Die drei vom Helmholtzplatz

Nachrichten Prenzlauer Berg Zeitung
Independent- und Arthouse-Filme gibt’s zu kulinarischen Köstlichkeiten im „Filmcafe“ auf der Schliemannstraße.

Sie schreiben Kiezgeschichte und Kiezgeschichten: Die Menschen und die Orte, an denen sie leben oder arbeiten. Diese Geschichten können so vieles sein: Absurd oder liebenswert, voll Dramatik oder ganz alltäglich. Wie das Leben eben.
Am Helmholtzplatz haben sich drei Initiativen drei Orte genommen und zu ihren gemacht. Als Angebote für die Nachbarn und den Rest von Berlin.

Das ist eine Besonderheit dieses Kiezes rund um den Helmholtzplatz. Dass hier in den Seiten- und Querstraßen ganz unterschiedliche Menschen und ihre kulturellen Räume nisten, teils schon seit über 20 Jahren. Und sie existieren und blühen neben den neu entstandenen Feinkost-Läden und Cafes und prägen das Leben und das Ambiente des Viertels, das das jüngste in Prenzlauer Berg ist.
Beginnen wir mit einer dieser wundersamen Einrichtungen, dem Kino: „Das schönste kleine Kino Berlins“ nennt sich das Filmcafe in der Schliemannstraße charmant-selbstbewusst. Mit 28 Kinosesseln, zwei Sofaplätzen und einer Leinwand ist es tatsächlich klein und schön. Dafür gibt es hier Arthouse- und Independent-Filme und zweimal im Monat sonntags ein Filmfrühstück. Da lässt sich ganz gemütlich frühstücken und danach ganz gemütlich Film schauen, ein Glas Prosecco inklusive. „Lecker Frühstück und lecker Filme“ nennt Betreiber Arne Grüß sein „EAT the MOVIE-Filmfrühstück“. Er ist nicht nur für den Kinobetrieb zuständig, er steht auch selbst in der Kino-Küche.
Diese schöne wie naheliegende Idee, cineastische und kulinarische Spezialitäten miteinander zu verbinden, gibt es seit über 5 Jahren im Filmcafe in der Schliemannstraße.  Neben aktuellen und älteren Filmen stehen auch Specials wie Oscar-Nächte, Tatort-Abende und Fußball-Schauen auf dem Programm. Und auch für eigene Veranstaltungen lässt sich das schönste kleinste Kino Berlins buchen.
Es braucht solche Enthusiasten wie den Filmcafe-Betreiber, um solche seltenen Ideen auch am Leben zu halten. Und zum Glück gibt es weitere davon im Helmholtz-Kiez. Nicht weit vom Kino entfernt, hat eine andere dieser Ideen ein Zuhause gefunden, wenngleich dies in den vergangenen Monaten finanziell ungesichert war. „Zimmermeister Brunzel baut ein Haus“ heißt die Dauerausstellung in der Dunckerstraße 77, die in Berlin einzigartig ist. Zu sehen sind in den Räumen im Vorderhaus Wohnräume aus der Zeit um 1900, jener Zeit, in der Berlin im Zuge der Industrialisierung rasant anwuchs, in der jene Wohnkomplexe mit Vorderhaus, Hinterhaus und Seifenflügeln entstanden, die für Prenzlauer Berg und Berlin so typisch sind.

Nachrichten Prenzlauer Berg Zeitung
Wie lebten Menschen um die Jahrhundertwende des 19. Jahrhunderts? Im Museum „Zimmermeister Brunzel baut ein Haus“ lässt sich Berliner Alltag nachvollziehen.

Die Ausstellung entstand als Gemeinschaftsprojekt der Senioreneinrichtung „Herbstlaube“ und des Museumsverbundes Pankow. Wer sie betritt, findet sich in Stube, Küche und Kammer einer typischen Wohnung um die Jahrhundertwende wieder – mit karger, doch zweckmäßiger Einrichtung der Räume für Wohn- und Arbeitszwecke. Weiterführende Informationen verweisen auf die Bebauung und Besiedlung des Wohngebietes rund um den Helmholtzplatz im 19. Jahrhundert.
„Zimmermeister Brunzel baut ein Haus“ ist eine Ausstellung, die besonders gern von Schulklassen aus der ganzen Stadt besucht wird. Doch auch einheimische Erwachsene und Touristen finden häufig den Weg in die Dunckerstraße 77, wo sie hautnah und an original-historischer Einrichtung Einblicke ins Berliner Alltagsleben längst vergangener Zeiten erhalten. Frauen und Männer der Senioreneinrichtung „Herbstlaube“ betreuen die Ausstellung und führen durch die Räume von Zimmermeister Brunzel. Ein Zeitzeugen-Projekt, bei der Geschichten und Erinnerungen von Menschen in Prenzlauer Berg seit 1900 bis heute gesammelt werden, ist derzeit im Entstehen. Es soll – als ganz persönliche Siedlungs-Historie – die Ausstellung bereichern.
Nahezu vis a vis von Zimmermeisters Brunzels Wohnhaus liegt eine weitere Initiative vom Helmholtzplatz, die „Popelbühne“. Seit 1990 sind die Räume in der Dunckerstraße 16 Spiel- und Arbeitsräume für Kinder, Jugendliche, für Erwachsene und die Kursleiter und Kursleiterinnen. Hier wird Theater gemacht und gespielt, gibt es Tanzkurse und musikalische Früherziehung, Akrobatik, Clownerien und Figurenspiel. Was nach kreativem, lebendigem Chaos klingt, ist in regelmäßige Kurse gegliedert.
Künstlerinnen und Künstler ganz unterschiedlicher Genres erarbeiten in diesen Kursen und Workshops Aufführungen und Zeitungen, Tanzstücke oder Zeichnungen. Eine kleine, gemütliche Bühne, eine Werkstatt und ein Musikkeller stehen Kindern und Jugendlichen offen, mindestens fünf Tage die Woche und auch in den Abendstunden.
Das Team um Gründerin und Leiterin Tanja Hauser ist ein Team, das täglich Kreatives ausprobiert und zu Kreativem verführt. Kurse gibt es bereits für Kinder ab 3 Jahren, nach oben ist keine Altersbegrenzung vorgesehen. Popelbühnen-Chefin Tanja Hauser: „Selbstbestimmung und Emanzipation werden durch offene Projektarbeit gefördert. Wir bieten Möglichkeiten zur Entwicklung eigener Kurs- und Projektideen, wodurch sich die Fähigkeiten zu eigenständigem und eigenverantwortlichem Handeln entwickeln“. Rund 250 Menschen nutzen wöchentlich diese Projektarbeit in der „Popelbühne“, viele kommen zudem als Zuschauer zu den Aufführungen des Hauses.
-al- (Nov 2014)
Mehr zu den Einrichtungen:
Filmcafe, Schliemannstraße 15, www.dasfilmcafe.de
Ausstellung „Zimmermeister Brunzel baut ein Haus“, Dunckerstraße 77, www.mitundfuereinander.de
„Popelbühne“, Dunckerstraße 16, www.popelbuehne.de