STRASSENVERKEHR

Mit Tempo in die Langsamkeit

Auch in Pankow soll dauerhaft mehr Ruhe in den Straßenverkehr einziehen. Zwar hat der Senat den Vorstoß des Bezirks gestoppt, den Nordosten durchgängig als Tempo-30-Zone auszurufen, doch gibt’s bald zwei Beauftragte für FußgängerInnen-Verkehr. Es wird langsam langsamer.

Am Anfang stand ein Antrag der Grünen-Fraktion im Bezirksparlament. Dann folgte Ende Januar ein wegweisender Beschluss: „Das Bezirksamt wird aufgefordert, für alle den Stufen II, III und IV des übergeordneten Straßennetzes zugeordneten Straßen in Pankow sowie die sonstigen Straßen auf dem Territorium des Bezirks eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h anzuordnen bzw. anordnen zu lassen“. Das Politik-Sprech meint fast alle Straßen – bis auf die Hauptverkehrsadern, die Bundesstraßen. So weit, so wegweisend – nach dem Willen der AntragstellerInnen sollte nach Pankow dann ganz Berlin auf Tempo-30 verlangsamt werden. Die Vorteile der reduzierten Geschwindigkeit liegen dabei auf der Hand: Weniger Gefahr, weniger Lärm, weniger Stress. Mehr Gesundheit. Eine französische Kommune hats vorgemacht.

#Pankow #Verkehr #PrenzlauerBerg
Viel Freiraum auf der Straße, mehr Sicherheit: Neben einem Radverkehrsgesetz hat Berlin nun auch eines für FußgängerInnen. Foto: al

Doch die Berliner Senatsverwaltung für Verkehr bremste zunächst das Vorhaben. Es sei mit der geltenden Straßenverkehrsordnung nicht zu vereinbaren. Sprich: Das müsste die Bundesebene ran. Bezirke können lediglich Nebenstraßen Tempo-reduzieren. Beginnt damit nun ein jahrelanger Gang durch die Instanzen,  ähnlich den Temporären Spielstraßen? Auf der Gudvanger Straße hatte eine Initiative lange, lange für ihr Anliegen gestritten, einen Teil der Fahrbahn temporär zum Spielen statt zum Fahren freizugeben. Letztlich mit Erfolg, und das lässt auch für die Tempo-30-Initiative hoffen.

Schneller geht’s möglicherweise bei einer anderen Form der Entschleunigung, die mehr Sicherheit bringen kann. Berlin hat als erstes deutsches Bundesland vor wenigen Tagen ein Fußgänger-Gesetz beschlossen. Mehr Sicherheit für Menschen zu Fuß – das klingt nach einer Generationen-Aufgabe, in kleinen Schritten. Mehr Sicherheit zum Beispiel beim Überqueren von Straßen: Längere Grünphasen an den Ampeln, Barriere-Freiheit, mehr temporäre Zebrastreifen und Mitte-Inseln sind einige der Punkte des Papiers, das das Berliner Mobilitätsgesetz ergänzt. Mehr Ruhe im öffentlichen Raum sollen zum Beispiel Sitzbänke schaffen. 

In Sachen Fußverkehr ist Berlin durch seine EinwohnerInnen bereits Vorreiterin: Rund ein Drittel unserer Wege legen wir zu Fuß zurück. Das ist den vergangenen Monaten sicher deutlich mehr geworden. Verlässliche Statistiken dafür gibt es noch nicht, und auch das wird ein Job für die neugeschaffenen Stellen der Fuß-Beauftragten in den Verwaltungen sein. Jeder Stadtbezirk soll zwei dieser Entschleunigungs-ExpertInnen einstellen – ebenso wie der Berliner Senat. Was es noch braucht: Mehr Fläche, mehr Raum für Menschen zu Fuß – auch auf Gehwegen, wo gerade in den Lockdown-Phasen mehr Menschen unterwegs sind. Noch mehr Ideen und eine komplette Fußgänger-Strategie, die dem neuem Gesetz zugrunde liegt, hat die Initiative „Berlin zu Fuß“ gesammelt. Auf der Verbands-Website gibt es auch Tipps für urbane Wanderungen – und fußgängerfreundliche Stadtwege: „Berlin zu Fuß“: www.berlin-zu-fuss.info.

-red-, Febr. 2021