.

Musik, Tanz und Schülerhilfe

Zum Beispiel mit „Framed“. In diesem Projekt organisiert die Musikerin Yahel Hauskonzerte von Künstlern unterschiedlicher Sprachen - hebräisch, arabisch, persisch, deutsch. In Wohnzimmern oder Höfen begegnen sich Nachbarn bei Musik, Video und Gesprächen, z.B. in einem Wohnzimmer in der Käthe-Niederkirchner-Straße. Die Idee: Migrantische Künstlerinnen und Künstler erhalten Auftrittsmöglichkeiten; das Publikum lernt Musik ganz unterschiedlicher Kulturen kennen.

Oder in der Schülerhilfe für geflüchtete Kinder und Jugendliche. Im Café „Boheme“ in der Winsstraße gibt die Pädagogin Margitta afghanischen Mädchen Deutschunterricht und hilft bei den Hausaufgaben. Begonnen hat die Initiative bereits vor eineinhalb Jahren, nun wird sie erweitert. Die Mädchen der ersten Stunde wechseln von einer Willkommensklasse in die Regelschule. „Damit ihnen das gut gelingt und sie nicht verzagen, brauchen sie weiterhin Unterstützung“, sagt Margitta. Der geförderten Schülerhilfe können sich nun weitere Kinder anschließen – ihre Deutschkenntnisse trainieren und vertiefen und sich auch bei anderen Fächern begleiten lassen.

Ein weiteres gefördertes Projekt ist „Ladies Meet Dancing“, ein interkulturelles Tanzprojekt mit geflüchteten Frauen, Migrantinnen und Nachbarinnen im Prenzlauer Berg. Jeden Sonntag treffen sich Frauen verschiedener Kulturen zum Tanz im Stadtteilzentrum am Teutoburger Platz. Flamenco, Salsa, Cumbia, al-Samah, Dabkes, Hagalla – die unterschiedlichsten Tanzstile kommen aufs Parkett, zum Lernen, Sich-Inspirieren lassen, Mitmachen. 

 

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin
Kunst ermöglicht Begegnung: Flüchtlingsporträts, die in einer Galerie in der Christburger Straße gezeigt wurden. Fotos (2): al

Grün und Kunst

Freiräume, Grünflächen, gemeinsames Handwerken und Gärtnern schaffen Begegnung. Die BewohnerInneninitiative der Gemeinschaftsunterkunft Storkower Straße 118 baut sich eine Brachfläche unweit der Unterkunft zum Garten auf. Der soll mit Bänken und Tischen, mit Fußballplatz und Hochbeeten eine Oase für die Bewohner und Nachbarn werden. Kinder und Erwachsene machen gleichermaßen mit. 

 

Ein Gemeinschaftsgarten entsteht ebenso auf der Werneuchener Wiese, zwischen Volkspark Friedrichshain und Kniprodestraße. Die Initiative „Kunst und Gemüse“ plant neben Grün, neben kleinen Beeten und Sträuchern auch, Obstbäume anzupflanzen. Bereits während des Anlegens und später im fertigen Garten gibt es Kunst in vielerlei Form.

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin
Vielfalt in der Nachbarschaft: Das Stadtteilzentrum am Teutoburger Platz bündelt Willkommens-Initiativen. Foto STZ

Medien und Meeting

„Eed be Eed – Hand in Hand“ heißt das sechste geförderte Projekt des Projektfonds „Mehr als Willkommen“. Junge arabischsprachige Medienschaffende organisieren ein sommerliches Medien- und Bildungscamp für neu- und altberliner Jugendliche. Sie schaffen einen interkulturellen Dialog mit Workshops zu Themen wie Medienkompetenz und interkultureller Bildung. Hinter dem Projekt steht der Verein „Eed Be Eed“, der seit 2016 eine arabischsprachige Onlineplattform zum besseren Verständnis Deutschlands und der sogenannten Aufnahmegesellschaft betreibt. Ein Redaktionsteam aus deutschen und arabischen Journalisten schreibt über regionale Veranstaltungs- und Bildungsangebote für Menschen mit Fluchthintergrund, über Begegnungsorte und -möglichkeiten in der Nachbarschaft und übersetzt diese ins Arabische.

 

Jetzt und Zukunft

„Vom Willkommen zum Ankommen“ - auf einer Zukunftskonferenz vom 17. bis 19. November kommen die Themen der Projekte, die Themen des Zusammenlebens im Stadtteilzentrum auf die Agenda. „Wie wollen wir in Prenzlauer Berg miteinander leben und arbeiten?“ fragt die Initiative „Mehr als Willkommen“ und lädt zum Vernetzen von Akteurinnen und Akteuren der Willkommenskultur, Fachkräften der sozialen und bildnerischen Arbeit sowie Geflüchteten und Anwohnern. Themen wie Bildung, Wohnen und Arbeiten sind Gegenstand der zweitägigen Veranstaltung. Was Integration für Kinder, Frauen und Männer bedeutet – in ihren unterschiedlichen Rollen und Erwartungshaltungen. Wie sich Migranten und Migrantinnen in offiziellen Positionen wiederfinden, wie Arbeit zu bekommen und Bildung zu etablieren ist, sind die konkreten Fragen.

Die Konferenz wird mit einer Ausstellung zum Thema „Nachbarschaft – wieviel Enge verträgt die Nähe“ eröffnet. Gezeigt werden Kunstwerke jeglicher Genres von etablierten und Nachwuchs-Künstlern, Gemeinschafts- und Einzelarbeiten. Diese sollen zusätzlich auch in Schau-Fenstern umliegender Büros, Geschäften, Einrichtungen und Wohnungen gezeigt werden. Am Samstag, dem 18. November, geht es insbesondere um die Vernetzung von Akteuren der Willkommenskultur und  Geflüchteten. Der Sonntag, 19. November, lädt zum Dialog, Austausch und der Begegnung von Nachbarn – mit Kultur, Kochen und gemeinsamem Essen.

-al-, November 2017

Mehr zur Zukunftskonferenz und zu den Projekten auf: www.stadtteilzentrum-teute.de