SCHÖNHAUSER 135

Ein Haus zum Hören

Es gibt sie doch, die kleinen Erfolgsgeschichten. Mieter:innen aus Prenzlauer Berg wehren sich erfolgreich gegen Hausverkäufe mit ungewisser Zukunft. Und gewinnen. Die Geschichte der Schönhauser Allee 135/135 a ist eine dieser Erfolgsgeschichten. Jetzt gibt es sie zum Hören.

Knapp ein Jahr ist es her, da konnten die 75 Menschen aus der Schönhauser 135/135 aufatmen. „9 Wochen Kampf & Anstrengung haben sich gelohnt!“ twitterten sie damals und feierten ein großes Hausfest im Hof. Gerade hatte die Hausgemeinschaft Post von der Genossenschaft Bremer Höhe bekommen. Eine Beitrittserklärung, die sie unterzeichnete. Damit wurde aus dem Spekulationsobjekt eine selbstbestimmte Mietgenossenschaft mit gesicherter Zukunft und stabilen Mieten.

Über diese Erfolgsgeschichte gibt es jetzt ein Audio-Feature des Deutschlandfunks Kultur. Autor Klaus Schirmer hat den sommerlichen Protest der Leute aus der Schönhauser im vergangenen Jahr begleitet. Das knapp einstündige Feature „Ein Haus läuft los“ zeichnet auf liebevolle, anschauliche Weise anhand dieses Protestes, wie prekär die Lage von Mieterinnen und Mietern in Prenzlauer Berg und ganz Berlin war und immer noch ist.

#prenzlauerberg
Nach wochenlangem Protest der Sieg: Über die Schönhauser Allee 135 gibt es jetzt ein Hörspiel. Foto: HGS

Bäckerin, Fahrradbote, Rentner, Papa, Fußballer, Psychotherapeutin – Alle 75 Bewohner:innen hatten ihren Protest neun Wochen lang öffentlich gemacht. Zum Beispiel, in dem sie an ihrem Haus plakatierten, wer darin wohnt. Und wie lange: Zehn, 20, 30, manche nahezu 40 Jahre. Also noch ein typisches Prenzlauer-Berg-Milieu-Haus, von denen es in den einstigen Milieu-Schutzgebieten kaum noch welche gibt. 38 Wohnungen, drei Gewerbeeinheiten. Im Erdgeschoss ein Späti, der einem geflüchteten Syrer und seinem Sohn eine neue Existenz gibt.

Sie alle organisierten sich gegen eine Schweizer Immobilienfirma, der bereits 13 Häuser in Berlin gehören und die auch die Schönhauser 135 kaufen wollte. Sie organisierten sich aus Angst um ihre Existenz in ihrem Haus. Dies hieß als erstes: Sich als Hausgemeinschaft zusammenfinden, denn einige kannten sich nur von flüchtigen Begegnungen aus dem Treppenhaus. Andere liebäugelten mit hohen Abfindungen im Falle eines Verkaufs und notwendigen Auszugs.

Die Menschen aus der Schönhauser 135 fanden sich zusammen. Sie demonstrierten, vernetzten sich, übten Druck auf den Bezirk Pankow und Berliner Politikerinnen und Politiker aus. Kontaktierten Genossenschaften. Und hatten Erfolg. Der Bezirk übte sein Vorkaufsrecht für die Genossenschaft Bremer Höhe aus – deren Mitglied die Schönhauser wurde. Nun also seit knapp einen Jahr: Eine selbstbestimmte Hausgenossenschaft.

„Ein Krimi mit einer aufmüpfigen Hausgemeinschaft, gewählten Volksvertretern, einer aufgeschreckten Verwaltung sowie einer finanzstarken Kapitalgesellschaft.“, so nennt Autor Schirmer sein Hörstück. „Ein Lehrstück über den ungleichen Kampf um bezahlbaren Wohnraum.“

Die Leute aus der Schönhauser 135 geben ihr erworbenes Knowhow im Kampf um ihr Haus gern an andere Betroffene weiter.

red, Juli 2022

Das Haus zum Hören auf: www.hoerspielundfeature.de/ein-haus-laeuft-los-100.html