FOOD-SHARING

Ein Kühlschrank in der Bibliothek

Weitergeben statt Wegwerfen: Die etwas abgewandelte Form des Leih-Prinzips heißt Teilen. Und die ist jetzt in der Heinrich-Böll-Bibliothek möglich. Kühlschrank und Lebensmittelschrank bilden eine neue Foodsharing-Station für Lebensmittel, unmittelbar neben Bücherregalen.

Die Zahl ist erschreckend: Jedes dritte Lebensmittel landet laut Welternährungsorganisation unverbraucht im Müll. Kühlschrank statt Tonne heißt es deshalb seit kurzem in der Heinrich-Böll-Bibliothek in der Greifswalder Straße. Innerhalb der Kampagne „Berlin is(s)t klimafreundlich“ kooperiert die Bücherei mit der Verbraucherzentrale Berlin – und stellt Kühlschrank und Lebensmittelschrank fürs Foodsharing bereit. Das Ganze ist ein Modellprojekt zur Eindämmung der Lebensmittelverschwendung in öffentlichen Einrichtungen. 

Und so funktioniert es: Lebensmittelretter:innen oder Nachbar:innen können Spenden an die geschulten Mitarbeiter:innen der Bibliothek übergeben. Diese prüfen die Lebensmittel und legen sie zum Abholen in die Schränke. Obst, Brot und Co. sind dann für alle Besucher:innen zur kostenlosen Mitnahme zugänglich. Ein Bibliotheks-Besuch lohnt sich auf diese Weise doppelt. Neben Büchern oder DVDs zur Ausleihe können nun auch Nahrungsmittel mitgenommen werden. Auf diese Weise will die Bibliothek dabei helfen, Lebensmittel zu verwenden statt sie zu verschwenden. Abgegeben werden können sowohl Nahrungsmittel, die frisch sind, als auch sogenannte Trockenware, wie Nudeln, Reis oder Kekse.

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Lebensmittel teilen in der Bücherei: Seit kurzem gibt es dafür einen Kühlschrank in der Heinrich-Böll-Bibliothek. Foto: al

In Berlin gibt es neben der gemeinnützigen Organisation, der Tafel, bereits rund 10.000 aktive Lebensmittelretter:innen. Diese engagieren sich in der Foodsharing-Initiative gegen die Lebensmittelverschwendung. Sie holen in verschiedenen Supermärkten, Bäckereien oder Gastronomiebetrieben überschüssige und übriggebliebene Lebensmittel ab und geben sie weiter. Die Mengen sind je nach Betrieb unterschiedlich groß und werden dann beispielsweise an Notunterkünfte gespendet oder in organisierten Foodsharing-Treffen verteilt. Am meisten werden dabei Obst, Gemüse und Backwaren gerettet, manchmal ist aber auch Kühlware darunter wie z. B. Milchprodukte. Diese sind bei Einhaltung der Kühlung und ungeöffnet auch bei überschrittenem Mindesthaltbarkeitsdatum meist noch Tage bis Wochen über dieses Datum hinaus genießbar. Sehr leicht verderbliche Lebensmittel hingegen, die nach kurzer Zeit eine unmittelbare Gesundheitsgefahr darstellen können und mit einem Verbrauchsdatum gekennzeichnet sind, werden nach Überschreitung nicht mehr geteilt.

Die geretteten Lebensmittel können nun auch in der neuen Verteilstation der Heinrich-Böll-Bibliothek gelagert werden, Besucher:innen werden zu Lebensmittelretter:innen. Als gut und häufiger besuchter Ort von Menschen jeden Alters, unabhängig von Status und Herkunft, ist die Bibliothek ein wunderbar geeigneter Ort fürs Foodsharing. Menschen mit geringem Einkommen können davon profitieren. Mit der Einhaltung der geltenden lebensmittelrechtlichen Anforderungen und in Zusammenarbeit mit  der Lebensmittelaufsicht des Bezirks wird das Konzept zu den Öffnungszeiten der Bibliothek in der Praxis getestet. Anschließend wollen es die Heinrich-Böll-Mitarbeitenden interessierten Nachahmer:innen zur Verfügung stellen.

-red-, August 2021