DIE BEZIRKSGRENZE (15)

Oderbruchstraße

In dieser Folge unserer Reihe bleiben wir wieder auf dem Boden, werfen aber einen kurzen Blick über den Tellerrand hinaus.

Ab der Hohenschönhauser Straße ist nun die Oderbruchstraße die Grenze des Prenzlauer Berg.

Westlich der Straße ist Prenzlauer Berg, südlich davon Lichtenberg. Dieser Lichtenberger Zipfel zwischen Oderbruch- und Hohenschönhauser Straße, Weißenseer Weg und Landsberger Allee gehörte, solange es dort noch Kleingärten gab, zur Postleitzahl 1125 und nicht, trotz Lage auf Lichtenberger Gebiet, zur Postleitzahl 1130. 1125 war Hohenschönhausen, als es noch zum Bezirk Weißensee gehörte.

Wenn man sich Landkarten und Satellitenbilder ganz genau anschaut, kann man erkennen, dass die Oderbruchstraße die direkte Verlängerung der Thaerstraße am ehemaligen Zentralviehhof ist. Als deren Verlängerung war sie 1862 auch im Hobrecht-Plan.

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin
Herrlich! Schon lange nicht mehr in Ber- lin gesehen: die Wäsche einfach im Hof trocknen lassen ... Die Häuser: typische 3A-Bauten aus den 50/60ern wurden erst in der Ostseestraße, danach auch in anderen Stadtteilen errichtet. Foto: rg

Auf der Seite des Prenzlauer Berg stehen zwischen Hohenschönhauser Straße und „Steuerhaus“ (der Ort, wo die Oderbruchstraße in die Landsberger Allee einmündet – Erläuterung im Oktober) fünf Querreihen viergeschossiger Q3A-Bauten, die dort schon so lange stehen, wie ich denken kann. Wenn wir mit der Straßenbahn aus Hohenschönhausen kommend immer am Wochenende zur Ring-S-Bahn fuhren, kennzeichneten diese Blocks für mich als Kind den Beginn der eigentlichen Stadt Berlin. Diese Q3A-Blöcke müssen etwa ende der 50er bzw. in den ganz frühen 60ern entstanden sein. Zwischen dem dritten und vierten Block schlängelt sich die Oleanderstraße als Sackgasse bis fast an die Oderbruchstraße heran, ohne jedoch in sie zu münden.

Kurz vor dem „Steuerhaus“ im Bruno-Taut-Stil längs vier Aufgänge und ein großer Querblock zur Schneeglöckchenstraße hin, der Ende der 20er, Anfang der 30er vermutlich gebaut wurde.

Die Bebauung auf Lichtenberger Seite erfolgte ab 1972. In dem Jahr wurde die Landsberger Allee verbreitert, die Kleingärten abgerissen und dieses neue Wohngebiet errichtet, das spätestens 1976 fertig gewesen sein muss.

Ihren Namen hat die Oderbruchstraße erst seit dem 9. November 1911. Sie war davor Teil der Thaerstraße.

Seit 1893 fuhr ein Pferde-Omnibus hier entlang, am 21. Oktober 1899 wurde die Straßenbahn nach Hohenschönhausen durch die „Continentale Gesellschaft für electrische Unternehmungen Nürnberg“ mit ihrem Betriebshof in der Hohenschönhauser Degnerstraße (die bis 1912 noch Bahnhofstraße hieß), in Betrieb genommen. Seit dem 13. Oktober 1913 war die Linie nach Hohenschönhausen als 164 ausgeschildert, vom 10. September 1923 an war es die Linie 64, die ab 1952 ergänzt wurde durch die Linie 63. Die Linie 64 wurde am 24. August 1970 eingestellt. Die Linie 63 ist in die heutige M 5, die ja auch auf einigen Hundert Metern direkt durch den Prenzlauer Berg fährt, aufgegangen.

Rolf Gänsrich, Sep. 2017