Unbekannte Ecken (20)

Die Straßburger Straße

In diesem Monat geht es mal um eine weniger unbekannte Ecke, denn das ist sie einfach nicht, die Straßburger Straße. … doppelte Verneinung … will sagen, die Straßburger Straße ist wohl nicht ganz unbekannt. In dieser Straße wird derzeit viel gebaut. Über die Berliner Weißbierbrauerei in der Straßburger Str. 6-9, auf deren Gelände später die Fahrbereitschaft von Honecker & Co. stand, können Sie genaueres in dem Brauereiartikel in dieser Ausgabe lesen. Dort entstehen derzeit neue Wohnungen.

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin
Die Straßburger Straße mit Blick auf den Wasserturmplatz

Auf der Straßenseite dem direkt gegenüber befindet sich ein ehemaliges Schulungsgebäude des „Magistrats von Groß-Berlin“, das zurzeit als Flüchtlingsheim genutzt wird. „Groß-Berlin“ nannte sich die Stadt, als sie sich am 1. Oktober 1920 ihre Vororte eingemeindete. Bei diesem offiziellen Namen blieb es in Ost-Berlin bis mindestens Mitte der 1980er-Jahre, Briefköpfe aus dem Prenzlauer Berg aus dieser Zeit mit „Groß-Berlin“ sind mir da noch geläufig. West-Berlin hieß so de facto bis zur deutschen Wiedervereinigung. Erst 1990 gemeindete sich die Stadt die an Marzahn und Hellersdorf angrenzenden Plattensiedlungen von Ahrensfelde und Hönow nachträglich ein. Übrigens definiert sich das Land Berlin bis heute formaljuristisch bei seinen Gebietsgrenzen über „Groß-Berlin“.
Stadtauswärts in der Straßburger Straße über dem Schulgebäude liegt die Königstadtbrauerei, über die ich in der Ausgabe August 2014 dieser Zeitung, bereits berichtet habe. Links hinter der Metzer Straße und bis zur Belforter Straße entsteht derzeit, und das ist die andere große Baustelle der Straße, ein Ärgernis einiger „Ureinwohner“. Von den drei Reihen der gemauerten 50er-Jahre-Bauten, die erst vor ganz wenigen Jahren sehr aufwendig frisch saniert worden sind, wurde im letzten Jahr jeweils der letzte der Aufgänge einfach mal abgerissen, um dort einen neuen Wohnblock parallel zur Straßburger zu errichten (Wohneigentum entsteht), der das Carré bis zur Kollwitzstraße hin nun verriegelt. Sehr zum Unmut der bisherigen Anwohner. Auch werden nochmals zwischen die 50er-Jahre-Blöcke neue Wohnhäuser dazwischen gesetzt.
Die erste Bebauung im Gebiet der Straßburger Straße geschah 1748 durch fünf Windmühlen (daher auch der Name „Windmühlenberg“). 1770 standen hier schon acht Mühlen und zwei Scheunen. Im 19. Jahrhundert dann die Errichtung der Brauereien auf dem Windmühlenberg. Die im Jahr 1902 gegründete Aschinger AG bezog am 15. September 1906 ihr Verwaltungsgebäude in der Straßburger Straße. Aschinger begann nach dem Zweiten Weltkrieg bereits einen Tag nach der Kapitulation Berlins am 2. Mai 1945, demzufolge am 3. Mai, in der Straßburger Straße wieder mit seiner Produktion. Enteignet wurde Aschinger am 30. April 1947 und in den Volkseigenen Betrieb Aschinger umgewandelt. 1951 übernahm der VEB „Aktivist“ und 1968 dann das VEB Backwaren-Kombinat Berlin das Gelände.

Rolf Gänsrich, August 2015