NEUGESTALTUNG THÄLMANN-PLATZ

Vom Sockel denken

Der Thälmann-Kopf an der Greifswalder Straße erhält ein künstlerisches Umfeld. Der Ort soll zum Verweil- und Denk-Ort werden. Sockel laden zum Bleiben, Filme thematisieren die Geschichte des Quartiers. Betina Kuntzschs Siegerentwurf soll im nächsten Jahr realisiert werden. Eine Beschreibung.

Fünf rote Betonelemente umkreisen das weithin sichtbare Denkmal: Ernst Thälmann in kämpferischer Haltung. Fünf rote Betonelemente, die – verkleinert – den Sockel des Denkmals zitieren. Sie laden zum Verweilen ein, wollen Ruhe und Aufenthaltsqualität schaffen. Anders als der Denkmalsockel sind sie für echte Menschen da. Schriftzüge zieren sie, Schlagworte wie „Kopf. Faust. Fahne“. Die fünf Bänke, die auch Tische oder Kletter-Elemente sein können, sind der eine Teil der sogenannten „künstlerischen Kommentierung“ für den Platz am Thälmann-Kopf. 

Der zweite Teil des Entwurfs von Betina Kuntzsch: Zehn Kurzfilme, die über QR-Codes abrufbar sind bzw. auf zwei Stelen vor Ort gezeigt werden. „In diesen collagiere ich Archivmaterial mit eigenen Fotos, Filmaufnahmen und animierten Zeichnungen.“ beschreibt die Künstlerin ihre Arbeit. Für ihre Filmessays zum Thälmann-Denkmal untersucht sie „Perspektiven auf das Denkmal, den Ort, die Menschen.“ 

Der Titel von Kuntzschs Entwurf „Vom Sockel denken“ ist damit doppelt wörtlich zu nehmen. Vom Beginn, vom Grund her. Des Denkmals und des Ortes, dessen Gegenwart überdeutlich DDR-Geschichte spiegelt. In den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts entstand das Plattenbau-Gebiet samt Denkmal. Das alte Gaswerk aus dem 19. Jahrhundert wurde dafür gesprengt – unter dem Protest der Bevölkerung. „Ein Gefühl für die Zeit, eine Sensibilität für das Leben an diesem Ort in vier deutschen Staaten“ will Kuntzsch vermitteln.

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„Vom Sockel denken“ heißt der Entwurf von Betina Kuntzsch, mit dem das Thälmann-Denkmal künstlerisch kommentiert wird. Skizze: Betina Kuntzsch

Ihre bildnerisch-filmische Arbeit wählte eine Jury aus insgesamt 110 Entwürfen von Künstlerinnen und Künstlern aus ganz Deutschland aus. Vor reichlich einem Jahr hatte das Bezirksamt mit einem Wettbewerb zur Neugestaltung und zum Neudenken von Thälmann aufgerufen. Nun steht mit der studierten Buchgestalterin Kuntzsch eine Gewinnerin fest, deren Metier das Filmische ist. 

„Vom Sockel denken“ - die Jury bezeichnet die Thälmann-Arbeit Kuntzschs als „überzeugende Beispiele einer filmischen Annäherung an die Themen, die das Denkmal evozieren.“ Die Bandbreite der Filmbeiträge skizziert die historischen Markierungen. Neben dem umstrittenen Abriss des Gasometers und alternativen Nutzungsformen erzählen die Collagen u.a. auch die historische Person Ernst Thälmann, seine Rolle als Kulturfigur in der DDR. Die Jury weiter: „Der individuell-assoziative und alltagsgeschichtliche Zugang zu den Themen überzeugt formal und inhaltlich.“

„Kopf. Faust. Fahne“ – die Inschrift auf dem roten Sockel ist zugleich ein Titel eines der Filme. So schlagen die Worte einen Bogen zu den Bildern. Einer der zehn Filmessays soll in Zusammenarbeit mit AnwohnerInnen und NutzerInnen des Thälmannparks entstehen. Bis Ende 2021 soll der Thälmannplatz umgestaltet sein. Die Filme sind dann zusätzlich in Kinos der Umgebung und auf DVD zu sehen.

Die Kosten von 180.000 Euro für den neuen Platz am Thälmann-Denkmal übernimmt der Berliner Senat. Vorab zu sehen sein werden auch alle Entwürfe des Wettbewerbs. Dafür kündigte das Bezirksamt eine Ausstellung noch in diesem Jahr an. 

-red-, Nov. 2020

Mehr zur Künstlerin: www.element-video.de