SOLIDARITÄT

Die Ukraine in Prenzlauer Berg

Auch in Prenzlauer Berg leben inzwischen Geflüchtete aus der Ukraine. Auch hier engagieren sich unzählige Einwohner:innen, um ihnen und den Menschen im Kriegsgebiet zu helfen. Das Spektrum reicht von spontanen Solidaritäts-Aktionen bis hin zu kontinuierlicher Unterstützung. Eine Hilfs-Adresse unter vielen: Das MACHmit!-Museum.

Und jetzt ist der Krieg mitten unter uns. Beherrscht seit dem 24. Februar die Timelines der Social-media-Kanäle, die Fernsehbilder, die Zeitungen. Begegnet uns auf der Straße, in Gestalt der geflüchteten Menschen, die bei uns Schutz und Aufnahme suchen. Lässt uns nicht los.

Die große Empathie und Hilfsbereitschaft der Deutschen mit der Ukraine ist auch in Prenzlauer Berg, in Pankow zu spüren. Privatleute, Hotels, die Kirchengemeinden, Flüchtlingsunterkünfte bieten den Schutzlosen, meist Frauen und Kindern, ein Obdach. Menschen spenden, Restaurants und Kultureinrichtungen laden sie unentgeltlich ein. Die blau-gelbe Flagge der Ukraine hängt in Schaufenstern und von Balkonen, „Nie wieder Krieg!“ steht auf Transparenten über Toren und Brüstungen. Für die Homepage des Bezirksamtes entstanden nahezu in Windeseile Hinweise und FAQs für Geflüchtete in deutsch, ukrainisch, russisch. Damit sie sich gut und schnell zurechtfinden. Hier, in Deutschland, in Pankow, wo sie eigentlich nicht sein wollen. Doch sein müssen, weil der Krieg sie aus ihrer Heimat vertrieben hat. 


#prenzlauerberg
Prenzlauer Berg zeigt Flagge und solidarisiert sich mit der Ukraine. Breit ist die Unterstützung im Stadtteil. Foto: al

MIT DEM KINDERRECHTE-BUS

Es gibt große und kleine, einmalige und kontinuierliche Hilfsaktionen und Unterstützungsangebote. Die Aktiven agieren mehr oder weniger öffentlich. Eine Initiative: Das MACHmit!-Museum in der Senefelder Straße. Das hat sich inzwischen zu einem regelrechten Hilfszentrum entwickelt. Hier werden Sach- und Geldspenden gesammelt, hier haben alle Flüchtlinge freien Eintritt, sinnt das Museumsteam nach weiteren Angeboten. Nahezu täglich bringen die Nachbarinnen und Nachbarn Sachspenden oder Geldspenden vorbei. „Uns wird sehr viel Vertrauen entgegengebracht. Das ist toll“, sagt Museums-Chefin Uta Rinklebe. Bereits dreimal war sie – gemeinsam mit dem befreundeten Künstler Olf Kreisel – mit dem vollbeladenen Kinderrechte-Bus an der polnisch-ukrainischen Grenze, um die im Museum gesammelten Hilfsgüter abzugeben. Vom dortigen Lagezentrum aus werden sie weiter in die Ukraine gebracht. Rinklebe traf dort auf Hilfstransporte aus vielen Teilen Europas.

Drei Fahrten zu zweit, nonstop, jeweils zwölf Stunden hin, zwölf Stunden zurück. Mit nur kurzen Pausen dazwischen. Dann, am Ziel, Ausladen und Übergeben. Zurück. Rund 2.000 Kilometer pro Tour im Auto. Eigentlich gab es kein großes Überlegen, etwas zu tun, sagt Uta Rinklebe. Gemeinsam mit der Koberstein Film-Produktion aus Prenzlauer Berg und der ukrainischen Organisation Vitsche organisiert das Museum die Hilfsaktion. Der Kinderrechte-Bus, mit dem das Museumsteam sonst in Berlin unterwegs ist und über die UNICEF-Kinderrechte informiert, ist ein angemessenes Transportmittel. Für Spielzeug, Lebensmittel, Medikamente, Verbandsmittel. 

Den Sprit der ersten Tour hat Rinklebe privat bezahlt. 400 Euro. Als klar war, dass es weitergehen muss mit den Fahrten und Hilfstransporten, da initiierte das Museum auf betterplace.me eine Spendenaktion. Und war überwältigt von der riesengroßen Resonanz. Mehr als 4.000 Euro kamen bereits innerhalb weniger Tage zusammen. Damit können zunächst neue Hilfsgüter, kann Benzin für die weiteren Touren finanziert werden. Über die Partnerorganisation Vitsche ist gesichert, dass ganz gezielt diejenigen Hilfsgüter besorgt werden, die auch wirklich und dringend benötigt werden. Die Vereinigung ukrainischer Menschen in Berlin steht in direktem Austausch mit Hilfsorganisationen und Krankenhäusern in der Ukraine und erfährt deren Bedarf. So nahmen Uta Rinklebe und Olf Kreisel auf ihrer dritten Fahrt eine OP-Ausrüstung für ein Kiewer Krankenhaus mit. Für Kiew, die belagerte, umkämpfte Stadt.


#prenzlauerberg
Spontan veranstalteten Kinder aus dem Helmholtz-Kiez einen Flohmarkt zur Ukraine-Hilfe. Foto: U. Rinklebe

KINDERFLOHMARKT FÜR UKRAINE

Auf ganz unterschiedliche Weise engagieren sich die Menschen rund um ihr MACHmit!-Museum. Eine Gruppe von Kindern veranstaltete spontan einen Flohmarkt und überreichte stolz den Erlös von rund 700 Euro. Ein Junge gab sein eigenes Spielzeug für Kinder in der Ukraine. Fast täglich erleben Uta Rinklebe und ihr Team solche berührende Momente. Und machen weiter, wollen Touren fahren, solange es notwendig ist. Also sammelt das MACHmit! auch weiter Spenden. Und engagiert sich gleichzeitig auch vor Ort, in Berlin. „Wir hören nicht auf“, so die Museums-Chefin. Dabei hat sie – wie nebenbei – auch mit dem eigenen Haus zu tun. Durch lange Corona-Lockdowns und Kontaktbeschränkungen fehlen dem Museum mit seinen Besucher:innen auch finanzielle Mittel, dringend muss das Dach repariert werden. Spenden braucht das MACHmit!-Museum also auch für sich selbst. 

HILFE MIT PHANTASIE

Im Bötzow-Kiez spielte im März tagelang ein Klavierspieler, Open-Air-Konzerte als Benefiz-Veranstaltungen. Blumenläden boten und bieten gelb-blaue Blumensträuße an – Prenzlauer Berg ist mit der Ukraine auf vielfältigste Weise solidarisch. Engagierte vernetzen sich, um die Hilfe besser abzustimmen. Denn sie wird lange benötigt werden.

Rund 140 Einwohner:innen und Mitarbeitende der Bezirksverwaltung trafen sich jüngst zum ersten Koordinierungstreffen. Denn das Dasein der Menschen aus der Ukraine in Prenzlauer Berg und Pankow muss auf dauerhafte Füße gestellt werden – ob Wohnraum, Schule, Sprache, Arbeitsplätze. Freiwillige können sich auch weiterhin engagieren.

-al-, April 2022

Mehr zur Aktion des MACHmit!-Museums: machmitmuseum.de

Mehr für diejenigen, die helfen wollen:  ehrenamt-pankow.berlin/ukraine-hilfe/