KOLLWITZ-KIEZ

Migrationsgeschichten im Nordosten

Wie es sich in erster, zweiter und dritter Generation in Deutschland lebt, erzählen Ausstellung und Themenabende von Migranten im Kulturzentrum Sebastian Haffner. Blickwinkel, Sprachen und Erfahrungen sind vielseitig, die neuen Lebenszentren liegen in Pankow und im Ruhrgebiet.

 

Frau Faraco aus Spanien und Frau Palomba aus Italien leben schon viele Jahre in Berlin. Sie kamen einst nach Pankow, getrieben von ihrem Wunsch, andere Länder und Kulturen kennenzulernen und angezogen von der Attraktivität der Stadt. Sie sind Angehörige der sogenannten Erasmus-Generation, die in den 1990er und 2000er Jahren Lust auf Europa hatte. Die südeuropäischen Zuwanderer in den Jahren nach ihnen entflohen der Chancenlosigkeit nach der Wirtschaftskrise. Sie brachten schlechtere Voraussetzungen mit, sehen sich mit Schwierigkeiten auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt und auch mit sozialen Enttäuschungen konfrontiert.

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin
Noch bis 15. März läuft die Ausstellung „Hasan in Pankow“ im Kulturzentrum Sebastian Haffner. Foto: al

Die unsichtbaren Nachbarn 

Agata, Zbigniew und Krystyna leben schon viele Jahre in Pankow, ihre polnischen Wurzeln verbinden sie mit der größten Zuwanderungsgruppe im Stadtbezirk. Eine Bevölkerungsgruppe, die im Alltag eher unsichtbar scheint. Vom guten und gemeinsamen Zusammenleben berichten diese drei.

Die Großeltern von Romeo Franz lebten in Pankow und wurden von den Nazis verfolgt, weil sie Sinti waren. Romeo Franz ist Geschäftsführer der Hildegard-Lagrenne-Stiftung, der ersten deutschen Stiftung der Sinti und Roma. Sein Anliegen: Von der Ausgrenzung und Diskriminierung der beiden Bevölkerungsgruppen zu berichten, die auch heute noch existiert. Ganz aktuell: Vom Umgang mit jenen Sinti und Roma, die aus südeuropäischen Ländern nach Berlin und Pankow gekommen sind.

 „Hasan in Pankow – Migrationsgeschichten im Berliner Nordosten“ heißt die Ausstellung im Kulturzentrum Sebastian Haffner. Sie verbindet live erzählte Geschichten von Pankower MigrantInnen mit der Dokumentation von Migranten aus dem Ruhrgebiet. In Fotos, Schautafeln, Video und Audio – und in Gesprächsabenden – schildert sie noch bis zum 15. März die Geschichten ganz unterschiedlicher Bewohner und ihrer Zuwanderung.

 

Die Arbeitsmigranten

Die Dokumentation aus Nordrhein-Westfalen erzählt in mehreren Stationen von den Perspektiven der mehrheitlich türkischen ArbeitsmigrantInnen, die seit Mitte der 1960er Jahre nach Deutschland einwanderten. Sie zeigt die Erfahrungen ihrer Nachkommen, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind. Die erste Einwanderer-Generation verkörpert der Türke Hasan, der 1956 in Instanbul als Arbeitskraft angeworben wurde. Die Ausstellungsstationen stellen seine Ankunft, den Nachzug der Familie, das Eingewöhnen und den Alltag der Familie dar. Eine Serie von acht Portraits aus der Generation der Enkel schließt sich an. Die Serie zeigt, wie vielfältig diese Generation der in Deutschland Aufgewachsenen ist. Ihre Familien kommen aus der Türkei, aus Sri Lanka, aus Palästina, aus Nigeria. Sie werden porträtiert, auch über den Sound, den sie hören.

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Migrationsgeschichten erzählt die Ausstellung live und in Dokumentationen. Foto: Museum Pankow

Die Flüchtlinge

Die Ausstellung ist als Wanderausstellung konzipiert und war in unterschiedlichen deutschen Städten zu sehen, bevor sie ins Museum Pankow im Kulturzentrum Sebastian Haffner wechselte. Für Berlin haben die Pankower Integrationsbeauftragte und Museumsmitarbeiter den Live-Teil mit Pankower Migrationsgeschichten ergänzt. Neben südeuropäischen, polnischen, russischen MitbewohnerInnen kommen unter anderem auch vietnamesische Nachbarn und Flüchtlinge aus den Bürgerkriegsgebieten zu Wort.  Zwei Gesprächsabende gibt es dazu noch im März. Am Donnerstag, dem 1. März, berichten Kiều, Hiền und Sung über das vietnamesische Pankow. Am letzten Ausstellungstag, Donnerstag, dem 15. März, kommen die Kriegsflüchtlinge Zainab, Hamid und Alireza zu Wort. Sie schildern ihren Zufluchtsort Pankow.

„Hasan in Pankow – Migrationsgeschichten im Berliner Nordosten“ – Museum Pankow im Kulturzentrum Sebastian Haffner, Prenzlauer Allee 227/228, http://onkel-hasan.de

red, März 2018