GESCHICHTE PRENZLAUER BERG

Berliner Mauern – Teil 2

Sie werden vermutlich zum Jahrestag eines der größten Versprechers der Weltgeschichte, Günter Schabowski: "... das tritt nach meiner Kenntnis ... ist das sofort ... unverzüglich ..." von allen Seiten mit Informationen überhäuft. 

Aber an eine Wiedervereinigung war in jenen Tagen noch lange nicht zu denken. Viele wollten mal schauen, wie der Westen aussieht, dort die Verwandtschaft besuchen, vielleicht nach Italien oder London reisen, viele wollten die DDR erhalten und darin Meinungsfreiheit haben, keine Angst mehr, vor politischer Bevormundung, Pressefreiheit, aber weiterhin soziale Sicherheit, einen sicheren Arbeitsplatz, volle Lebensmittelregale und bezahlbaren Wohnraum. Die Geschichte aber nahm Tempo auf und so kamen diese Ideale innerhalb eines knappen Jahres unter die Räder und die Bürgerrechtsbewegung verschwand nach den ersten freien Wahlen am 18. März 1990 fast in der Bedeutungslosigkeit.

Berliner Mauer Berlin
nals: einen kleinen Abschnitt Originalmauer finden Sie noch in der Gartenstraße, Ecke Liesenstraße. Diese erreichen Sie ganz einfach: Gleimstraße immer geradeaus bis zu den „Liesenbrücken“. Foto: rg

Bis zum Tag der Währungsunion am 1. Juli 1990 wurden innerhalb Berlins alle Straßen und anderen Übergänge zwischen Ost- und Westberlin weitestgehend wieder geöffnet. Bei den Straßen war das recht einfach, man riss einfach die Mauer weg, bei den Zugängen zu den U- und S-Bahnhöfen, gerade am Potsdamer Platz, war es etwas schwieriger.

In einem atemberaubenden Tempo verschwand die Berliner Mauer. Die Reste davon sind kaum noch wahrnehmbar. Das ich dereinst mit der Berliner Mauer einen Teil meiner Einkünfte (mit meiner Berliner Mauertour) erwirtschaften würde, hätte ich vor dreißig Jahren nie gedacht. Aber wo gibt es denn nun noch Reste der Mauer? Hier eine Zusammenstellung der Reste, von denen ich weiß, vermutlich aber ist das nicht alles:

  • Bernauer Straße zwischen Brunnenstraße und Gartenstraße ist die Mauergedenkstätte – nur zwischen Acker- und Gartenstraße steht etwa 100 Meter Originalmauer mit Hinterlandmauer, an der Ecke zur Gartenstraße nochmals weitere Reste der Hinterlandmauer, alles einsehbar vom Dach des Hauses der Gedenkstätte an der Ecke Ackerstraße.
  • Ein paar dutzend Meter Hinterlandmauer stehen auch am Prenzlauer Berg, 1. oben am Gipfel des Stadions am Jahnsportpark, 2. in der Bornholmer Straße zwischen Björnsonstraße und Bösebrücke – dort wo die Gedenkstätte mit dem "Platz des 9. November" ist.
  • Entlang der Mühlenstraße zwischen Oberbaum- und Schillingbrücke – gemeinhin als "East Side Gallery" bekannt – interessanterweise gab es an diesem Abschnitt entlang der Spree keine Trennung zwischen Hinterland- und vorderer Grenzmauer – hinter dieser Mauer war bereits der Postenbereich und die gesamte Spree bis zum Kreuzberger Ufer gehörte zu Ostberlin.
  • In der Puschkinallee, dort wo sie auf den Flutgraben, der parallel zum Landwehrkanal läuft, trifft, steht noch ein Wachturm.
  • Ein kleiner Mauerrest befindet sich Garten- Ecke Liesenstraße an der Liesenbrücke, dort wo die S-Bahn das einstige Gelände des Stettiner (Nord-) Bahnhofs verlässt. 
  • Einen weiteren Rest sieht man aus der S-Bahn zwischen dem Bahnhof Wilhelmsruh und dem Nordgraben.
  • Nur noch wenige Meter "Mauerfundelemente" kann man zwischen Lübars und Blankenfelde entdecken.
  • Ausgestellt sind ein paar Mauerstücke am Potsdamer Platz und am Checkpoint Charlie.

Bleibt anzumerken, dass der Verlauf der vorderen Mauer (fast nie der Hinterlandmauer) durch ein zweireihiges Kopfsteinpflaster mit einem auf den Gehwegen eingelassenen Stahlband mit der Aufschrift "Berliner Mauer 1961 – 1989", wo es machbar war, in die Berliner Straßen eingelassen ist, wie zum Beispiel zwischen dem "Platz des 18. März" und dem Beginn der "Straße des 17. Juni".   

Ein Kuriosum noch am Rande. Weil der Flugplatz Gatow zum Teil auf Brandenburger Land steht und die britische Besatzungsmacht diesen aber nutzen wollte, bekamen die Sowjets die Westhälfte von Staaken mit dem Bahnhof Albrechtshof. Bis 1951 patrouillierten noch Sowjets und Briten gemeinsam, dann besetzte die Volkspolizei Weststaaken. Es wurde bis in die 70er-Jahre vom Bezirk Mitte mitverwaltet. Ein Telefongespräch nach Staaken galt als Ortsgespräch. Die Kinder an den Schulen in Staaken bekamen, wie in ganz Berlin, ihre Schulbücher durch die Besatzungsmächte kostenlos gestellt. Mit dem 3. Oktober 1990 wurde Weststaaken wieder unter die Verwaltung von Spandau gestellt. Es zählt heute zum Beitrittsgebiet.

Wenn wir aber eines aus der Berliner Geschichte gelernt haben, dann dies: Mauern stehen in dieser Stadt nie ewig.

Im November geht es an dieser Stelle um die Berliner Mauer, die viele von uns noch persönlich kennengelernt haben.

Rolf Gänsrich, Nov. 2019

www.rolfgaensrich.wordpress.com