KLEINGARTENANLAGE BORNHOLMER

Geöffnetes Stadtgrün im Nordwesten

Es ist bereits viel geschehen in diesem Jubiläums-Jahr in der Kleingartenanlage Bornholm Eins, gelegen an der historischen Bösebrücke und eine der größten innerstädtischen Gartenanlagen Berlins. Im Mai etwa  eröffnete der Garten-Vorstand ein neues Wegeleitsystem mit Orientierungsplänen, Wegeschildern, mit Schautafeln zu Natur, Klima und zur Geschichte der Anlage. Dieses Infosystem führt Besucher:innen durch den grünen Reichtum der Bornholmer, deren Schwester gleichen Namens mit der Nummer Zwei in unmittelbarer Nähe zu finden ist. Das Infosystem ist ein Berliner Pilotprojekt für die Mehrfachnutzung von Berliner Kleingartenanlagen und erhielt Förderung vom Land Berlin.

„Es ist uns eine große Freude, dass wir unsere Besucherinnen und Besucher mit informativen Tafeln und Orientierungsplänen noch besser bei uns Willkommen heißen dürfen – denn unsere Bornholmer Gärten wollen für den Kiez und die Stadt da sein“, sagt Robert Ide, ehrenamtlicher Vorsitzender der Kleingartenanlage Bornholm Eins. „Gerade in der Corona-Pandemie haben wir noch mehr Spaziergängerinnen und Spaziergänger aus Prenzlauer Berg, Pankow und Wedding in unserer Anlage angetroffen. Der gesamte Kiez mit einem Einzugsgebiet von gut 10.000 Einwohnerinnen und Einwohnern braucht diese grüne Lunge zum Durchatmen mitten in der Stadt.“

 

GEFÜHRTE SPAZIERGÄNGE

Auf fünf großen Informationstafeln, die von einer ehrenamtlichen Arbeitsgruppe von Gärtner:innen erstellt wurden, ist beim Spazierengehen Wissenswertes zu unterschiedlichen Themen zu erfahren: zur Historie der Bornholmer Gärten seit ihrer Gründung 1896 bis heute, zu Luft und Klima im Kiez, zum Artenreichtum an Pflanzen und Tieren und zu Naherholungsmöglichkeiten. Auch die einzigartige Geschichte der Gärten in der DDR-Zeit, als sie direkt an der Berliner Mauer lagen, ist abgebildet. Bei den Recherchen zu dieser Zeit wurde der Kleingartenverein auch von der Gedenkstätte Berliner Mauer und vom Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen unterstützt. „Die Bornholmer Gärten sind seit 125 Jahren ein Spiegel der Geschichte von Berlin und versorgen heute die wachsende Stadt mit Artenvielfalt, frischer Luft und sozialer Nachbarschaftshilfe“, sagt der Vereinsvorsitzende Robert Ide.

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Gute Luft, freies Grün: Kleingärten wie die an der Bornholmer sind ein Stück unverzichtbare Stadtnatur. Foto: Hans P.

Entstanden sind die ersten Gärten vor 125 Jahren auf dem Gelände einer Abladehalle. Vier Familien bauen Parzellen auf, gründen eine Kolonie. Diese wächst stetig, vor allem Arbeiter:innen und ärmere Berliner:innen nutzen das Land für den Anbau von Kartoffeln und Gemüse, halten Hühner. Im Zweiten Weltkrieg dann richten die Nazis in den Gärten eine Flakstation ein. Die Anlage wird bombardiert. Nach Kriegsende versorgt der Brunnen der Anlage den ausgebombten Kiez mit Trinkwasser. Mit dem Mauerbau liegt Bornholm Eins direkt an der Grenze, am Grenzübergang Bornholmer Straße. Bei Fluchtversuchen am Bahnhof Bornholmer Straße sterben insgesamt vier Menschen. Anderen gelingt die Flucht direkt aus der Kleingartenkolonie.

Auf einer vor dem Abriss geretteten Litfass-Säule in der Kleingartenanlage gibt eine Ausstellung weitere Einblicke in die Geschichte der Gärten zu DDR-Zeiten. Studierende der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin recherchierten für diese Schau ein halbes Jahr lang in den Gärten und in Archiven, führten Interviews mit Zeitzeug:innen. Eine Internetseite und eine App ergänzen dieses öffentliche Projekt.

 

GRÜNER REICHTUM

Die Kleingartenanlage Bornholm Eins, mit ihren rund 450 Gärtner:innen auf mehr als 200 Parzellen, öffnet sich weiter für ihre Umgebung. Alle Eingangstore sind dauerhaft geöffnet, in der Anlage leuchten viele bunte Plakate mit dem Schriftzug „Dawächstwas“. Die gleichnamige Kampagne von Pankower Kleingärtner:innen macht sich für den Erhalt der Anlagen stark, informiert über die Bedeutung des Stadtgrüns für Menschen, Klima und Artenreichtum Berlins – und lädt zum Kennenlernen der Gartenkultur und ihrer Betreiber:innen ein. Der QR-Code auf den Plakaten führt zu einer App, auf der sich das reiche Gartenleben dreidimensional anschauen lässt.

Litfass-Säulen-Rettung mit Ausstellung, Öffnung der Gärten auch für vielfältige Kunstformen: Im Mai nahmen die Bornholmer Gärten am Freiluft-Kunstfestival „Artspring“ teil. Künstlerinnen und Künstler aus Pankow stellten auf dem Parzellen der Gartenanlage aus. Ein Artwalk führte auch zu den Litfass-Säulen und zu den Schautafeln des neuen Wegeleitsystems in der Kleingartenanlage Bornholm Eins. 

Am 4. und 5. September feiert der Verein der Bornholmer Eins sein 125jähriges Jubiläum mit einem Erntedankfest und einem politischen Frühschoppen. Die Gärten werden zur Besichtigung und zum Plausch mit den Betreiber:innen geöffnet sein. Am 9. November schließlich gibt es dann das traditionelle Kiezfest anlässlich des Mauerfalls an der Bornholmer Straße vor 32 Jahren, unmittelbar neben der Kleingartenanlage Bornholm Eins.

-red-, August 2021