Advent mit Nachbarn

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin
Die Bötzow-Bewohner wissen zu feiern, gemeinsam: Impressionen des Sommerfestes Stierisch!Gut am Arnswalder Platz.

Sie schreiben Kiezgeschichte und Kiezgeschichten: Die Menschen und die Orte, an denen sie leben oder arbeiten. Diese Geschichten können so vieles sein: Absurd oder liebenswert, voll Dramatik oder ganz alltäglich. Wie das Leben eben. Eine dieser Kiezgeschichten spielt sich unter den Nachbarn des Bötzow-Viertels ab. Öffentlich und besinnlich, und nur in der Adventszeit.

Es gibt die unterschiedlichsten Adventsbräuche auf der Welt. In Island kommt 13 Nächte vor dem Weihnachtsfest täglich eine Fee, der die Kinder Geschenke oder Kleidung auf den Fenstersims legen. Die Fee bedankt sich mit Weihnachts- Süßigkeiten. In Estland putzen Kinder mit ihren Müttern Besen, damit die Hexen nicht auf ihnen fliegen können. Denn die, so der Glaube, benutzen nur schmutzige Besen, um durch die Lüfte zu jagen und Unfug zu treiben. In Schweden schließlich erscheint die Lichtgöttin Lucia im weißen Gewand, und ihr zu Ehren brennen im ganzen Land die Kerzen.
Je internationaler der Prenzlauer Berg wird, umso mehr dieser Bräuche halten auch in die Wohnungen und Straßenzüge zwischen Bornholmer Straße und Am Friedrichshain Einzug.
Im Bötzow-Viertel wird in diesem Jahr das erste Mal ein Adventsbrauch begangen, der nicht von ganz so weit her kommt. Er ist im süddeutschen Raum, vor allem in ländlichen Gegenden beheimat: Ein lebendiger Adventskalender.
„ Es wäre wunderbar, wenn wir den lebendigen Adventskalender in diesem Jahr auch hier rund um den Arnswalder Platz ins Leben rufen könnten.“, schrieb Christine Martens vor einigen Wochen einen Aufruf an alle Freunde und Nachbarn. Sie ging von Tür zu Tür und sammelte Mitwirkende für ihre Idee. „In der besinnlichen Zeit zusammen zu kommen und Zeit miteinander zu verbringen“, das sei ihr ein Anliegen, sagte sie im Gespräch mit den „Prenzlberger Ansichten“.

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Gute Nachbarn sind die Bewohner nicht nur im Sommer: Im Dezember lädt eine Initiative zum Treff beim „lebendigen Adventskalender“.

Jeden Abend im Advent, so die Idee, treffen sich Familien, Nachbarn, Kollegen oder Freunde vor einem adventlich geschmückten Fenster oder einer Tür. In einer kurzen Feier von rund einer halben Stunde stimmen sie sich gemeinsam bei Plätzchen, Punsch und anderen vorweihnachtlichen Getränken auf das Weihnachtsfest ein.
Die Gestaltung der kurzen Treffen ist den Gastgebern selbst überlassen. Wollen alle  gemeinsam ein Weihnachtslied singen oder einem Musikstück lauschen, wird eine kurze Weihnachtsgeschichte oder ein Gedicht vorgelesen? Oder gibt es ausschließlich Weihnachtsgebäck und ein Getränk?
18 Mitwirkende hat die engagierte Adventskalender-Initiatorin im Bötzow-Viertel gewinnen können. Es sind Familien dabei, die rund um den Arnswalder Platz leben, Initiativen des Kiezes und kleine Geschäfte. Sie alle werden ihre Fenster, Türen oder Häuser festlich schmücken und jeweils um 18 Uhr auf den Besuch der Nachbarn warten. Gefeiert wird auf dem Bürgersteig vor dem Haus oder im Hinterhof. Den Auftakt macht am 1. Dezember Christine Martens selbst.
Der lebendige Adventskalender ist eine weitere Initiative im Bötzow-Kiez, mit der die Bewohner zum Jahresende noch einmal ihre besondere Form von Nachbarschaft zeigen. In dem Quartier, so scheint es, ist der Wunsch nach Gemeinsamkeit auf eindringliche Weise ausgeprägt. Im Sommer treffen sich Kinder, Erwachsene, Künstler und Gewerbetreibende rund um den Arnswalder Platz zum großen Stierisch!Gut-Fest und feiern miteinander. An den Wochenenden halten engagierte Hobby-Gärtner diesen Platz und seine Grünanlagen sauber und sorgten im vergangenen Jahr auch dafür, dass aus dem Stierbrunnen wieder Wasser fließen konnte.
Der Verein „ProKiez“ schließlich organisiert Lesungen und betreibt ehrenamtlich die Kurt-Tucholsky-Bibliothek in der Esmarchstraße. Vor allem die Kinder, doch auch die Erwachsenen des Viertels, finden hier Bücher und andere Medien zum Ausleihen. Zudem macht sich „ProKiez“ für die Einrichtung eines Nachbarschaftstreffs stark.

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Ein Bild aus vergangenen Tagen: Der REWE-Supermarkt im Bötzow-Kiez ist seit einiger Zeit geschlossen und wird umgebaut. Fotos (3): al

Nun also der Adventskalender der Bötzow-Bewohner: Kerzen und die jeweilige Datumsangabe des Adventstages in den Fenstern oder an den Türen zeigen in den folgenden Dezember-Tagen den Weg zum jeweiligen Gastgeber. Für alle, die sich mit Nachbarn treffen und eine besinnliche halbe Stunde verbringen wollen, sind hier die Advents-Adressen des Jahres 2014:
1. Dezember: Familie Martens, Hans-Otto-Straße 42 A
2. Dezember: Familie Vogel, Pasteurstraße 29
3. Dezember: Bäckerei Lau, Pasteurstraße 32
4. Dezember: Pro Kiez e.V., Kurt-Tucholsky-Bibliothek, Esmarchstraße 18
5. Dezember: Nähkontor, Bötzowstraße 13
7. Dezember: Cantine Sant Ambroeus, Hufelandstraße 17
8. Dezember: Familie Trepte, Pasteurstraße 13
9. Dezember: Familie Jacobs-Berlet & Hausgemeinschaft, Hufelandstraße 33
10. Dezember: Familie Pflug, Hans-Otto-Straße 42
11. Dezember: Café Ballon, Bötzowstraße 49
12. Dezember Adventssingen bei „Brillen in Berlin,“ Bötzowstraße 27
13. Dezember: Buchhandlung Die Insel, Greifswalder Straße 41
14. Dezember: Café 157, John-Schehr-Straße 24
17. Dezember: Familie Moormann, Hufelandstraße 36
19. Dezember: Familie Scharf, Hans-Otto-Straße 29
20. Dezember: Familie Meyer-Brunhorn, Hans-Otto-Straße 42 B
21. Dezember: Familie Allers, Liselotte-Hermann-Straße 5

Für alle nicht vorhandenen Daten standen bei Redaktionsschluss die Teilnehmenden noch nicht fest. Halten Sie also auch an diesen Tagen die Augen im Bötzow-Viertel offen und lassen sich vom Licht der Kerzen in der Nachbarschaft leiten.
-al- (Dez 2014)