PLÄTZE DER ERINNERUNG (VI)

Arnswalder Platz: Wasser auf ehemaligen Sandplatz

„Orte der Erinnerung“ hieß in dieser Zeitung, Mitte der 90er-Jahre, eine Artikelserie über historische Friedhöfe in Prenzlauer Berg. Der Autor Thomas Kuhr knüpft daran an: „Plätze der Erinnerung“ beschreibt Orte, die sich im Laufe der Zeit von ihrer ursprünglichen Planung entfernt haben und neu gedacht wurden. 

Im Planquadrat Abt. XIII1 der Blockstruktur vom Hobrecht-Bebauungs- und Stadtplätzeplan von 1862 ist ein Stadtplatz mit dem Buchstaben A bezeichnet. Im Bötzowviertel von Prenzlauer Berg (Quartierbezeichnung aufgrund der vielen ehemaligen Grundbesitzungen der Familie Bötzow) ist dieser von vier Straße umgeben (Bötzowstraße, Pasteurstraße, Hans-Otto-Straße und der sehr stark befahrenen Danziger Straße, ehemals Communications Weg, eine wichtige Hauptstraße in Berlin). Benannt nach der Kreisstadt Arnswalde (in der früheren Provinz Pommern, Regierungsbezirk Schneidemühl; heute: Choszczno, Kreisstadt in der Woiwodschaft Zachodniopomoskie mit Hauptstadt Szczecin, ehemals Stettin, in Polen). 

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin
Der Stierbrunnen auf dem Arnswalder Platz.

 Von 23.08.1902 bis 20.05.1937, von 31.07.1947 bis ca. 1974 und seit 01.02.1993 bis Heute. Zwischenzeitlich, im III. Reich, von 20.05.1937 bis 31.07.1947, wurde der Platz nach dem Schlosser und Anhänger der NS-Bewegung Fritz Hellmann (geb. 20.04.1901, gest. 08.04.1932) als Hellmannplatz benannt. Von 1974 bis 1993 war der Platz ohne Namen, da dieser keine postalische Bedeutung hatte. Der denkmalgeschützte Platz liegt auf der Feldflur/des ehemaligen Ackers vom Berliner Gymnasium. Da relativ hoch gelegen, ähnlich wie auf einem Os oder Drumlin, und ohne Wasserzulauf, war dieser lange Zeit lediglich ein Sandplatz („Märkische Streusandbüchse“). Entworfen und angelegt, zwischen 1900 und 1904, vom Gärtner und Stadtgartendirektor in Berlin Hermann Mächtig (geb. 18.08.1837 in Breslau, gest. 01.07.1909 in Berlin) als Schmuckplatz (Rasenflächen betreten verboten! Weder von Kindern noch Hunden.).

Für die vielfältigere Nutzung, mit Kinderspielplätzen, Bolzplatz und Liegewiesen, wurde der Platz vom Architekten und Oberbaurat in Berlin Georg Friedrich Richard Ermisch (geb. 17.06.1885 in Halle an der Saale, gest. 07.12.1960 in Berlin) umgestaltet. Ab 1934 erfolgte die Aufstellung der Brunnenplastik vom Bildhauer, und Professor für Plastik an der HdK/UdK, Hugo Lederer (geb. 16.11.1871 in Znaim, südmährische Region, Jihomoravsky kraj, Tschechien, gest. 01.08.1940 in Berlin). Berühmt wurde dieser mit dem monomentalen Bismarck-Denkmal in Hamburg. Auch der Stier- bzw. Ochsenbrunnen (Brunnen der Fruchtbarkeit bzw. Fruchtbarkeits-Brunnen) auf dem Arnswalder Platz, aus rotem Rochlitzer Porphytuff, ist eine Monomentalplastik. Mit 300 Kubikmetern behauenen und mehrere Tonnen schweren Gestein. Ursprünglich für den Baltenplatz, als Ausweichlösung für den Forckenbeckplatz, im Bezirk Friedrichshain vorgesehen, waren deren Untergründe für das hohe Gewicht jedoch ungeeignet.

So wurde das Kolossalwerk, mit der 7,7 m Durchmesser großen Schale und den 5 m hohen Stieren, im Bötzowviertel platziert. 1959 erhielt der Brunnen eine Unterwasserlichtanlage für die Fontäne. Ab 1990 verfiel die gesamte Anlage. Wie viele andere Plätze und öffentliche Bauten. Von Oktober 2007 bis 11.06.2009 wurde das Ensemble restauriert und ist ein touristisches Highlight im Prenzlauer Berg. Die Wege um den Platz bedürfen allerdings dringender Sanierungen bzw. Neugestaltung. Obwohl dieser Stadtplatz in einem Areal mit hoher Wohnungsbaudichte, zahlreichen Läden und Lokalitäten, sowie mehreren Schulen liegt, ist es auf diesem, ab dem etwas höher gelegenen Plateau mit dem so genannten Stierbrunnen, im hinteren Bereich bei den Kinderspielplätzen und dem Bolzplatz, sowie den dazwischen liegenden Flächen, relativ ruhig. 

Thomas Kuhr (Text und Foto), Nov. 2016