SPIELSTRASSEN

Draußenkinder

Der Juni ist der Monat der Kinder. Er startet mit dem Kindertag, er endet mit dem Beginn der Sommerferien. Die bringen – nach zwei Schuljahren Ausnahmezustand – die Hoffnung auf ein wieder geregeltes Leben-Lernen. Ein paar schöne Freiräume gibt es jetzt schon: Die Temporären Spielstraßen.

 

Mit kleinen literarischen Wundertüten beschenkte die Bibliothek am Wasserturm ihre jüngsten Leser:innen. Zum Kindertag am 1. Juni gab es Lesen, Spielen und Basteln zum Mitnehmen und Zuhause Machen. Schöne Idee der Bibliothekar:innen, deren Bücherregale noch immer nur eingeschränkt zugänglich sind. Im MachMitMuseum gibt es inzwischen eine ganze Reihe von Werkstätten für Zuhause: Per MitMach-Tüte und MitMach-Videos lassen sich Traumbetten und Familien-Mobile, Ich-Alben oder Zeitkapseln zaubern. Und draußen vor dem Museum in der Senefelder Straße harrt eine Litfass-Säule der Ereignisse zum Anmalen, Anschreiben, Angucken.

Einen Tag nach dem Internationalen Kindertag öffnete zum zweiten Mal und im zweiten Jahr die Temporäre Spielstraße in der Gudvanger Straße, einen Tag zuvor ihre Schwester auf der Templiner Straße. Diese beiden Spielstraßen sind bereits im Mai in ihre Saison gestartet und praktizieren auf wunderbar einfache Weise mit kleinen Mitteln ein großes Zukunftsthema. Allerorten wird gerade debattiert, wem die Straße gehört – und wem die Stadt. Die Antwort der Temporären Spielstraßen ist eindeutig: Sie gehört den Menschen. Den Kindern zum Spielen und Toben. Den Erwachsenen zum Mitmachen, Zugucken, Plaudern. Zunächst, zumindest ein paar Stunden in der Woche, wie auf der Templiner Straße, bzw. einmal im Monat, wie auf der Gudvanger.

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Straße als Spielraum: Bis Oktober läuft die Saison auf den Temporären Spielstraßen in Prenzlauer Berg. Foto: Katharina N.

Straßenschilder weisen in der Saison von Mai bis Oktober darauf hin: Parken ist in der Spielstraßen-Zeit nicht erlaubt. Kurz vor Beginn der Spielstraßen leeren sich dann auch die Parkplätze. Auf einmal scheint die Fahrbahn riesig, ohne die Fahrzeuge. Dann kommen vor den Kindern die ehrenamtlichen Kiez-Lots:innen, stellen Absperr-Gitter für einen gefahrfreien Aufenthalt. Sie bringen Kreide und Hüpf-Hütchen mit, Seifenblasen, Räder, einen Basketballkorb. Stellen Stühle oder ein Sofa auf. Dann geht es los. Für ein paar Stunden ist auf der Straße nichts weiter zu hören als Lachen und menschliche Stimmen.

Beinahe zehn Jahre hat es gedauert, bis auch in Prenzlauer Berg, in Berlin möglich war, was andere Städte in Deutschland bereits vormachten: Auf der Straße spielen, zumindest zeitweise. Initiatorin Cornelia Dittrich und ihre Mitstreiter:innen aus der Gudvanger Straße brauchten viel Durchhaltevermögen, suchten sich Unterstützer:innen. Im März 2019 gründet sich berlinweit das Bündnis Temporäre Spielstraßen, u. a. mit dem Deutschen Kinderhilfswerk, dem BUND Berlin und dem Dachverband Berliner Kinder- und Schülerläden. Im vergangenen Jahr stieg der Senat mit ein, verankerte Temporäre Spielstraßen im Mobilitätsgesetz. Inzwischen sind es 14 Spielstraßen in vier Berliner Bezirken, Tendenz steigend. Inzwischen gibt es Leitfäden und professionelle Unterstützung für alle, die auch eine Temporäre Spielstraße einrichten wollen. Und am 22. September, dem autofreien Tag, werden es wohl um die 40 Straßen sein, die zeitweise nur zum Spielen da sind.

Temporäre Spielstraßen Prenzlauer Berg: Gudvanger Straße: Jeden 1. Mittwoch im Monat, 14 bis 18 Uhr. Templiner Straße: Jeden Dienstag, 15 bis 18 Uhr. 

-red-, Juni 2021

Mehr zur Initiative: www.spielstrassen.de