DIE BEZIRKSGRENZE (38)

Das Schönhauser Tor

In dieser Folge sind wir am Schönhauser Tor. Dieses befand sich etwas nördlich vom Rosa-Luxemburg-Platz, dort, wo aus der „Alten Schönhauser Straße“ die „Schönhauser Allee“ wird. In der „Alten Schönhauser“, im Scheunenviertel, liegen Straßenbahngleise. In der Nacht vom 01. zum 02.01.1967 gegen ca. 04:51 Uhr fuhr die letzte Straßenbahn über den Alexanderplatz.

Es handelte sich dabei um den Wagen 4010 (TE 59) der Linie 69 der ca. 04:29 Uhr vom Walter-Ulbricht-Stadion mit dem Fahrtziel Lichtenberg, Betriebshof fuhr. Danach wurden die Straßenbahnlinien, die bisher über den Alexanderplatz zum Hackeschen Markt fuhren, über die sehr enge Alte Schönhauser geführt. Es waren um 1989 die Linie 11 aus Biesdorf, 20 aus Lichtenberg, 24 vom Pasedagplatz, 28 aus der Zingster Straße, 58 aus Falkenberg, 63 aus Alt-Hohenschönhausen und die 71 aus Heinersdorf. Die BVG benutzt diese Strecke heute nur noch für Betriebsfahrten.

Die ursprünglichen Namen für die Alte Schönhauser Straße waren „Steinweg nach Schönhausen“ (Mitte des 17. Jahrhunderts bis 1699) und Pankower Straße (1699–1750). An der Ecke mit der Weinmeisterstraße befand sich im 19. Jahrhundert die Konditorei von Anthieny, in der sich lesehungrige Bewohner trafen. Die Schönhauser Allee entstand im Mittelalter als Verbindungsweg zwischen der noch recht kleinen Stadt Berlin und den Dörfern Pankow und Niederschönhausen. Das Gebiet beiderseits des Wegs war bis ins 13. Jahrhundert hinein bewaldet, wurde dann gerodet und landwirtschaftlich genutzt. Man sieht auf alten Bildern und Stichen, dass der Wald fast bis an die Stadtmauern Berlins heranreichte, während Berlin/Cölln im Sumpf lag, mit all seinen Auswirkungen wie: gute Krebs- und Aalfischerei, reichlich vorhandenes Bau- und Brennholz, aber auch Sumpffieber, die von den Römern nach Mitteleuropa eingeschleppte Malaria, Mückenschwärme und Überschwemmungen.

Schönhauser Ecke Rosa-Luxemburg-Straße Berlin  Prenzlauer Berg
Rosa-Luxemburg-Straße Ecke Schönhauser Allee Ecke Torstraße – bevor das Haus rechts im Bild gebaut wurde, stand hier einer der letzten Zeitungskioske, Foto: rg

Die ersten öffentlichen Verkehrsmittel in Berlin waren zehn Sänften. Diese sogenannten Portechaisen wurden ab 1688 eingesetzt. Zunächst waren die Hugenotten als Sänftenträger privilegiert.

Simon Kremser, der seit 1825 eine Pferdeomnibuslinie zwischen dem Brandenburger Tor und Charlottenburg betrieb, eröffnete 1835 den Linienverkehr zwischen dem Schönhauser Tor und Pankow, der vor allem an Sonn- und Feiertagen gern genutzt wurde.

Das Schönhauser Tor wird als solches heute nicht mehr wahrgenommen, da viele Zugezogene glauben, die Kreuzung Schönhauser / Torstraße sei der Rosa-Luxemburg-Platz. Aber dieser ist weiter südlich und an ihm steht die Volksbühne.

Die vielen Kriegslücken aus meiner Kindheit sind mittlerweile alle bebaut. Erst kürzlich fiel einer der letzten Zeitungskioske Berlins an dieser Ecke dem Bauboom zum Opfer. Alle in den letzten Jahren an dieser quirligen Kreuzung neu errichteten Gebäude sind architektonisch sehr interessant.

Aber schon eine Ecke weiter, zwischen Max-Beer- und Alte Schönhauser Straße strahlt das alte Berlin seine behäbige, besonnene Ruhe aus.

Rolf Gänsrich, Nov. 2019

www.rolfgänsrich.wordpress.com