FIRMENGESCHICHTE PRENZLAUER BERG (11)

Die Geschichte der Schulen

Bildung ist etwas ganz Wichtiges. Wir haben derzeit zweiunddreißig Grund-, Ober- und Sonderschulen, sowie Gymnasien bei in Prenzlauer Berg, dazu zwei Berufsschulen (in der Pappelallee und in der Mandelstraße), eine Freie Waldorfschule, die GLS Sprachenschule in der Kastanienallee, die Schule für Ballett und Artistik in der Erich-Weinert-Straße und die Volkshochschule am Wasserturm.

 

Und genauso unterschiedlich, wie diese Schulen, so unterschiedlich sind auch deren Gebäude. Über jedes Einzelne könnte man Bücher schreiben. Die meisten Schulen wurden zwischen 1871 und 1918 gebaut. Die Architekten waren in jener Zeit Hermann Blankenstein (z. B. Danziger 50) und Ludwig Hoffmann, der fast schon einen Einheitsbautyp in der Kaiserzeit hatte, den er je nach Lage der Schule anpasste (z. B. Schule am Falkplatz, das Museum am Wasserturm, Kurt-Schwitters-Gesamtschule alle Gebäude). Aus der Zeit vom Beginn der Weimarer Republik bis Kriegsende ist mir kein Schulneubau bekannt.  

Gustave-Eiffel-Schule Berlin Prenzlauer Berg
Die Gustave-Eiffel-Schule im Mühlenkiez ist versehentlich beim Bau um 180 Grad gedreht worden, so daß der eigentliche Haupteingang, der sonst zur Straße hin ist, zum Hof hin führt und die eigentlichen Hofeingänge zur Straße zeigen. Foto: rg

In der gesamten DDR wurden von 1953 bis 1990 etwa 2.500 Schulen neu gebaut. Dazu entwickelte man einheitliche Schultypen, die die einzelnen Bezirke ihren Gegebenheiten anpassten. Die Baureihe SVB (bis 1963) wurde noch gemauert (Bsp: GLS Sprachenschule Kastanienallee, Paul-Lincke-Schule am Pieskower Weg). In Berlin wurde ab 1962 aus Betonfertigteilen (Platten) der Typ "Berlin SK" gebaut, ab 1972 die "Schulbaureihe 80" und der für Berlin modifizierte Typ "Berlin 81 GT". Diese Einheitsplattenbauten sind noch in relativ großer Zahl vorhanden. Beispiele dafür sind die Schulen am Kollwitzplatz, die staatliche Ballettschule, die Freie Waldorfschule oder die Gustave-Eiffel-Oberschule. Kennzeichnend für diese Schulen waren die Naturkundlichen Fachkabinette an den Stirnseiten der Gebäude, Schulessen, Hort und Werkunterricht waren im Keller untergebracht und es gab spezielle Räume für den staatlichen Pionierleiter und den FDJ-Sekretär der Schule. Eine Aula hatten diese Schultypen nicht, eine Sporthalle wurde meist neben sie gestellt.

Eine Schulpflicht gibt es in unseren Landen schon relativ lange. Eingeschult wurde bis weit nach dem Krieg kurz nach Ostern. In West-Berlin liefen diese Klassen erst Mitte der 70er Jahre aus, in Ost-Berlin wurde bereits seit 1948 einheitlich um den 1. September herum eingeschult. Bis zum Schuljahr 1953/54 wurden in der DDR Jungs und Mädchen in den Klassen getrennt unterrichtet. So ist auch der Name "Gemeinde-Doppelschule" zu verstehen, die zur Kaiserzeit errichtet wurden. Die eine Hälfte der Schule war für Mädchen, die andere Hälfte für Jungs und zwischen beiden gab es "Zaubertüren" durch die das Lehrpersonal wechselte. Aula und Turnhalle wurden von beiden Schulen gemeinsam genutzt (siehe das ehemalige Schulhaus in der Prenzlauer Allee, in dem heute u. a. das Pankower Heimatmuseum untergebracht ist). Aus der Kaiserzeit ist das Rektorenhaus, das viele Schulen haben (z. B. siehe Vorderhaus der genannten Schule oder Vorderhaus Danziger 50), in dem der Herr Direktor samt Familie, einige Lehrkräfte und der Hausmeister der Schule wohnten. Bis etwa in die Mitte der 60er Jahre hinein gab es auf dem Land echte Dorfschulen, in denen in einem Raum alle Kinder der Klassen 1 bis 4 unterrichtet wurde. Ich weiß das ganz sicher aus Erzählungen von jemandem aus dem durch Fontane berühmt gemachten Dörfchen Ribbeck im Havelland (mit dem Birnbaum). Offiziell gab es aber diese Schulen nur bis 1953.

GLS-Sprachenschule Prenzlauer Berg
Die GLS-Sprachenschule in der Kastanienallee, Foto: rg

Die allgemeine Schulpflicht führte das Herzogtum Pfalz-Zweibrücken 1592 als erstes Territorium der Welt für Mädchen und Knaben ein. Die Principia regulativa des Königs Friedrich Wilhelm I. vom 28. September 1717 wurden für ganz Preußen durch das Generallandschulreglement Friedrichs des Großen von 1763 bestätigt. Allerdings handelte es sich bei diesem Schul-Edikt bestenfalls um wohlgemeinte Absichtserklärung. Die preußische Statistik von 1816 bestätigt dies und hält fest, dass zu diesem Zeitpunkt gerade einmal 60 Prozent der Kinder an einer öffentlichen Schule registriert waren. In der Provinz Posen waren es sogar nur 20 Prozent. Für ganz Preußen stieg die Zahl der registrierten Schüler von 1816 bis 1846 um 82 Prozent und erreichte dann in Posen 70 Prozent.

Die Lehrer an den Schulen in Preußen waren meist invalide oder überalterte Soldaten, bei denen ehemalige Kavalleristen durchaus auch krumme, gebogene Beine haben konnten. Entsprechend rau war der Unterrichtston und Prügel an der Tagesordnung. 

In der sowjetischen Besatzungszone wurde bereits 1945 die Prügelstrafe an den Schulen abgeschafft, in der Bundesrepublik überwiegend 1973, in Bayern erst 1983.

Die ehemalige "Sonntagsschule" gilt heute allgemein als Kindergottesdienst.

Den Samstagsunterricht (im allgemeinen vier Unterrichtsstunden á 45 min) gab es in der DDR bis ins Frühjahr 1990.

Es gab, bis auf eine Ausnahme (Katholische Theresienschule Berlin-Weißensee), keine staatlich anerkannten privaten Schulen in der DDR.

Das es heute in der Bundesrepublik auch eine Berufsschulpflicht, gibt, die nach dem Ablauf der Vollzeitschulpflicht beginnt, war mir bisher nicht bewusst.

Rolf Gänsrich, Juli 2019

www.rolfgaensrich.wordpress.com